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Kaufhold, Martin
Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter: institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 23: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34739#0009
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Vorwort

Das vorliegende Buch ist eine Studie des historischen Wandels in einer verglei-
chenden europäischen Perspektive. Der Vergleich kann und soll die zahlreichen
eindrucksvollen Untersuchungen der prominenten Prozesse, die im Zentrum die-
ser Arbeit stehen, nicht ersetzen. Ohne diese Arbeiten zu der Formierung des eng-
lischen Parlaments und des Kurfürstenkollegiums, sowie der Mitwirkung der
Kardinale an der Kirchenleitung zwischen dem späten 12. und dem frühen
15. Jahrhundert wäre eine solche Studie gar nicht möglich. Der Vergleich soll die
vielfältigen Kenntnisse um einen neuen Blickwinkel erweitern. Es ist ein europäi-
scher Blickwinkel, aus dem das Augenmerk in besonderer Weise auf die Heraus-
forderungen der untersuchten historischen Situationen gerichtet werden soll. Die
historischen Herausforderungen und Problemstellungen haben in den vergliche-
nen „Königreichen" unterschiedliche institutioneile Lösungen hervorgebracht,
aber die Prozesse, in deren Verlauf diese Lösungen für die Probleme in England,
im Reich und an der Kurie gefunden wurden, weisen erstaunliche Parallelen auf.
Diese Parallelen verleihen der Zeit des späten Mittelalters bei aller Individualität
der behandelten Entwicklungen eine charakteristische Erscheinung.
Dieses Buch handelt vom Wandel in England, im Reich und an der Kurie. Die
Auswahl liegt in dem Wunsch begründet, eine schlanke und pointierte Studie der
Formierung von Institutionen vorzulegen. Das Spektrum der zu vergleichenden
Entwicklungen ließe sich durchaus erweitern, und mancher Leser würde vielleicht
eine Berücksichtigung der französischen oder spanischen Entwicklung begrüßen.
Allerdings wäre dies eine andere Arbeit, mit der der Autor auch die Grenzen sei-
ner Kompetenz überschreiten würde. Eine Studie wie die vorliegende lässt sich
nur dann schreiben, wenn man auf den behandelten Feldern eine gewisse Sicher-
heit erlangt hat. Allerdings ist der Verfasser in den zurückliegenden Jahren, in
denen er sich in Forschung und Lehre intensiv mit den hier vorgestellten Entwick-
lungen befasst hat, zu der festen Überzeugung gelangt, dass die hier vorgestellte
vergleichende Perspektive in der Sache selbst begründet liegt. Die historischen
Entwicklungen in England, Deutschland und der Kurie waren in dem hier behan-
delten Zeitraum in der Tat in vieler Hinsicht aufeinander bezogen, bzw. voneinan-
der abhängig. Insbesondere die Geschichte des 13. Jahrhunderts brachte die Ge-
schicke im Reich, an der Kurie und in England in eine vielgestaltige und komplexe
Beziehung. Letztlich muß der Verfasser das Urteil über die Plausibilität seines
Blickes auf einen Teil der westeuropäischen Geschichte im späten Mittelalter dem
Leser überlassen.
Die Untersuchung konzentriert sich in besonderer Weise auf die zeitliche
Erstreckung der behandelten Prozesse: Wie viel Zeit benötigte der historische
Wandel? Phasen dramatischer Verdichtung des politischen Geschehens wechselten
ab mit Phasen unspektakulärer Routine. Durch diese Tempowechsel entstanden
eigene „Rhythmen" des Reformgeschehens, die den zeitgenössischen Akteuren
 
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