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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 2.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.20631#0284
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— 273

Der vorstehenden flüchtigen Beschreibung der Kron-
insignien des altenBöhmens lassen wir schliesslich noch eine
Notiz folgen über eine kleine Büchse von Krystall, die sich
heute noch unter den Beliquiengefässen des reich gefüllten
Schatzes von St. Veit vorfindet1). Wir glauben, da die Form
mit der silbervergoldeten Fassung vollständig für die Ent-
stehung zur ZeitKarl’s IV. Zeugniss ablegt, mit Grund anneh-
men zu dürfen, dass in diesem im Sechseck geschliffenen
Gefässe, bestehend aus einem ausgebohrten sehr reinen
Bergkrystall, jenes Gefäss zu suchen ist, worin bei den
älteren Krönungen das Salböl aufbewahrt wurde und worauf
eine Stelle des uns vorliegenden Inventars der Kirchen-
schätze von St. Veit von 1368 Bezug hat, worin es wörtlich
heisst: „Item vasculum crystallinum admodum pixis, in quo
portatur chrisma ad ungendos reges, per praefatum domi-
num imperatorem (sc. Carolum) donatum“.

Daselbst ist auch unter der Überschrift „rubrica insig-
norum et primo regalium“ deutlich zu ersehen, nachdem
die vorherbeschriebenenKIeinodien namentlich angeführt und
ihrem Metall werthe nach näher fixirt worden sind: „et annulus
aureus cum balasso“ ; dieser goldene Ring mit einem rubis
balais findet sich heute unter den Kroninsignien Böhmens
nicht mehr vor, und es scheint der nunmehr auf der Spitze
des Scepters befindliche ausgezeichnete prachtvolle Rubin,
den auch die ebencitirte Stelle namentlich hervorhebt, ehe-,
mals dem Krönungsring zur grössten Zierde gereicht zu haben;
derselbe ist vom hellsten Wasser ohne den geringsten Fehler
und stellt derselbe auf der einen Seite sich alsCapuclion dar, auf
der andern Seite ist er einfach mit sechs Facetten versehen.

Nach Urtheil eines gewiegten Sachkenners soll dieser
„ballassus“, der als einzig in seiner Art betrachtet werden
dürfte, einen Werth von mindestens 30.000 Gulden besitzen.

Der Elisabeth-Dom zu Kaschau in Ungarn.

(Schluss.)

Die Eintheilung der Nebenschiffe des Kaschauer Domes
hat ebenfalls verschiedene Ansichten hervorgerufen. Nach der
einen Ansicht besitzt derselbe nur zwei, während Henszl-
mann vier Seitenschiffe annimmt, und zwar letzterer aus
dem Grunde, weil zwei Quadrate der Nebenschiffe Doppel-
gewölbe besitzen und die fünffache Eintheilung des Domes
an der Hauptfafade erkennbar sei.

Nach der ersteren Ansicht würden die Nebenschiffe
gleiche Breite mit dem Hauptschiffe besitzen — eine An-
ordnung die allerdings ungewöhnlich, aber nicht ohne Bei-
spiel ist, wie diess der Münster von Ulm beweist; nach
der Ansicht Henszlmann’s dagegen könnten nur einzelne
Theile der Nebenschiffe auf eine Untertheilung in vier
Schiffe Anspruch machen, während andere wie die mit dem
mittleren Quadrate correspondirenden, nur auf zwei Seiten-
schiffe hinweisen.

Die verschiedenen unregelmässigen Wölbungen die
Henszlmann als Doppelwölbungen bezeichnet, dürften
aber kaum die ersten sein, sondern in Folge der wieder-
holten Brände, denen die Kirche preisgegeben war, von
ungeschickten Händen erneuert worden sein. Aus den-
selben einen Schluss auf einen fünfschiffigen Bau zu ziehen
scheint uns nicht gerechtfertigt. Eben so wenig können
nach unserer Ansicht zu dieser Behauptung die Mittel-
pfeiler der Seitenschiffe veranlassen, weil dieselben einer-

A) Die ausführliche und von zahlreichen Zeichnungen begleitete Beschreibung
des Prager Domschatzes, welche Herr Domcaplan F. Bock auf Einladung
der k. k. Central-Commission und mit huldvoller Genehmigung Sr. Emi-
nenz des Herrn Cardinal-Erzbischofes von Prag Fürsten Schwarzenberg
sowie des hochwiirdigsten Domcapitels vor Kurzem unternommen hat,
liegt der Ersteren bereits vollendet vor und dürfte wahrscheinlich im
III. Bande des Jahrbuches zur VerölFentlichung gelangen. D. R.

seits nicht vollständig durchgeführt sind, anderseits aber
bedingt scheinen durch die Spannung der später eingebauten
Gewölbe, welche eine Mittelstütze benöthigten.

Über die Profile der Gewölberippen und der Pfeiler
und Säulenauflösung in den Seitenschiffen hat Henszl-
mann gleichfalls ungenügende Anhaltspunkte gegeben. Nach
den Andeutungen des Grundrisses lässt sich nur die Ver-
muthung aussprechen, dass an den vorspringenden Pfeilern
der Absclilussmauer die Gewölbstuzen sich an denselben
bis auf den Boden herab fortsetzten und die Breite der
Fenster so wie der beiden Seitenportale nur wenig Raum
für Mauerflächen übrig Hessen. Den Grundriss eines der
vorspringenden Wandpfeiler zwischen den beiden Capellen-
ausbauten den Henszlmann aufgenommen, lassen wir
übrigens hier im Holzschnitte (Fig. 6) folgen. Dagegen

sind wir nicht im Stande über die
Construction der Mittelsäulen Nä-
heres anzugeben, sondern aus dem
Grundrisse geht nur hervor, dass
dieselben auf ungewöhnlich brei-
ten Sockeln ruhen und die Schäfte
der östlich gelegenen eine runde,
die gegen Westen zu stehenden
eine polygone Gestalt besitzen.

An den nördlich gelegenen conchenartigen Ausbauten
ist eine Capelle angebracht, die gegenwärtig dem heil.
Stephan geweiht ist und mit einer „Unterkirche“ versehen
ist. Unterkirchen, bemerkt Henszlmann, wurden gegen
Ende des XIII. Jahrhunderts schon selten, noch seltener im
XIV. Jahrhundert erbaut. Dieselbe wurde seither als Gruft
gebraucht, wie einige Särge an den Wänden noch gegen-
wärtig beweisen. Die Spitzbogen der Unterkirche sind nicht

(Fig-. 6.)
 
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