28 HI. Die Wiedergewinnung Griechenlands
daß die Architektur deshalb geschädigt zu werden brauchte; die
Metopen dagegen konnten aus ihrem Gefüge nur durch Zer-
störung des darüberliegenden Kranzgesimses entfernt werden — ein
schwerer Vorwurf gegen die Leiter des Unternehmens. Daß an
der Korenhalle des Erechtheion eine der Jungfrauen wegge-
nommen und durch einen plumpen Pfeiler ersetzt ward, war
ebenfalls nicht ohne Barbarei durchzuführen (quod non fecerunt
Qothi, fecerunt Scott hieß es); die Friesstücke des Niketempels
dagegen und einzelne Skulpturen der Unterstadt Athen wurden
durch die Wegnahme lediglich der Zerstörung oder Verschleuderung
entzogen. Eine bedeutende Zahl von Abgüssen, z. B. von den
Friesen des sogenannten Theseustempels, und ein reicher Schatz
von Zeichnungen vervollständigten die Ausbeute.
Das alles war erreicht, als Lord Elgin 1803 von seinem
Posten abberufen ward und seine Heimreise über Athen antrat.
Lusieri, den er als seinen Agenten dort zurückließ, konnte bald
200 Kisten mit der kostbaren Ladung auf verschiedenen Schiffen
abschicken. Eines der Schiffe, die Brigg Mentor, scheiterte und
sank mit zwölf Kisten am stürmereichen Kap Malea; es bedurfte
dreijähriger Bemühungen durch geübte Taucher von den klein-
asiatischen Inseln, um alle Kisten glücklich zu bergen. Was noch
in Athen unter Lusieris Obhut verblieben war, ward 1807, als
die Pforte England den Krieg erklärte, von den Franzosen mit
Beschlag belegt und nach dem Piräeus verbracht; der Mangel
einer Schiffsgelegenheit, Englands Herrschaft zur See, der rasche
Friedensschluß bewahrte die Skulpturen vor dem Schicksal, das
einst die französische Beute in Ägypten betroffen hatte, dem Feinde
in die Hände zu fallen (S. 16). Erst im Jahre 1812 sandte
Lusieri die letzten achtzig Kisten nach England ab.
Wir dürfen hier von den Fragen absehen, ob Lord Elgin
recht tat seine offizielle Stellung zugunsten seiner Privatunter-
nehmungen auszunutzen, ob Hunts Interpretation des großherr-
lichen Firman sinngemäß war, ob die Arbeiter immer mit der
gebotenen Vorsicht und Schonung verfuhren; wir dürfen auch
die Erwägung beiseite lassen, daß die kostbaren Skulpturen in
der Tat vor der Gefahr der Zersplitterung und der Vernichtung
daß die Architektur deshalb geschädigt zu werden brauchte; die
Metopen dagegen konnten aus ihrem Gefüge nur durch Zer-
störung des darüberliegenden Kranzgesimses entfernt werden — ein
schwerer Vorwurf gegen die Leiter des Unternehmens. Daß an
der Korenhalle des Erechtheion eine der Jungfrauen wegge-
nommen und durch einen plumpen Pfeiler ersetzt ward, war
ebenfalls nicht ohne Barbarei durchzuführen (quod non fecerunt
Qothi, fecerunt Scott hieß es); die Friesstücke des Niketempels
dagegen und einzelne Skulpturen der Unterstadt Athen wurden
durch die Wegnahme lediglich der Zerstörung oder Verschleuderung
entzogen. Eine bedeutende Zahl von Abgüssen, z. B. von den
Friesen des sogenannten Theseustempels, und ein reicher Schatz
von Zeichnungen vervollständigten die Ausbeute.
Das alles war erreicht, als Lord Elgin 1803 von seinem
Posten abberufen ward und seine Heimreise über Athen antrat.
Lusieri, den er als seinen Agenten dort zurückließ, konnte bald
200 Kisten mit der kostbaren Ladung auf verschiedenen Schiffen
abschicken. Eines der Schiffe, die Brigg Mentor, scheiterte und
sank mit zwölf Kisten am stürmereichen Kap Malea; es bedurfte
dreijähriger Bemühungen durch geübte Taucher von den klein-
asiatischen Inseln, um alle Kisten glücklich zu bergen. Was noch
in Athen unter Lusieris Obhut verblieben war, ward 1807, als
die Pforte England den Krieg erklärte, von den Franzosen mit
Beschlag belegt und nach dem Piräeus verbracht; der Mangel
einer Schiffsgelegenheit, Englands Herrschaft zur See, der rasche
Friedensschluß bewahrte die Skulpturen vor dem Schicksal, das
einst die französische Beute in Ägypten betroffen hatte, dem Feinde
in die Hände zu fallen (S. 16). Erst im Jahre 1812 sandte
Lusieri die letzten achtzig Kisten nach England ab.
Wir dürfen hier von den Fragen absehen, ob Lord Elgin
recht tat seine offizielle Stellung zugunsten seiner Privatunter-
nehmungen auszunutzen, ob Hunts Interpretation des großherr-
lichen Firman sinngemäß war, ob die Arbeiter immer mit der
gebotenen Vorsicht und Schonung verfuhren; wir dürfen auch
die Erwägung beiseite lassen, daß die kostbaren Skulpturen in
der Tat vor der Gefahr der Zersplitterung und der Vernichtung