Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mohnike, Katharina
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 55): Das jüngerkaiser- bis völkerwanderungszeitliche Gräberfeld von Uelzen-Veerßen, Niedersachsen — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2019

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68717#0236
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
232

Zusammenfassung

spricht. Ein Vergleich mit dem im Hinblick auf die
Urnengräber ausgesprochen aussagekräftigen Harz-
Aller-Raum führt aufgrund der dortigen Befundsitu-
ation beim derzeitigen Forschungsstand nicht weiter.
Dies gilt übereinstimmend für das Hannoversche
Wendland sowie das Luhetal.
5 Zusammenfassung
Die eingangs zur Diskussion gestellten Besied-
lungsvorgänge im Untersuchungsgebiet zwischen
der jüngeren Römischen Kaiser- und der Völker-
wanderungszeit können unter Bezugnahme auf die
hier zusammenfassend untersuchten Grabfunde
differenzierter beurteilt werden. Auf den drei groß-
flächiger erfassten Bestattungsplätzen des Ilmen-
augebiets, Lüneburg-Oedeme, Bad Bevensen und
Uelzen-Veerßen setzt eine nennenswerte Belegung
erst im 4. Jahrhundert ein. Auch die weiteren, im
Untersuchungsgebiet erfassten Bestattungen lassen
sich vor allem diesem Zeitraum zuordnen. Hinsicht-
lich des Übergangs von älterer zu jüngerer Römischer
Kaiserzeit sind nur in wenigen Fällen Platzkonti-
nuitäten zu vermuten. Die überwiegende Zahl der
Gräberfelder der ersten beiden nachchristlichen Jahr-
hunderte bricht ab, während die Bestattungsplätze
des Untersuchungszeitraums erst einige Generatio-
nen danach einsetzen.
Dies stimmt mit den für das nordwestlich
anschließende Luhetal einschließlich des Harburger
Raums gewonnenen Erkenntnissen überein. Auch
für Holstein wurde ein Besiedlungseinbruch nach
der Mitte des 2. Jahrhunderts beschrieben, während
nach bisherigem, allerdings unbefriedigendem Kennt-
nisstand die meisten der untersuchungszeitlichen
Bestattungsplätze des Harz-Aller-Raums im 2./3.
Jahrhundert neu angelegt wurden. Im Gegensatz
dazu lässt sich für das Hannoversche Wendland nicht
nur ein Besiedlungsmaximum während der Stufe B2
sowie am Übergang zu Stufe C1 festhalten, sondern
es können auch einige durchgehend von der älteren
Römischen Kaiserzeit bis zur Völkerwanderungszeit
belegte Bestattungsplätze benannt werden. Letztere
liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zur Altmark,
deren Besiedlung besonders seit der zweiten Hälfte
des 2. Jahrhunderts zunimmt.
Im Ilmenaugebiet deuten die sowohl der älteren
als auch der späten Römischen Kaiser- und Völker-
wanderungszeit zuweisbaren Gräber von Boltersen
und Uelzen-Veerßen darauf hin, dass auch deren
Belegung möglicherweise keine Unterbrechung
erfuhr. Da jedoch ein Kontinuitätsnachweis aufgrund

der Forschungsgeschichte von Uelzen-Veerßen
bislang nicht erbracht werden konnte, sollte hier
auch eine Nutzungsunterbrechung nicht ausgeschlos-
sen werden. Vergleichbare Verhältnisse könnte es
in Kirchgellersen und Westersunderberg gegeben
haben, denen jedoch eine desolate Forschungslage
bescheinigt werden muss.
Es bleibt zu konstatieren, dass der Übergang von
älterer zu jüngerer Römischer Kaiserzeit im Unter-
suchungsgebiet durch markante Veränderungen im
Bestattungsbrauch sowie eine Verlagerung zahlrei-
cher Friedhöfe geprägt wird. Nach bisherigem Kennt-
nisstand lässt sich aufgrund von lediglich in geringer
Zahl nachweisbaren Gräbern des 3. Jahrhunderts ein
Bevölkerungsrückgang vermuten. Es sei aber ange-
merkt, dass auch neue, bislang allerdings nicht doku-
mentierte Bestattungssitten wie Nachbestattungen
in vorgeschichtlichen Grabmälern in die Diskussion
eingebracht wurden (Eger 1999, 201-214).
Als verbindendes Element der regionalen Bestat-
tungssitten seit dem 4. Jahrhundert ist wiederum die
übereinstimmend gestaltete Anlage von Brandgrä-
bern anzusehen - fast ausschließlich handelt es sich
dabei um Urnenbestattungen. Nur vereinzelt fanden
sich Leichenbrandkonzentrationen, bei denen die
Urne durch ein organisches Behältnis ersetzt wurde,
sowie wenige Körpergräber. Die bereits von H. W.
Böhme (2003, 254) als gleichartig geprägt heraus-
gestellte „Ilmenaugruppe" wird außerdem durch
die übereinstimmende Anlage der als kennzeich-
nend angesehenen Buckelgräber bis in das Uelzener
Becken hinein charakterisiert. Obwohl der für Lüne-
burg-Oedeme und Bad Bevensen geführte Nachweis
einer flächendeckenden Anlage dieser Hügelgräber
für Uelzen-Veerßen nicht gelang, ist die Ausübung
einer vergleichbaren Grabsitte auch dort wahrschein-
lich. Gleichzeitig können sich die Buckelgräber im
Detail unterscheiden. So wird das Gräberfeld von
Bad Bevensen durch Hügelbestattungen sowohl mit
als auch ohne Kreisgraben gekennzeichnet; vergleich-
bares lässt sich auch für Uelzen-Veerßen vermuten.
Im Hinblick auf die Gruppe der Buckelgräberfel-
der im Nordharzvorland ist die dortige Anlage fast
ausschließlich von grabenlosen Hügelbestattungen
bemerkenswert. Im Gegensatz dazu wurden die
Lüneburg-Oedemer Hügel überwiegend mit einem
Graben versehen. Dabei ist allen Gräberfeldern des
Ilmenaugebiets eine Grabenöffnung fast immer in
südlicher Richtung sowie die Anlage einer einzelnen,
zentralen Brandbestattung gemeinsam (Mohnike
2011). Hier bleiben weitere Ausgrabungen abzuwar-
ten, da die Beobachtung sowohl von Kreisgraben- als
auch von Hügelbefunden keineswegs immer gewähr-
 
Annotationen