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22 II; Die napoleonische Zeit

Antikenbesitz ward konfisziert, und 517 Stück, in 288 Kisten
verpackt, warteten am Tiber, um nach Paris verladen zu werden.
Warum dies Schicksal schließlich nur 70 Antiken, natürlich nicht
gerade die schlechtesten, traf, ist mir nicht bekannt.

Schon im November 1798 — am 18. Brumaire, genau ein
Jahr vor dem Staatsstreich — ward das Musee frangais im Louvre
mit 117 Stücken eröffnet. Im nächsten Jahre siedelte Visconti,
der inzwischen einer der Konsuln der römischen Republik gewesen
war, nach Paris über und lieh für fast zwei Jahrzehnte den
dortigen Museen und der französischen Archäologie überhaupt
den Glänz seines wissenschaftlichen Namens. Er verfaßte auch
die Kataloge des rasch sich vergrößernden Museums, Aber der
eigentlich treibende Geist war hier wie in Ägypten Denon. Er
begleitete die Armeen und traf die Auswahl der fortzuführenden
Kunstwerke. Florenz mußte seine mediceische Venus, Venedig
seine vier Erzrosse von der Markuskirche, Mantua seine berühmten
Büsten des Euripides und des »Virgil«, Verona seinen Augustus
Bevilacqua, Modena und Turin andere Stücke hergeben. Wie
einst bei der Erweiterung des Belvedere zum pioclementinischen
Museum, so reihte sich jetzt im Louvre ein Antikensaal an den
anderen. 1806 ward die ganze borghesische Antikensammlung
einverleibt, die Napoleon seinem Schwager, dem Fürsten Camillo
Borghese, abgekauft hatte. Bald gesellte sich auch deutsche Beute
hinzu, der betende Knabe aus Berlin, der der Victoria vom
Brandenburger Tore das Geleite gab, eine Athena aus Kassel,
der vermeintliche Sarkophag Karls des Großen aus dem Dome
zu Aachen und andere Werke, im ganzen 20—30 Stück. Oft
sich erneuernde Kataloge gaben von der Erweiterung der Räume
und von der Bereicherung ihres erlesenen Inhaltes Kunde. Im
Jahre 1815 waren 384 Nummern erreicht. Der freie Zutritt für
das Publikum, die Einrichtung einer Gießerei zur Herstellung
von Abgüssen nach den Bildwerken des Museums, die Vor-
bereitung und Herausgabe großer Kupferwerke, das alles trug
dazu bei, den Nutzen und den Glanz des Musee Napoleon zu
erhöhen und die Stimmen derer zu übertönen, die an der Art,
wie das Museum großenteils zusammengebracht war, Anstoß
 
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