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Einzelfunde. Stand der Denkmälerkenntnis vor 1870 93

Die dorische Baukunst war durch zahlreiche Tempel im
Westen (Sicilien und Pästum) und im eigentlichen Griechenland
vertreten; von der ionischen waren die Beispiele viel spärlicher, und
namentlich fehlte es an solchen aus der Anfangszeit, so daß der
Athenetempel in Priene aus Alexanders des Großen Zeit als
Normaltempel gelten mußte. Dennoch genügte dies Material
einem genialen Manne wie Gottfried Semper, um die Grundlinien
der Entwickelung der Baustile zu ziehen und ihre Hauptperioden
zu scheiden, während die logisch-systematische, aber des geschicht-
lichen Sinnes bare Denkweise Karl Böttichers in glänzender Ab-
straktion den Gesamtbau des dorischen Tempels, in seinem strengen
Zusammenhang und in seinem Verhältnisse zu den Bedingungen
des Kultus, vor unseren Augen entstehen ließ.

Für die Malerei war überhaupt erst dank den Vasenfunden
eine Grundlage gewonnen. Man hat die Vasenbilder bleichen
Mondesstrahlen verglichen gegenüber dem hellen Sonnenlichte
der für immer geschwundenen großen Malerei der Griechen.
Freilich können jene Erzeugnisse des Kunsthandwerkes diese
Meisterleistungen nicht ersetzen, aber die sichere Hand und der
zarte Sinn in jenen bescheidenen Werken atmen doch echter griechi-
schen Geist als die späten Werke Herculaneums und Pompejis,
und sie geben uns unmittelbare Anschauung statt der bloßen
Beschreibungen und Erwähnungen in der antiken Literatur. So
boten sie der Phantasie Nahrung, um das Bild der verlorenen
Schöne wiederzugewinnen, und antik gebildete Künstler wie die
GebrüderRiepenhausen verbanden sich mit einem nachempfindenden
Meister der Wissenschaft wie Friedrich Gottlieb Welcker, um Polygnots
große delphische Wandgemälde in Zeichnung wiederherzustellen.
Von dem Stilwandel griechischer Malerei konnten die etruskischen
Wandmalereien einen matten Abglanz gewähren. Der Fund der
Alexanderschlacht in Pompeji hatte, wenn auch nur in der ver-
gröbernden Wiedergabe mittels der Mosaiktechnik, den ersten
Begriff von malerischer Behandlung historischer Gegenstände in
großem Stil gewährt. Daneben hatten immer neu gefundene
pompejanische Gemälde den Kreis mythologischer Bilder um
manches schöne Stück erweitert.
 
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