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Lönne, Petra
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 31): Das Mittelneolithikum im südlichen Niedersachsen :: Untersuchungen zum Kulturenkomplex Großgartach - Planig-Friedberg - Rössen und zur Stichbandkeramik — 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68368#0215
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Während das SSO-NNW orientierte stichbandke-
ramische Grab eine Bestattung in rechter Seiten-
lage mit leicht angewinkelten Beinen aufweist,
überwiegt bei den Rössener Bestattungen die
gestreckte Rückenlage. Die gehockte Seitenlage
ist lediglich für die Gräber 21, 22, 31 und 47, eine
leicht gehockte Seitenlage für die Gräber 32 und
40 sicher nachgewiesen (Abb. 30-33)774. Auch bei
den im unmittelbaren Umfeld des stichbandkera-
mischen Grabes 29 liegenden Bestattungen 8, 28
und 30 konnte eine gestreckte Rückenlage festge-
stellt werden. Lediglich bei dem Rössener Grab 9
dürfte das nur schlecht erhaltene Skelett eine
Hocklage andeuten, so daß möglicherweise ein
Zusammenhang mit dem stichbandkeramischen
Grab besteht775. Gegen eine solche Deutung
könnte andererseits die leicht abweichende S-N
Orientierung von Grab 9 und die wiederum genau
übereinstimmende Ausrichtung der Bestattungen
28 und 30 sprechen (Abb. 30). Während Grab 9
durch einen verzierten Kugelbecher in die Phase
frühes Rössen datiert werden kann (Abb. 36:2),
enthielten die beiden anderen Bestattungen 28
und 30 keine Gefäßbeigaben776. Rötting (1983)
hält es aufgrund der Befundsituation für möglich,
daß auch das benachbarte Grab 30 der SBK zuzu-
ordnen ist777.
Die Gefäßformen (Becher Variante D2 und Fla-
sche Variante El nach Kaufmann 1976) des stich-
bandkeramischen Grabes 29 (Abb. 84) sind
wiederholt in Gräbern bzw. Befunden der späten
mitteldeutschen SBK (Stufe II) aufgetreten. Die
rechte Hocklage und auch die SSO-NNW-Aus-
richtung sind in stichbandkeramischem Kontext
bisher jedoch nur selten und in dieser Kombina-
tion offenbar nicht belegt778. Eine annähernde
Synchronität der stichbandkeramischen Bestat-
tung und der Rössener Gräber ist demzufolge
denkbar. Der unzureichende Publikationsstand
ermöglicht jedoch - wie gesagt - derzeit keine

genauere Ansprache der entsprechenden Rösse-
ner Unterphase779.
Kaufmann (1976) konnte im Rahmen seiner
Bearbeitung der mitteldeutschen Stichbandkera-
mik in diesem Raum 108 Fundstellen anführen,
die sowohl Keramik der späten SBK (Stufe II) als
auch Großgartacher bzw. Rössener Kultur er-
bracht haben780. Diesen Umstand wertete er als
Indiz für ein zeitliches Nebeneinander der ge-
nannten Kulturen781. Angesichts neuerer Befun-
de aus Eilsleben, Bördekreis, revidierte Kauf-
mann (1994) in einem jüngeren Aufsatz diese
Hypothese und interpretiert die auftretenden
Zusammenfunde von später SBK und Rössen
nunmehr „als sekundäre Vermischung oder als
Intrusionen1' - eine Zeitgleichheit von später
SBK (Stufe II) und entwickeltem Rössen schließt
er weitgehend aus782. In Eilsleben konnte zwar
auch Keramik des frühen Rössen bzw. der Pha-
se Planig-Friedberg erfaßt werden, aus den Gru-
ben der späten SBK liegen nach Kaufmann
(1994) jedoch ausschließlich Scherben „mit Affi-
nität zur Großgartacher Gruppe" vor783. Im
Gegensatz zu dieser Beobachtung konstatiert
Spatz (1996) „eine Zeitgleichheit später SBK im
Saalegebiet jedenfalls noch mit unserer Phase
fRÖ, aber auch das mRÖ dürfte noch synchron
mit der SBK gewesen sein“784. Der Annähe-
rungsprozeß beider Kulturen könnte nach Spatz
in Form „einer langsamen graduellen Infiltra-
tion des Kulturenkomplexes GG-RÖ in Mittel-
deutschland“ mit dem „notwendigen Raum für
ein Weiterleben der SBK in den von Rössen nur
dünn oder gar nicht besiedelten Gebieten“ sei-
nen Verlauf genommen haben, „so daß ein
Nebeneinander des originär südwestdeutschen
mit dem mitteldeutschen Mittelneolithikum
möglich erscheint“785. Erwähnenswert sind
in diesem Zusammenhang auch gelegentlich
im mitteldeutschen Raum auftretende Gefäße,

774 Rötting 1983, 145.
775 Vgl. den Gesamtplan bei Rötung 1977, 38.
776 Zur Datierung vgl. Spatz 1996, 516.
777 Rötting 1983, 154, 156.
778 Vgl. Kaufmann 1976, 74: Tab. 11.
779 Mit dieser Problematik hat sich bereits ausführlich Spatz auseinandergesetzt; vgl. Spatz 1996, 516-517.
780 Kaufmann 1976, 42, 105, Karte 3.
781 Kaufmann 1976, 105.
782 Kaufmann 1994, 86.
783 Kaufmann 1994, 86. Im Gegensatz dazu Spatz 1996, bes. 518: Anm. 2546.
784 Vgl. Spatz 1996, 517.
785 Spatz 1996, 517.

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