30
eigenartig adelig-ländlich. Dieser Charakterzug der lokalen Ansprüche hat auch in der
Tätigkeit der hier beschäftigten Fremden Ausdruck gefunden. Hefele, der nicht leicht be-
einflußbar war, verwendet am bischöflichen Schloß in Steinamanger den örtlichen Gegeben-
heiten gemäß mehr horizontale, fast ländliche Elemente, während er am Primitialpalais in
Preßburg eine mehr städtisch betonte Einheit schafft. Auch in Hillebrandts Werken bieten
sich dafür passende Beispiele, so die Wasserkaserne und das Primitialpalais in Preßburg. Die
Bauherren verlangen mächtige und weite Räume; günstige Möglichkeiten für Städte- und
Schloßbau sind ja eben in Ungarn vorhanden, und so sind die großangelegten Baustellen in
Waitzen, Erlau, Großwardein und Steinamanger im ungarischen Städtebau für lange Zeit
die anregenden Vorbilder.
Das österreichische klassizistisierende Spätbarock wird in Ungarn, besonders in kirchlich-
aulischen Kreisen des Hochadels allgemein beliebt und kommt durch den klassischen Formen
zugewandten Kunstgeschmack des hohen ungarischen Klerus und durch seine bekannte klassisch-
römische Kultiviertheit zu Kräften. Ansprüche und Dimensionen sind zwar von denen im
Westen abweichend, jedoch erheben die ungarischen Auftraggeber ebenso ihre Stimme für
Donners, Hillebrandts, Hefeles oder Maulbertschs Kunst wie Prinz Eugen von Savoyen für
Hildebrandt, oder die Grafen Schönborn für Balthasar Neumann und Friedrich II von Preußen
für Knobelsdorff. Erzbischof Käroly Esterhäzy in Erlau bewahrt sich Fellner als sehr bedeu-
tenden Gestalter, während sich Miklos Esterhazy der Glänzende sorgfältig und minutiös dem
Schloßbau annimmt und sich sogar an den Planausarbeitungen beteiligt. Jozsef Batthäny und
Jänos Szily verkehren gern und eng mit ihren zeitgenössischen Architekten und mit begabten
Meistern, die zur Ausführung ihrer Baupläne und Ideen geeignet sind. Den Leitgedanken,
die Bauidee, behalten sie sich immer selbst vor, und die öffentliche Meinung vergißt bald
den Namen der Künstler, denn immer nur der Ruhm des Bauherrn gesellt sich unsterblich
zum Kunstwerk. Die künstlerische Fachkenntnis des Barockmäzenen scheint der des Künstlers
durchaus gleichwertig zu sein; und der Standpunkt des Auftraggebers ist, daß der Meister
zumeist lediglich zur technischen Ausführung befähigt sein soll. Dem damaligen Zeitgeist
entsprechend wirken beide in der Schöpfung des Kunstwerkes gleicherweise zusammen.
Die Baukunst gilt für Hefeles ungarische Zeitgenossen vor allem als Wissenschaft; daher die
Äußerungen des Theoretikers Andräs Dugonics darüber: "architectus est, qui iuxta mentem
Fundatoris bene aedificat", und "architectura est scientia bene aedificandi". Auch Hefele
war beflissen, nach Kunstregeln zu bauen. Schauff, der in Preßburg eine nationale Kunst
ins Leben zu rufen versucht, zählt aus diesem Grund als erster der im Interesse der einhei-
mischen Kunst in Ungarn schaffenden Österreicher, und er vermag sich sein Ziel nur mittels
Ausbildung einer eigenartig ungarischen Säulenordnung vorzustellen. Schulgerechte Anschauung
und schulmäßiger Bauunterricht fordern vom Erbauer Dauerhaftigkeit und Verwendbarkeit,
und erst drittens etwas "Schönes". Letzteres soll die ersten zwei Vorbedingungen nach dem
Grundsatz Eurythmia des Miklos Revay zum Ausdruck bringen. Auch der zeitgenössische
Magyar fordert derartiges von seinem Architekten; das Gebäude soll nicht nur dem Anschein
nach fest errichtet sein, und er verlangt außerdem Schlichtheit und Übersichtlichkeit vom
Entwerfer und Ausführer. Die Grundsätze Nikolaus Goldmanns, des Verfassers der "Civil-
baukunst", greifen nach einem halben Jahrhundert in der sich entfaltenden ungarischen Bau-
theorie und im Unterricht Platz. Der Jesuit Jänos Molnär übernimmt aus ihr mehrere abstrakt
rekonstruierende, phantastische, auf Gelehrtheit falsch und überflüssig anspielende Elemente,
während der Mathematiker Dugonics und Mikl6s Rävay den Spuren Goldmanns mathematisch
und klassizistisierend folgen. Während diese Grundsätze sich im letzten Abschnitt des un-
garischen Spätbarocks in die Bauart des Adels und des Ständetums einsaugen, gelten sie nicht
für die bürgerliche, nordisch gesinnte Baukunst.
