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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 2.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.20631#0039
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30

nun nicht mehr zu denken. Dafür scheint sich Herzog
Albrecht III. mit seinen Nachkommen von nun an als Patron
der Kirche zu Maria - Stiegen betrachtet zu haben. Da er
seine Kammer durch die am 6. Februar 1395 verfügte Ein-
ziehung zahl- und ertragsreicher Licchtenstein'scher Güter
namhaft bereichert hatte, so hielt er es in seinem frommen
Sinne auch für Gewissenspflicht, sich noch auf seinem
Sterbebette der Fortsetzung und Vollendung des bereits
1394 begonnenen Neubaues an dieser Kirche zu versichern.
In seiner letztwilligen Anordnung, die, wenn auch nicht
datirt, doch nach dem Inhalte zu urtheilen gewiss kurz vor
seinem am 29. August 1395 erfolgten Ableben, während der
schweren Krankheit abgefasst wurde, von der er zu Anfang
desselben Monats befallen worden war, ist nämlich insbe-
sondere folgende Bestimmung enthalten: Auch schaffen wir
daz unser vettern und unser Sun das paiu unser
frawn Capellen auf der Stetten zc Wienn vollbrin-
gen als das ist ungeliebt l); nicht also: das wir haben
angehebt, wie es gewiss lauten würde, wenn der Herzog
selbst den Bau noch unternommen hätte. Die Herzoge
Wilhelm und Albrecht IV. erklärten sofort in der wichtigen
Einigungsurkunde vom 22. November 1395 ddo. Hollenburg
ausdrücklich: Auch sullen und wellen wir das p a w v n-
ser frawn /drehen auf der Stetten ze Wienn Vol-
bringen als das ist aufgehaben ungeuerleicha).

Dass aber während des 1394 begonnenen Neubaues
ein Theil des Kirchengebäudes in dem für gottesdienst-
liche Verrichtungen geeigneten Stande noch aufrecht geblie-
ben, also gewiss nicht etwa das ganze ältere Kirchengebäude
niedergebrochen worden war, ist ebenfalls urkundlich
erwiesen. Denn unterm 2. October 1396 bekennt Ulrich von
Wallsee, zur Capelle Zu Vnser vrawen auf der Stetten ze
Wienn vmb ain Eigs Sclampt alle ivoclien an dem Mon-
tag und um eine Vigil an den vier Quatembern des Jahres
u. s. w. 4 Pfund Geld auf seinem Hause, gelegen gegen dem
Rathhaus über das vormaln des benikein gewesen ist,
gegeben zu haben s).

Von dem erwähnten Meister Michel rührt unzwei-
felhaft der Entwurf zu diesem Erweiterungsbaue her; allein

Patronatsrechtes auf die Pfarre Alt-Liechtenwarth geblieben wäre. In
der Thai finden wir auch von da ab zwar keine weiteren Aufzeichnungen
mehr, welche auf die Ausübung des Patronatsrechtes über die Kirche
zu Maria-Stiegen von Seite des Hauses Liechtenstein hindeuten. Laut
der im Wiener Stadt-Archive noch vorhandenen Verhandlungen erhob
späterhin der, wenige Jahre früher zum katholischen Glaubensbekennt-
nisse zurückgekehrte, regierende Fürst Karl v. Liechtenstein-Nicolsburg in
den Jahren 1607 und 1608 den Antrag auf Rücktausch des Patronats-
rechtes auf die Kirche zu Maria-Stiegen gegen Abtretung des Patronats
auf Alt-Lichtenwarth bei dem Passauer Bischöfe Erzherzog Leopold,
weil in dieser, wie er sagte, von seinen Voreltern gestifteten und
erbauten Kirche, wo sie bis zur Zeit des Ausbruches der Glaubensspal-
tung ihr Begräbnis hatten, auch er und seine Nachkommen am liebsten
ihre Grabstätte wählen möchten. Allein sein Ansinnen blieb ohne Erfolg.

*) Rauch: Script. Rer. Austr. 111,409.

2) Eben daselbst 412.

