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Metzendorf, Georg [Hrsg.]
Das neue niederrheinische Dorf auf der Deutschen Werkbundausstellung in Köln 1914 — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.37744#0029

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II. EinzekSchilderungen.

Die Dorfkirche.

Haben wir uns durch die zahlreichen monumentalen Bauten der Werkbund-
Ausstellung mit ihrer schier überreichen Fülle von Ausstellungsgegenständen
durchgearbeitet und nähern uns zwischen dem Hause Bremen-Oldenburg und der
Fabrikanlage dem äußersten Ende des Ausstellungsgeländes, so taucht plötzlich
hinter dem hohen Glaspavillon der Deutzer Gasmotorenfabrik ein idyllisches Bild
vor uns auf, das in mehrfacher Hinsicht gegen das vorher Geschaute scharf
kontrastiert. Wir stehen vor einer von frischem Grün umrahmten und belebten
kleinen Siedelung, wir treten ein ins „Neue niederrheinische Dorf“. Es ist gewiß
nicht zuviel gesagt, wenn ich behaupte, daß zahlreichen, vielleicht den meisten
Besuchern sich ein Ausruf der Überraschung wie der Erleichterung entringt
beim Anblick der Idylle.
Den Blick nimmt gleich gefangen die kleine Dorfkirche, erbaut nach den
Plänen der Kölner Architekten B. D. A. Heinr. Renard, Erzdiözesanbaumeister,
und Stephan Mattar. Mitten drin liegt sie in den Bauten, die sich wohlverteilt
um sie herumgruppieren. Das entspricht dem historischen Rechte der Kirche,
als meist einziger monumentaler Bau des Dorfes, abgesehen von seinem sakralen
Werte, an hervorragendster Stelle sich zu erheben. Dieser Stelle zeigt sich unsere
Kirche durchaus würdig. Denn ihre Bedeutung in der Bautengruppe gewinnt
sie nicht allein durch ihre zentrale Lage, sondern vor allem durch ihre geschlossene,
großwirkende Baumasse, durch echte Monumentalität. Sind wir bisher fast durch-
aus gewöhnt, daß die Kirchen unserer Dörfer aus der Zeit nach dem Erlöschen
einer eigentlichen Stilentwicklung meist mit wenig Geschick einen der Stile der
näheren oder entfernteren Vergangenheit nachzuahmen versuchen, ungeschickt
durch einen zu der bescheidenen Umgebung wenig passenden Reichtum der
architektonischen und dekorativen Formen, durch ein oft weit hergeholtes, mit
dem bodenständigen Material der übrigen Gebäude schlecht zusammenwirkendes
Gestein, sehen wir in unsern Dörfern gar zu oft in jeder Hinsicht deplazierte
„Miniaturdome“, so redet unsere Dorfkirche hier deutlich eine andere Sprache,
die gleiche Sprache wie ihre Umgebung, nicht eine Fremdsprache, auch keinen
städtischen Dialekt. Sie ist aus dem gleichen Boden gewachsen, nach Material
 
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