Prähistorie. Jüngere und ältere Steinzeit 179
Daneben aber tritt am Geräte, sowohl den Tongefäßen wie be- 16
sonders den Metallgeräten, eine Ornamentik auf, die ihre An- 1
regungen nach einer freilich nicht ohne Widerspruch gebliebenen
Anschauung den Urkünsten des Flechtens und Webens entnimmt
Daher sind ihre Muster rein linear oder »geometrisch«.
Etwa um die Mitte des Jahrhunderts erweiterten sich Material
und Forschung in doppelter Richtung: rückwärts nach der Urzeit,
vorwärts gegen die Eisenzeit hin.
Dort trat der jüngeren die ältere Steinzeit zur Seite. Seit
1853 fanden im westlichen Frankreich, in der Dordogne und
Charente (östlich und nordöstlich von Bordeaux), Höhlenfunde
statt In den Höhlen fanden sich Knochen von Höhlenbären,
von Mammuthtieren, von Renntieren, Reste der Eiszeit, die ins-
gesamt um viele Jahrtausende hinaufreichten, unter sich aber ver-
schiedene Perioden darstellten, denn beispielsweise das Mammuth
gehört einer früheren Periode als das Renntier an. Auf die
menschlichen Höhlenbewohner jener Urzeit aber wiesen die in
jene Knochen eingeritzten Zeichnungen hin. Sie sind von sehr 4/8
verschiedenem künstlerischen Wert, manche aber sind ebenso
erstaunlich durch die Schärfe der Beobachtung wie durch die
Sicherheit in der Wiedergabe. Das größte Aufsehen erregten die
in den siebziger und wiederum in den neunziger Jahren in der
Nähe von Schaffhausen gemachten Funde, z. B. die meisterhafte
Darstellung eines äsenden Renntieres. Die Vollendung der Zeich- 8
nung erschien für jene Urzeit so unbegreiflich, daß ein — leider
durch einige Fälschungen genährter — Verdacht gegen die Echtheit «
laut ward. Er verstummte bald. Neuere Entdeckungen in Frank-
reich haben jene Werke fast noch übertrumpft, und das Studium
des Kunstsinnes und der Kunstleistungen bei wilden Völkern hat
das in seiner Vereinzelung unbegreiflich Erscheinende als allge-
meingültignachgewiesen. Eine höchst primitive Kunststufe schließt
keineswegs künstlerischen Blick und treffende Wiedergabe aus:
eine für die Ursprünge der Kunst wertvolle Beobachtung.
Diese ältere Steinzeit war durch Jahrtausende, ausgefüllt durch
die wechselnden Zustände der Eiszeit, von jener jüngeren Stein-
zeit geschieden, zu deren megalithischen Denkmälern sich nunmehr
12*
Daneben aber tritt am Geräte, sowohl den Tongefäßen wie be- 16
sonders den Metallgeräten, eine Ornamentik auf, die ihre An- 1
regungen nach einer freilich nicht ohne Widerspruch gebliebenen
Anschauung den Urkünsten des Flechtens und Webens entnimmt
Daher sind ihre Muster rein linear oder »geometrisch«.
Etwa um die Mitte des Jahrhunderts erweiterten sich Material
und Forschung in doppelter Richtung: rückwärts nach der Urzeit,
vorwärts gegen die Eisenzeit hin.
Dort trat der jüngeren die ältere Steinzeit zur Seite. Seit
1853 fanden im westlichen Frankreich, in der Dordogne und
Charente (östlich und nordöstlich von Bordeaux), Höhlenfunde
statt In den Höhlen fanden sich Knochen von Höhlenbären,
von Mammuthtieren, von Renntieren, Reste der Eiszeit, die ins-
gesamt um viele Jahrtausende hinaufreichten, unter sich aber ver-
schiedene Perioden darstellten, denn beispielsweise das Mammuth
gehört einer früheren Periode als das Renntier an. Auf die
menschlichen Höhlenbewohner jener Urzeit aber wiesen die in
jene Knochen eingeritzten Zeichnungen hin. Sie sind von sehr 4/8
verschiedenem künstlerischen Wert, manche aber sind ebenso
erstaunlich durch die Schärfe der Beobachtung wie durch die
Sicherheit in der Wiedergabe. Das größte Aufsehen erregten die
in den siebziger und wiederum in den neunziger Jahren in der
Nähe von Schaffhausen gemachten Funde, z. B. die meisterhafte
Darstellung eines äsenden Renntieres. Die Vollendung der Zeich- 8
nung erschien für jene Urzeit so unbegreiflich, daß ein — leider
durch einige Fälschungen genährter — Verdacht gegen die Echtheit «
laut ward. Er verstummte bald. Neuere Entdeckungen in Frank-
reich haben jene Werke fast noch übertrumpft, und das Studium
des Kunstsinnes und der Kunstleistungen bei wilden Völkern hat
das in seiner Vereinzelung unbegreiflich Erscheinende als allge-
meingültignachgewiesen. Eine höchst primitive Kunststufe schließt
keineswegs künstlerischen Blick und treffende Wiedergabe aus:
eine für die Ursprünge der Kunst wertvolle Beobachtung.
Diese ältere Steinzeit war durch Jahrtausende, ausgefüllt durch
die wechselnden Zustände der Eiszeit, von jener jüngeren Stein-
zeit geschieden, zu deren megalithischen Denkmälern sich nunmehr
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