Giuseppe Avanzi.
456_
Kirche S. Tommaso Maria. Noch jung, entwarf
Avanzi selbständige Bilder zu Mir an do la in
der Kirche S. Francesco. Unter dem Portikus
derselben stellte er a fresco die Vision dar, wie
Papst Innocenz III. den hl. Francesco als Stütze
des Vatikanes erblickt. In der Nacht des 7. Juli
1798 ist dieses Werk übertüncht worden. Aber
im Innern der Kirche blieb das Altarbild Avanzi’s,
die Enthauptung des Apostels Paulus, erhalten.
Was seine Zeit für großartig und kraftvoll hielt,
das kommt wol auch in Avanzi’s Kompositionen
zum Verschein; seine Phantasie war sehr reich und
lebhaft und seine Hand überaus gewandt, so dass
die Anzahl seiner Leistungen in Erstaunen ver-
setzt. Beim Zeichnen hielt er sich nicht lange
auf; er malte gewöhnlich alla prima. So konnte
von vornherein von besonderer Korrektheit
wenig zu erwarten sein; aber selbst seine Farbe,
wenn sie vielleicht für den ersten Moment Reiz
besaß, hatte nicht Dauer und Bestand. Nur
Bilder, die er selber ein oder mehrere Male wie-
der aufgefrischt hat, machten auch später einen
erfreulichen Eindruck. Allein sein unleugbares
Talent erwarb ihm Ansehen, und alle Leute, die
rasch und billig bedient sein wollten, wandten
sich an ihn. Zu tadeln wagte ihn Keiner: vor
dem tüchtigen Fechter und Schützen hatte jeder
Angst. Sonstwar er der liebenswürdigste Mensch,
zu heiter ausgelassenen Gelagen, zum Spiel und
Becher jederzeit aufgelegt, und ganze Wochen
hindurch ergab er sich der Jagdlust. Das Beste,
was er malte, waren Landschaften, sowie Blumen
und Früchte. In einem Zimmer des Klosters S.
Maria della Rosa befanden sich verschiedene
kleine Landschaften und Fruchtstücke voll
Schönheit und Geschmack. Vier Landschaften
besass das Nonnenkloster S. Guglielmo und
eine der ältere Cittadella. In der Casa Riz-
zoni waren zwei Fruchtstücke. Cittadella lobte
die Anmut und den Reiz aller dieser Arbeiten.
Bei den Landschaften vermisste er wol zuweilen
die Harmonie der Luftstimmung und fand den
Baumschlag immer zu sehr geschrieben; allein
er bewunderte auch stets ihren historischen Cha-
rakter, ihre Angemessenheit für die Menschen
und Begebenheiten, die in ihnen erschienen.
Avanzi hätte nach Cittadella’s Meinung durch
strenge Schulung und Methode, durch Fleiss und
Konsequenz Unsterbliches leisten können; aber
gerade umgekehrt verhöhnte er andere sorgfäl-
tige gewissenhafte Meister, namentlich Parolini
und Scannarini als ängstliche Leckmalerchen,
als Leccardini timorosi.
Eine innige Freundschaft verband den Maler
mit dem Kaufmann Antonio Simoni und mit dem
Karthäuserprior Daniele Camparini. Jener
schmückte sein ganzes Haus mit Gemälden
Avanzi’s und beauftragte ihn auch, für die neue
Kirche Cosma e Damiano ein Altarbild zu
malen, das jedoch nicht gefiel und einem Werke
Bortolonbs weichen musste. Der genannte Kart-
häuserprior konnte von Avanzi’s Schöpfungen
nie genug bekommen. Für ihn malte er 1695
zwei sehr große Bilder: 1) S. Bruno in der Wüste
wird von der Jungfrau Maria getröstet. 2) S.
Bruno erscheint dem Grafen Ruggieri und bringt
ihm den Sieg über seine Feinde. Wie alle bes-
seren Arbeiten Avanzi’s erinnern sie an Guercino.
Das Vorzüglichste leistete er mit der Enthaup-
tung Johannis für die Kirche der Certosa.
Am 29. Mai 1718 starb der Künstler und wurde
auf dem Friedhöfe der Certosa bestattet.
Äusser den Gemälden, deren bereits gedacht
wurde, werden noch folgende von Avanzi’s Hand
in F e r r a r a aufgezählt:
In der Kirche S. Giuseppe zwei Geschichten
der hl. Thekla, sowie Mariä Verkündigung und
Mariä Heimsuchung (gehören zu den besseren
Arbeiten). Ferner Geschichten aus dem Leben
Jesu, eine ganze Kapelle a fresco und ein Altar-
bild.
