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Mander, Carel van; Floerke, Hanns [Transl.]
Das Leben der niederländischen und deutschen Maler (Band 2) — München, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7516#0140

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Das Leben des hervorragenden Malers Bartholomäus Sprangers 139

von der Krankheit seiner Einbildung und seines Hochmuts
genesen und fand, da ihm auch seine Augen durch die
Selbsterkenntnis geöffnet waren, dass er wenig könne und
dadurch in diese üble Lage gekommen sei, dass er nicht mit
Wasser- oder Leimfarbe oder al fresco zu malen verstand.
Denn am dritten Tage nach seiner Ankunft war Einer ge-
kommen, um ihn zu diesem Zwecke anzuwerben, worauf er
nicht eingehen durfte, da er dergleichen weder versucht noch
gesehen hatte. Doch fand er endlich Gelegenheit für ein
paar Wochen bei einem mailändischen Edelmann zu wohnen.
Als er darauf einen jungen Maler aus Mecheln fand, schloss
er sich ihm an und lernte bei ihm zwei bis drei Monate
lang Wasserfarbenbilder auf Leinwand malen. Nachdem sich
Sprangers ungefähr acht Monate in Mailand aufgehalten
hatte, ging er von dort nach Parma, wo er sich zu dem
sehr kunstreichen Maler Bernardino ilSojaro269 begab,
der ein Schüler des hochberühmten Antonio da Correg-
gio, aber schon ein alter Mann war. Hier verpflichtete er
sich auf zwei Jahre für geringen Lohn, allein um etwas zu
lernen. Nach drei Monaten geschah es aber, dass Sprangers
mit dem Sohne seines Meisters in der Kuppel oder Laterne
der Kirche Madonna della Steccata, wo sie beide ganz
allein eingeschlossen waren und Niemand sie hören konnte,
in Streit geriet und sie sich dort länger als eine Stunde in
höchster Wut prügelten, bis sie gänzlich erschöpft und halb
tot zu Boden fielen, der Eine hierhin, der Andre dorthin.
Nachdem Sprangers wieder ein wenig zu Atem gekommen
war, stieg er die Leiter etwas höher hinauf in einen Raum,
wo sein Mantel und sein Dolch sich befanden. Er zog den
Mantel an und halbtot vor Durst sah er sich in der Runde
um und entdeckte einen Kalkeimer, in welchem über dem
Kalk das Wasser klar, doch infolge des Einflusses des Kalks
grünlich gefärbt stand. Und da es mitten im Sommer war,
und er nichts Anderes zum Trinken fand, setzte er die Lippen
an den Eimer und trank so viel wie sein Durst ihm zu er-
fordern schien. Beim Abstieg musste Sprangers dann
durch denselben Raum hindurch, in dem sie einander so
 
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