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Zukunft nicht zu leisten.19 Auch eine unter dem
denkmalpflegerischen Aspekt durchgeführte Lan-
desaufnahme (Kreisinventare) genügt nicht zwangs-
läufig den Ansprüchen einer siedlungsarchäologi-
schen Forschung. Ebenso können Flurbegehun-
gen im Rahmen dieser Landesaufnahmen nicht
die „Effizienz“ von Amateurarchäologen errei-
chen, die oftmals jahrelang ein Gebiet immer wie-
der absuchen und die damit entstandenen Fund-
konzentrationen ausgleichen.
Über die Möglichkeiten und Grenzen systema-
tischer Feldbegehungen im südniedersächsischen
Bergland äußert sich Rost ebenfalls ausführlich
(1992, 16 ff.), sodass hier nur eine kurze Zusam-
menfassung gegeben werden soll. Die Möglichkeit,
auf der Basis von systematischen Feldbegehungen
eine zuverlässige Quellen-Grundlage zu erhalten,
ist von zahlreichen natürlichen und anthropogenen
Faktoren abhängig (vgl. dazu auch Schier 1990).
Rost nennt drei Hauptselektionsfaktoren. Wäh-
rend der prähistorischen Besiedlung sind Sied-
lungsform/Bauweise, Siedlungsdauer und Funk-
tion der Siedlung entscheidend für eine spätere
Auffindung und chronologische Identifizierung
der Siedlungsstelle. Ähnliche Faktoren spielen
auch bei der Auffindung von Gräbern eine Rolle.
Selektionsfaktoren nach Auflassung der Siedlung
können sein: Überlagerung mit jüngerem Sied-
lungsmaterial bzw. sogar Zerstörung der Befunde,
Überdeckung/Konservierung durch neuere Bo-
denaufträge (Plaggenwirtschaft) und der Grad der
industriellen/landwirtschaftlichen Nutzung. Na-
türliche Faktoren sind Bodenmilieu, Bodenero-
sion/Bodenverlagerung und damit einhergehend
Fundverlagerung. Allerdings bemerkte schon Rad-
datz (1972, 348), dass die Abschwemmung von
Fundstellen sich weniger nachteilig auswirkt als
die Überlagerung der Fundstellen am Unterhang
durch Kolluvium und Auenlehm. Hierbei ist die
Intensität jedoch von den jeweiligen kleinräumi-
gen topographischen Gegebenheiten abhängig,
sodass insgesamt bei scheinbarer Siedlungsleere
eines siedlungsgünstig erscheinenden Gebietes
eine genaue Prüfung deren Ursachen nötig ist20.

Selektionsfaktoren bei der Feldbegehung sind die
Art der landwirtschaftlichen Nutzung - so erschwe-
ren umfangreiche Wald- und Wiesengebiete die Auf-
findung von Siedlungsstellen -, die Tageszeit/Jah-
reszeit der Begehung mit den unterschiedlichen
Licht- und WitterungsVerhältnissen, Erfahrung und
Interesse des Begehers (dazu auch Aust 1984,62 f.).
Problematisch ist auch die genaue chronologische
Einordnung von Oberflächenfundplätzen, da es
sich nie um geschlossene Funde handelt, sondern
Funde und Befunde in der Regel eine längere Zeit-
spanne umfassen. Für die Auswertung dieser Fun-
de ist daher ein anhand von Grabungen erstellter
Überblick über die archäologischen Leitformen des
Arbeitsgebietes unerlässlich (zur Datierbarkeit von
Oberflächenfunden auch Aust 1984, 66).
Insgesamt kann man sagen, dass sich Relief, Geo-
logie und Klima im Bergland selektiv auch auf das
Fundvorkommen auswirken, da sie u. U. das Ver-
gehen von bestimmten Fundmaterialien bewirken.
Die Erhaltung von Knochen in den weitgehend ent-
kalkten Lößlehmdecken ist extrem schlecht, somit
fallen sie hier als Siedlungsanzeiger aus. Demgegen-
über wirken Hanglehmdecken mit Muschelkalk-
schutt konservierend (Raddatz 1972, 345). Sied-
lungsanzeiger wie Hüttenlehm und Keramik in
Höhen über 200 m ü. NN werden durch das im Ver-
gleich zu niedrigeren Lagen rauere Klima überpro-
portional oft zerstört. Allerdings fanden sich beim
Bau der Harzwasserleitung im Jahr 1979 von Oste-
rode a.H. nach Göttingen u. a. 16 Fundplätze über
150-220 m ü. NN, z. T. in ausgeprägter Hanglage.
Linke nennt die Hanglänge als wesentliches Kri-
terium für Erosion (1976,13 ff.), Wollkopf (1987,
11) schränkt dies jedoch ein; seiner Meinung nach
ist die Größe eines Feldes entscheidend, da klei-
nere Felder im Hangbereich eine Abstufung des
Geländes zufolge haben. Erosion wird durch wol-
kenbruchartige Niederschläge begünstigt, in Ge-
genden mit auf das Jahr verteilt gleichmäßigen
Niederschlägen ist der Bodenabtrag insgesamt ge-
ringer (Wollkopf 1987,11). Neben diesen Fakto-
ren, die davon ausgehen, dass Fundstellen vorhan-
den sind, diese aber aufgrund diverser Umstände

19 So schreibt Tode in seinem methodischen Konzept zur archäologischen Landesaufnahme (1926, 19), dass die Begehung
einer einzigen Gemarkung zumeist mehrere Tage, wenn nicht sogar über eine Woche dauert. Für die Landesaufnahme in
Mittelgebirge rechnen Bantelmann (1972, 353) und Fehr (1972, 26) mit einem noch höheren Zeitaufwand. Aust (1984,
64) rechnet für eine einzige Geestgemeinde mit ca. 1000 ha einen Monat. Das würde eine Gesamtdauer von acht Jahren
für den ganzen Landkreis bedeuten.
20 Um etwa die Frage einer tatsächlichen Siedlungsleere im Unterhangbereich zu klären, schlägt Rost (1992, 21) vor, im Rah-
men von Feldbegehungen an „kritischen Stellen“ auch Bohrprofile zu nehmen. Dies ist natürlich auch mit dem entspre-
chend Aufwand verbunden und daher nur in Einzelfällen praktikabel.

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