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meliter an. Filippino erinnert durch die zarten Tönungen und
einen leichten atmosphärischen Reiz in seinen Schöpfungen da-
gegen noch an den, dem er Leben und erste Lehre verdankte.
Schließlich geht sowohl er wie Botticelli ganz im linearen Dekora-
tionsstil auf. Es ward ein Verhängnis für Lippi, daß ein Teil dessen,
was er zuerst in Toskana gepflanzt hatte, von einer großen Gabe
aus den Niederlanden überschattet wurde. Hugo van der Goes’
Portinarialtar ward jetzt das sichtbare Zeichen für Licht, Luft,
Naturbeobachtung und Landschaft. Der andere Strom, der male-
rische und Beleuchtungswerte an das Arnoufer spülte, ging von
Lionardo aus. So sind die Zusammenhänge jener paar Florentiner,
die nicht vom plastischen oder linearen Stil verschlungen wurden,
mit dem Altmeister Fra Filippo schwer nachweisbar. Eine Welt
von Naturbeobachtung liegt zwischen Fra Filippos schüchternen
Versuchen einen durchleuchteten Wald darzustellen, und Piero di
Cosimos blauen Sonnenschatten! Eine Welt künstlerischer Erfah-
rung zwischen dem Wechsel von Licht und Schatten bei Fra Fi-
lippo und den weichen gesättigten Skalen bei dem „größten Maler
jenseits der Alpen“ — bei Andrea del Sarto. — Und doch werden
auch diese beiden trotz ihrer Studien bei den großen Niederländern
und bei dem lombardischen Genius des heimischen Meisters nicht
vergessen haben. Selbst Raffael und Michelangelo haben sich bei
Fra Filippo noch Anregung geholt (s. o. S. 90, 117, 121 u. 133). Aus
Vasaris Worten weht denn auch ein warmer Hauch: kein Geringerer
als Michelangelo habe den Karmeliter nicht nur hochgeschätzt, son-
dern nachgeahmt. Man fühlt, hier spricht nicht nur der Biograph,
sondern der begeisterte Mund, dem die Verehrung eines ganzen
nachfolgenden Geschlechtes Ausdruck verleiht: „Alles in allem
war er ein Mann, den keiner in seiner Zeit übertraf und in der
unsrigen wenige.“

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