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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0268
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scheinbaren Lappen und Zacken mancher Blumenblätter in den symmetrischen Blüten und den Kom-
positen sind durch zusammengewachsene Blätter gebildet.) Die einzelnen Blätter der cyklischen Bliiten-
krone passen sich in ihrer Form dem Raume an, welcher ihnen zwischen den Strahlenteilungen der
ganzen Anordnung zur Verfügung steht. Sie setzen mit schmalem Fusse am Blütenboden an und ver-
breitern sich in ihrem Laufe der Divergenz der Strahlen entsprechend. Ihr Kopfteil schliesst sehr ver-
schiedenartig, stumpfer und spitzer ab und ist im Verhältnis zum Fussteil häufig kürzer als bei den
Laubblättern. Bisweilen ist er ganz flach gebildet, so dass das ganze Blatt einem auf die Spitze gestell-
ten Delta gleicht, dessen obere Ecken abgerundet sind. (Vergl. beistehende Typen von Blumenblatt-
formen.) Die Blumenblätter wirken daher weniger durch den Reichtum ihres Details, als durch
den ausserordentlichen Wechsel ihrer Bewegungskurven, bei denen im Blattquerschnitt, der ganzen
cyklischen Gestaltung der Blüte entsprechend, die konkave Bildung vorherrscht. Ihr Längs-
schnitt weist oft zwei bis drei und mehrfache, flachere und gekrümmtere Kurven auf. Die Kelch-
blätter haben dagegen, entsprechend ihrer geringeren Ausdehnung, auch geringere Biegungen ihrer
Längenachsen.
Bei den Staubblättern spielen, sobald sie nicht sitzend d. h. ungestielt sind, die Stiele die Haupt-
rolle, da ihre Blattspreite (die Staubfächer) nur klein ist; auch die Stiele zeigen häufig Biegungen,
welche in ihrer Gruppierung die Gestaltung der Blüte beeinflussen.
Die schon erwähnten Verwachsungen der einzelnen Blätter der Blütenkreise, welche das Ge-
samtbild der Blume wesentlich bestimmen, treten bei Kelch- und Blumenblättern bald nur teilweise
am Grunde der Blätter, bald weitergehend bis zu verschiedenen Höhen derselben auf. Infolgedessen
formt sich der untere Teil des betreffenden Blütenkreises zu einer röhrigen, trichterigen, glockigen
oder sonstig geschlossenen Bildung, während in seinem oberen sich die einzelnen Blätter wieder als
Zipfel oder Zähne isolieren. In einzelnen Fällen ist die Verschmelzung sogar eine vollständige (Winden-
blüte), so dass die Zusammensetzung des Blütenkreises aus verschiedenen Blättern nur aus der Zahl
ihrer Mittelrippen zu ersehen ist. In den cyklischen Blüten sind die Verwachsungen der Blütenkreise,
der Regelmässigkeit ihrer Bildung entsprechend gleichmässig gestaltet, in den symmetrischen finden,
dagegen infolge der gebogenen Blütenachse und der verschiedenen Bildung der Einzelorgane ihrer
Blattkreise ganz ungleichartige Verwachsungen der oberen und unteren Blätter statt. Bei der Gruppe
der Lippenblütler z. B. ist der Fussteil der Blumenblätter ganz verwachsen, im weiteren Verlaufe ver-
binden sich aber oben zwei ihrer Blätter zu einer Oberlippe, unten drei zur Unterlippe. Der untere
Teil des Kelches wie der Blumenkrone bildet eine konisch sich erweiternde gekrümmte Röhre, an
deren oberem Ende sich die mehr oder weniger verwachsenen Blätter als ungleich gebildete Lippen
von verschiedener Grösse fortsetzen.
In ähnlicher Weise wie in den äusseren Blattkreisen findet auch Verwachsung der Staubfäden
zu einer Röhre oder zu einzelnen Bündeln statt. Zur Regel wird sie, wie schon bemerkt, im Stempel,
bei welchem nur das Gesamtbild der verwachsenen Fruchtblätter zur Erscheinuno- tritt. Die letzteren
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umgeben als eine schützende Hohlform den Samen und ziehen sich in ihrem Verlauf zu einem stiel-
artigen Griffel zusammen, an dessen oberem Ende, der »Narbe«, sie sich bisweilen wieder teilen. Der
Fruchtknoten zeigt im Querschnitt selten eine einfache Kreisform, sondern entsprechend der Zahl seiner
 
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