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Kaufhold, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter: institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 23: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34739#0230
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222

Kapitel 7

so weit verstehen, dass wir ermessen können, welchen Beitrag sie zur Klärung der
Probleme lieferten, deren Entwicklung diese Untersuchung nachgeht. Neben der
Ausbildung des Königswahlrechts und der Ausdifferenzierung des Beraterkreises
für den englischen König wird es dabei auch um die Frage gehen, welchen Cha-
rakter diese Krisen hatten. Läßt sich in ihrem Verlauf das Wirken einer schriftli-
chen Erinnerung an die Vorgeschichte erkennen?
So verschieden die Konflikte im einzelnen waren, so wiesen doch die Eck-
daten der Königsgeschichte manche äußere Parallele auf. Im Reich und in England
gab es eine frühe Auseinandersetzung um das Königtum, die in England schon
1311, in Deutschland 1314 begann und die erst 1325 bzw. 1327 zu einer Lösung
gelangte. Auch das Ende des Jahrhunderts sah in beiden Königreichen eine Abset-
zung der Herrscher - allerdings mit deutlich unterschiedlichem Ergebnis, und
während in England die lange Herrschaft Edwards III. (1327/30-1377) eine Zeit
relativ ungefährdeter Königsherrschaft war, erlebt Deutschland um die Mitte des
Jahrhunderts einen erneuten Kampf zweier Könige um die Kroneü Man mag darin
bereits eine Verschiebung der Konfliktmuster erkennen, doch sollten wir die Vor-
gänge genauer prüfen. Wir beginnen in England. Dort sah sich der König frühzei-
tig scharfer Kritik ausgesetzt.
Das Königtum Edwards II. stand unter einem unruhig flackernden SternP
Sein Vater hatte ihm kein einfaches Erbe hinterlassend Der Krieg mit den Schotten
war nicht entschieden, das Verhältnis zu den Großen des Königreiches war ange-
spannt, und die 1294 wieder aufgeflackerten Kämpfe um die englischen Fest-
landsbesitzungen waren zwar beendet worden, und der neue Frieden wurde
durch die Heirat Edwards II. mit der Tochter König Philipps IV. von Frankreich
bekräftigt, aber diese Ehe wurde im Laufe der Zeit zu einem eigenen Problem-
feldd Es sollte sich erweisen, dass es nicht klug war, politische Ehen auf zu große
Hoffnungen zu gründen. Die Folgen dieser Ehe waren weit schwerwiegender als
ihr unmittelbarer Effekt. Es läßt sich durchaus formulieren, dass die Folge von
Kämpfen auf dem Festland und der Eheverbindung der beiden Königshäuser nach

2 Vgl. zu der kurzen Rivalität Ludwigs des Bayern und Karls IV. um den deutschen Thron
etwa THOMAS, Deutsche Geschichte des Spätmittelalters, S. 211-217; KAUFHOLD, Gladius Spi-
ritualis, S. 270-287.
3 Zum Königtum Edwards 11. vgl. die Vita Edwardi Secundi, ed. Childs/Denholm-Young;
Chronicles of the Reigns of Edward 1. and Edward II., Bd. 1-2; ed. Stubbs; Calendar of the
Charter Rolls, Bd. 3; Calendar of the Close Rolls: Edward II, 4 Bde.; vgl. auch: HAINES, King
Edward II; ORMROD, England: Edward II and Edward III; PRESTWICH, The Three Edwards;
DERS., Plantagenet England, S. 178-224; BUCK, Politics, Finance and the Church; BlNGHAM,
The Life and Times of Edward II; TOUT, The Place of the Reign of Edward II.
4 Vgl. dazu etwa PRESTWICH, Plantagenet England, S. 165-187, 298-303.
5 Zur Ehe Edwards II. mit Isabella, der Tochter Philipps IV.: Vita Edwardi Secundi,
ed. Childs/Denholm-Young, S. 8; vgl. auch PRESTWICH, Plantagenet England, S. 298-303;
P. DOHERTY, Isabella, Queen of England: 1296-1330, Wetherby 1977; DERS., Isabella and the
Strange Death of Edward 11, London 2003.
 
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