In S. Maria della Rosa: 1) Flucht nach
Aegypten. 2) Der zwölfjährige Jesus im Tempel.
3) Geburt der Maria. 4) Mariä Verkündigung.
5) Geschichten aus dem Leben Jesu.
In Chiesa nuova: S. Filippo Neri kniend,
in der Ferne die Stadt Ferrara (Votivbild).
Im Oratorium S. Filippo Neri: Der Ti-
tularheilige in der Glorie.
In der Confraternitä delle sacre stim-
m a t e: zwei Darstellungen aus der Geschichte
des hl. Franziskus.
In S. Lorenzo: zehn Bilder aus der Ge-
schichte Jesu und acht Heiligengeschichten.
In Madonna della Pietä: Vier Geschich-
ten des hl. Gaetano.
In S. Domenico: Verlobung der hl. Katha-
rina von Siena mit dem Christkinde.
In der Kirche der hl. Ursula:. Die Titular-
heilige mit den Jungfrauen.
In S. Maria degli Angeli: Geschichten aus
dem Leben der Maria und hh. Dominikaner.
In S. Maria della C onsolazione: acht
Bilder aus dem Leben der Maria.
In S. Rocco : Zwei Heilige in Halbfiguren.
InS. Apollinare e Giobbe: Die hl. Apol-
lonia wird von Engeln mit Rosen bekränzt.
In S. Carlo: S. Carlo Borromeo in der Glorie.
In der Galerie Costabili: Anbetung der
Könige.
Zahlreich genug sind die Werke Avanzi’s,
aber Rosini möchte ihm darum noch keinen Platz
in der Geschichte gönnen. Dagegen erklärt ihn
Lanzi wenigstens für Ferrara’s besten Blumen-
und Landschaftsmaler.
s. Barruffaldi, Vite de’ pittori etc. Ferraresi-
II. 306. Mit dem Porträt des Künstlers. —
Cittadella, Catalogo istorico. IV. 52. Mit
dem Porträt des Künstlers. — Barotti, Pitture
di Ferrara, an vielen Stellen. — Campori,
Gli artisti etc. negli Stati Estensi. p. 15. — Ro-
sini, Storia della Pittura. VII. 27. — Lanzi,
Stpria pitt. IV. 293. 301.
Jansen.
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Kirche S. Tommaso Maria. Noch jung, entwarf
Avanzi selbständige Bilder zu Mir an do la in
der Kirche S. Francesco. Unter dem Portikus
derselben stellte er a fresco die Vision dar, wie
Papst Innocenz III. den hl. Francesco als Stütze
des Vatikanes erblickt. In der Nacht des 7. Juli
1798 ist dieses Werk übertüncht worden. Aber
im Innern der Kirche blieb das Altarbild Avanzi’s,
die Enthauptung des Apostels Paulus, erhalten.
Was seine Zeit für großartig und kraftvoll hielt,
das kommt wol auch in Avanzi’s Kompositionen
zum Verschein; seine Phantasie war sehr reich und
lebhaft und seine Hand überaus gewandt, so dass
die Anzahl seiner Leistungen in Erstaunen ver-
setzt. Beim Zeichnen hielt er sich nicht lange
auf; er malte gewöhnlich alla prima. So konnte
von vornherein von besonderer Korrektheit
wenig zu erwarten sein; aber selbst seine Farbe,
wenn sie vielleicht für den ersten Moment Reiz
besaß, hatte nicht Dauer und Bestand. Nur
Bilder, die er selber ein oder mehrere Male wie-
der aufgefrischt hat, machten auch später einen
erfreulichen Eindruck. Allein sein unleugbares
Talent erwarb ihm Ansehen, und alle Leute, die
rasch und billig bedient sein wollten, wandten
sich an ihn. Zu tadeln wagte ihn Keiner: vor
dem tüchtigen Fechter und Schützen hatte jeder
Angst. Sonstwar er der liebenswürdigste Mensch,
zu heiter ausgelassenen Gelagen, zum Spiel und
Becher jederzeit aufgelegt, und ganze Wochen
hindurch ergab er sich der Jagdlust. Das Beste,
was er malte, waren Landschaften, sowie Blumen
und Früchte. In einem Zimmer des Klosters S.
Maria della Rosa befanden sich verschiedene
kleine Landschaften und Fruchtstücke voll
Schönheit und Geschmack. Vier Landschaften
besass das Nonnenkloster S. Guglielmo und
eine der ältere Cittadella. In der Casa Riz-
zoni waren zwei Fruchtstücke. Cittadella lobte
die Anmut und den Reiz aller dieser Arbeiten.
