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Kaufhold, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter: institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 23: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34739#0267
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Kapitel 8
Der Rhythmus der Entfremdung

Bevor wir uns den Absetzungen von Königen und Päpsten am Ende des
14. Jahrhunderts zuwenden, gilt es, die Untersuchung des institutionellen Wandels
durch die kuriale Erfahrung des 14. Jahrhunderts zu ergänzen. Es war eine beson-
dere Erfahrung, denn der Wechsel der Kurie nach Avignon und die Rückkehr nach
Rom stellten den Umgang mit der Tradition vor eine besondere Herausforderung.
Die Tradition der Kirche sprach nicht für den Standort Avignon, aber die realen
Erfahrungen der Kurie begünstigten den Wechsel und hielten die Päpste so lange
in Avignon, dass die Rückkehr zu einem Problem wurde.' In diesem Kapitel geht
es um die andere Seite des politischen „Rhythmus", um den Rhythmus der Ent-
fremdung. Wie viel Zeit mußte vergehen, bis alte Gemeinsamkeiten fragwürdig
wurden und die Selbstverständlichkeiten einer Generation ihren Nachfolgern
fremd erschienen? Diese Frage, die die Untersuchung des politischen Rhythmus in
notwendiger Weise ergänzt, erlaubt auch den vergleichenden Blick auf die Kurie
und die englische Erfahrung. Dort war die Auflösung des angevinischen Reiches
im 13. Jahrhundert deutlich vorangeschritten, aber die Bindung der englischen
Könige an die alten Besitzungen auf dem Festland wurde im Hundertjährigen
Krieg faktisch erneuert.

Zum Papsttum in Avignon vgl. etwa: E. Baluze, Vitae Paparum Avenionensium, 4 Bde.,
hg. von G. Mollat, Paris 191W1922 sowie insbesondere die Editionen der Registerserien des
14. Jahrhunderts in lateinischer Regestenform durch die Ecole Frangaise (bsp. Innocent VI.
Lettres secretes et curiales, 3 Bde. (Bibliotheque des Ecoles Frangaises d'Athenes et de Rome,
3^ Ser. 4), hg. von P. Gasnault, Paris 1959 u. a.); vgl. auch: G. MOLLAT, Les papes d'Avignon
(1305-1378), 10. Aufl. Paris 1965; B. GUILLEMAIN, La cour pontificale d'Avignon (1309-1376).
Etüde d une societe (Bibliotheque des Ecoles Frangaises d'Athenes et de Rome 201), Paris
1962; F. X. SEPPELT, Geschichte der Päpste, Bd. 4: Das Papsttum in Spätmittelalter und Re-
naissance von Bonifaz VIII. bis zu Klemens VII., 2. Aufl. München 1957; vgl. außerdem:
K. PLÖGER, England and the Avignon Popes. The Practise of Diplomacy in Late Medieval Eu-
rope, London 2005; S. WEISS, Die Versorgung des päpstlichen Hofes in Avignon mit Lebens-
mitteln. Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte eines mittelalterlichen Hofes (1316-
1378), Berlin 2002; T. M. MARTIN, Das avignonesische Papsttum im Spiegel der zeitgenössi-
schen Kritik, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen NF 77 (1992),
S. 445-477; L. CAILLET, La papaute d'Avignon et Leglise de France. La politique beneficiale
du pape Jean XXII en France (1316-1334), Paris 1975; E. DUPRE-THESEIDER, I papi di Avi-
gnone e la questione romana, Paris 1939; P. AMARGIER, Urbain V. Une homme, une vie
(1310-1370), Marseille 1987 ; LÜTZELSCHWAB, Flectet cardinales.
 
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