3) Not. Blatt f. Kunde österr. Gesell. Quellen. I, 380.

vollendet wurde der Bau unter seiner unmittelbaren Leitung
gewiss nicht; denn am 22. December 1403, also zu einer
Zeit wo derselbe noch am Leben war *), wird bereits
Conrad der Rampersdorfer ausdrücklich als Baumei-
ster des neuen Baues an der Frauencapelle auf der
Stetten genannt* 2), ohne Zweifel derselbe Kunz (Con-
rad) Rampersdorfer, welcher am 11. Juli 1408 mit
dem Bürgermeister Conrad Vor lauf und dem Rathsmann
Johann Rock, im traurigen Bruderzwiste zwischen den Her-
zogen Ernst und Leopold, ein Opfer seiner Treue für den
rechtmässigen Erbherrn dem Schwerte des Nachrichters
fiel3). Nach Rampersdorfer's blutigem Ausgange, wenig-
stens noch im Jahre 1417 (1X1A) wird Dietreich Etzen-
felder, dieczeit Pawmeister unser Frawn Cap eil
auf der Stetten zu Wien genannt.4)

Der Bau scheint jedenfalls langsamer fortgeschritten
zu sein, als Herzog Albrecht 111. (j- 1395) noch auf seinem
Todenbette gewünscht, und die Herzoge Wilhelm (-J- 140 6)
und Albrecht IV. (f 1404) zugesichert hatten.

Auf die allmähliche Vollendung der neuen Bauführung
deuten aber die wieder vorkommenden Legate für die Glas-
gemälde in die Fensterräume hin. Ein solches setzte der
Wiener Bürger Christian Kendler in seinem Testamente vom
Jahre 1412 aus: item ich schaff zu vnser frawen auf
der Stetten, daz man ein glas sol machen mul mein

1) 1406 erscheint nämlich Michel der Weinburin noch als Hausbesitzer
in der Johannesgasse, 1418 war er aber gewiss schon verstorben
(Feil in den Ber. und Mittheilungen des Wiener Alterthums-Ver.
I, 292).

2) Ras Wiener Stadt- Geschäften- (Testamenten-) Buch I, 136 enthält
nämlich zum Jahre 1403 folgende Aufzeichnung : des nächsten Sambs-
iags vor dem heylign weinachttag (22. Dec.) kam für den Rat
C h un r a t der Ramp er sdo rff: die zeyt des (äussern) Rats
der Stat ze wienn vnd Pawmaist: des new en p aw es v ns s:
Frawn Kappeln auf der Stettn ze wienn vnd hat da vor
offem rat bechant das In Fraw Ann Vir ei ch s seligen des
p r eit'feld: wilib alles das gar vnd genczleicli verrichtet vnd
bezalt hat vnd ausgegebn hat, es sey vil oder wenig, chlayn od•
gross das der vor genant Ir wirt ze de egen p aw geschafft hat
vnd hat auch sev vnd Ir erbn für sich vnd für all sein nach-
komme die desselben p aw s nach Im pawmaist: wer-
dent alles das daz der egenant vlreych preyt’f el der zu
demselben p aiv g esc ha ff t (vermacht) hat, vor dem Rat
ledig vnd los gesagt vor all ansprach mit vrkunt dicz gegenwär-
tigen puchs. (Nach dem Originale.) Fast scheint es hiernach, dass
Ulrich der ßreitenfelder selbst eine Zeit lang Baumeister dieses neuen
Baues war.

3) Ebendorfer bei Pez SS. II, 835, der den Rampersdorfer als: Vir
canus utrogue capite corporis ei mentis bezeichnet. Die Grabschrift
der drei Hingerichteten am Boden nächst dem herrlichen Grabmonu-
mente Kaiser Friedrich’s IV. im St. Stephansmünster Wien’s, findet sich
in Tschischka’s Metr. K. zu St. Steph. in Wien, 1843, 105.

4) Im Buche der Käufe C (Fol. 207), welches sammt den übrigen Ge-
währ-Satz-Käufe- und Grundbüchern vom Wiener Magistrate gelegen-
lieitlich der neuen Organisirung der Gerichtsbehörden an das Grund-
buchsamt des Wiener Landesgerichtes abgegeben worden, seitdem
aber verloren gegangen ist. Die obige Anführung v. J. 1417 konnte
daher nicht nach dem Originale, sondern nach einer Aufzeichnung im
handschriftlichen Nachlasse des fleissigen Forschers um die Vorzeit
Wien’s, J. Schlager, mitgetheilt werden.

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