Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER UMBAU UND DIE UMORDNUNG
DER DRESDNER GALERIE
von
WILHELM VON BODE
Die Zeit, die unter dem unmittelbaren Einflüsse Winckelmanns stand,
hat für seine Adoptivheimat Dresden als Ausdruck der klassisch«
antiken Bestrebungen den Beinamen Elb«Athen geprägt. Die romantische
Zeit hat dann der Elbstadt den Beinamen Elb«Florenz gegeben, während
die nüchtern«realistische Zeit, welche ihr folgte, sich über diese hochtönenden
Ehrentitel der biederen sächsischen Pfahlbürger nur lustig gemacht hat.
Doch schon der Zug der gebildeten Fremden, welche zu den Kunstsamm«
lungen Dresdens pilgern oder dort ihren Wohnsitz aufschlagen, beweist,
daß beide Schmuckworte eine gewisse innere Begründung in sich haben
müssen. Wer abends von den Höhen des östlichen Elbufers hinabsteigt zum
Fluß und unter sich aus dem Halbdunkel die Stadt in tausend Lichtflammen
aufleuchten sieht, wird unwillkürlich an den Eindruck erinnert, den Florenz
unauslöschbar auf den Fremden ausübt, wenn er zu später Abendzeit von
Fiesoie aus zur Stadt hinabsteigt. Und der Tag beweist, daß die magische
Wirkung bei Nacht nicht bloß eine phantastische Scheinbildung war,- auch
am Tage ist der Eindruck ein verwandter, tritt die Ähnlichkeit der Lage
von Dresden mit der von Florenz nur um so deutlicher hervor. Hier wie
dort das breite Tal, in welches die Stadt weit eingebettet ist, durchzogen
durch den breiten Silberstreifen des Flusses, an dem sich die schönen
Gartenvorstädte weit hinauf« und hinaberstrecken, die waldigen Höhen
mit den Villen auf dem einen Ufer und die hügelige Ferne auf der anderen
Seite,- und mitten drin die alte Stadt mit ihren dunklen Kuppeln, Türmen
und Palästen und den stattlichen Brücken über den Fluß.
Wenn man die alte Brücke überschreitet, vor sich die Hofkirche mit
dem alten Schloß dahinter und den grünen Dächern des Zwingers, so er«
stehen im Gedanken die Palastbauten Augusts des Starken, mit denen
Pöppelmann den ganzen Platz vom Zwinger bis zur Elbe herab bedecken
sollte, ein Plan, zu dem er eine Reihe von Entwürfen nacheinander zeichnete,
zu dessen Verwirklichung es aber leider nicht gekommen ist. Statt dessen
drängt sich hier ein Konglomerat neuerer Bauten, die zum Teil ihre eigene
Schönheit haben, aber in ihrer engen Zusammenstellung, in ihrem bunten
Stilgemisch ein unerfreuliches Ganze bilden, in dem die neugotischen Zink«
türme der Sophienkirche und der minaretartige Schornstein der großen
Heizungsanlage besonders häßliche Noten abgeben.

114
 
Annotationen