Bei den Landschaften vermisste er wol zuweilen
die Harmonie der Luftstimmung und fand den
Baumschlag immer zu sehr geschrieben; allein
er bewunderte auch stets ihren historischen Cha-
rakter, ihre Angemessenheit für die Menschen
und Begebenheiten, die in ihnen erschienen.
Avanzi hätte nach Cittadella’s Meinung durch
strenge Schulung und Methode, durch Fleiss und
Konsequenz Unsterbliches leisten können; aber
gerade umgekehrt verhöhnte er andere sorgfäl-
tige gewissenhafte Meister, namentlich Parolini
und Scannarini als ängstliche Leckmalerchen,
als Leccardini timorosi.
Eine innige Freundschaft verband den Maler
mit dem Kaufmann Antonio Simoni und mit dem
Karthäuserprior Daniele Camparini. Jener
schmückte sein ganzes Haus mit Gemälden
Avanzi’s und beauftragte ihn auch, für die neue
Kirche Cosma e Damiano ein Altarbild zu
malen, das jedoch nicht gefiel und einem Werke
Bortolonbs weichen musste. Der genannte Kart-
häuserprior konnte von Avanzi’s Schöpfungen
nie genug bekommen. Für ihn malte er 1695
zwei sehr große Bilder: 1) S. Bruno in der Wüste
wird von der Jungfrau Maria getröstet. 2) S.
Bruno erscheint dem Grafen Ruggieri und bringt
ihm den Sieg über seine Feinde. Wie alle bes-
seren Arbeiten Avanzi’s erinnern sie an Guercino.
Das Vorzüglichste leistete er mit der Enthaup-
tung Johannis für die Kirche der Certosa.
Am 29. Mai 1718 starb der Künstler und wurde
auf dem Friedhöfe der Certosa bestattet.
Äusser den Gemälden, deren bereits gedacht
wurde, werden noch folgende von Avanzi’s Hand
in F e r r a r a aufgezählt:
In der Kirche S. Giuseppe zwei Geschichten
der hl. Thekla, sowie Mariä Verkündigung und
Mariä Heimsuchung (gehören zu den besseren
Arbeiten). Ferner Geschichten aus dem Leben
Jesu, eine ganze Kapelle a fresco und ein Altar-
bild.
In S. Maria della Rosa: 1) Flucht nach
Aegypten. 2) Der zwölfjährige Jesus im Tempel.
3) Geburt der Maria. 4) Mariä Verkündigung.
5) Geschichten aus dem Leben Jesu.
In Chiesa nuova: S. Filippo Neri kniend,
in der Ferne die Stadt Ferrara (Votivbild).
Im Oratorium S. Filippo Neri: Der Ti-
tularheilige in der Glorie.
In der Confraternitä delle sacre stim-
m a t e: zwei Darstellungen aus der Geschichte
des hl. Franziskus.
In S. Lorenzo: zehn Bilder aus der Ge-
schichte Jesu und acht Heiligengeschichten.
In Madonna della Pietä: Vier Geschich-
ten des hl. Gaetano.
In S. Domenico: Verlobung der hl. Katha-
rina von Siena mit dem Christkinde.
In der Kirche der hl. Ursula:. Die Titular-
heilige mit den Jungfrauen.
In S. Maria degli Angeli: Geschichten aus
dem Leben der Maria und hh. Dominikaner.
In S. Maria della C onsolazione: acht
Bilder aus dem Leben der Maria.
In S. Rocco : Zwei Heilige in Halbfiguren.
InS. Apollinare e Giobbe: Die hl. Apol-
lonia wird von Engeln mit Rosen bekränzt.
In S. Carlo: S. Carlo Borromeo in der Glorie.
In der Galerie Costabili: Anbetung der
Könige.
Zahlreich genug sind die Werke Avanzi’s,
aber Rosini möchte ihm darum noch keinen Platz
in der Geschichte gönnen. Dagegen erklärt ihn
Lanzi wenigstens für Ferrara’s besten Blumen-
und Landschaftsmaler.
s. Barruffaldi, Vite de’ pittori etc. Ferraresi-
II. 306. Mit dem Porträt des Künstlers. —
Cittadella, Catalogo istorico. IV. 52. Mit
dem Porträt des Künstlers. — Barotti, Pitture
di Ferrara, an vielen Stellen. — Campori,
Gli artisti etc. negli Stati Estensi. p. 15. — Ro-
sini, Storia della Pittura. VII. 27. — Lanzi,
Stpria pitt. IV. 293. 301.
Jansen.