Für den Auftraggeber ist es geboten, nach seinem eigenen Kunstgeschmack und seiner Lage
angemessen standesgemäß zu bauen. György Bänffy, der Gouverneur von Siebenbürgen, läßt
getreu dieser Tradition in seinem Schloß in Kolozsvär (Klausenburg) durch Johann Blaumann
eigenartig adelig-ländlich. Dieser Charakterzug der lokalen Ansprüche hat auch in der
Tätigkeit der hier beschäftigten Fremden Ausdruck gefunden. Hefele, der nicht leicht be-
einflußbar war, verwendet am bischöflichen Schloß in Steinamanger den örtlichen Gegeben-
heiten gemäß mehr horizontale, fast ländliche Elemente, während er am Primitialpalais in
Preßburg eine mehr städtisch betonte Einheit schafft. Auch in Hillebrandts Werken bieten
sich dafür passende Beispiele, so die Wasserkaserne und das Primitialpalais in Preßburg. Die
Bauherren verlangen mächtige und weite Räume; günstige Möglichkeiten für Städte- und
Schloßbau sind ja eben in Ungarn vorhanden, und so sind die großangelegten Baustellen in
Waitzen, Erlau, Großwardein und Steinamanger im ungarischen Städtebau für lange Zeit
die anregenden Vorbilder.
Das österreichische klassizistisierende Spätbarock wird in Ungarn, besonders in kirchlich-
aulischen Kreisen des Hochadels allgemein beliebt und kommt durch den klassischen Formen
zugewandten Kunstgeschmack des hohen ungarischen Klerus und durch seine bekannte klassisch-
römische Kultiviertheit zu Kräften. Ansprüche und Dimensionen sind zwar von denen im
Westen abweichend, jedoch erheben die ungarischen Auftraggeber ebenso ihre Stimme für
Donners, Hillebrandts, Hefeles oder Maulbertschs Kunst wie Prinz Eugen von Savoyen für
Hildebrandt, oder die Grafen Schönborn für Balthasar Neumann und Friedrich II von Preußen
für Knobelsdorff. Erzbischof Käroly Esterhäzy in Erlau bewahrt sich Fellner als sehr bedeu-
tenden Gestalter, während sich Miklos Esterhazy der Glänzende sorgfältig und minutiös dem
Schloßbau annimmt und sich sogar an den Planausarbeitungen beteiligt. Jozsef Batthäny und
Jänos Szily verkehren gern und eng mit ihren zeitgenössischen Architekten und mit begabten
Meistern, die zur Ausführung ihrer Baupläne und Ideen geeignet sind. Den Leitgedanken,
die Bauidee, behalten sie sich immer selbst vor, und die öffentliche Meinung vergißt bald
den Namen der Künstler, denn immer nur der Ruhm des Bauherrn gesellt sich unsterblich
zum Kunstwerk. Die künstlerische Fachkenntnis des Barockmäzenen scheint der des Künstlers
durchaus gleichwertig zu sein; und der Standpunkt des Auftraggebers ist, daß der Meister
zumeist lediglich zur technischen Ausführung befähigt sein soll. Dem damaligen Zeitgeist
entsprechend wirken beide in der Schöpfung des Kunstwerkes gleicherweise zusammen.
Die Baukunst gilt für Hefeles ungarische Zeitgenossen vor allem als Wissenschaft; daher die
Äußerungen des Theoretikers Andräs Dugonics darüber: "architectus est, qui iuxta mentem
Fundatoris bene aedificat", und "architectura est scientia bene aedificandi". Auch Hefele
war beflissen, nach Kunstregeln zu bauen. Schauff, der in Preßburg eine nationale Kunst
ins Leben zu rufen versucht, zählt aus diesem Grund als erster der im Interesse der einhei-
mischen Kunst in Ungarn schaffenden Österreicher, und er vermag sich sein Ziel nur mittels
Ausbildung einer eigenartig ungarischen Säulenordnung vorzustellen. Schulgerechte Anschauung
und schulmäßiger Bauunterricht fordern vom Erbauer Dauerhaftigkeit und Verwendbarkeit,
und erst drittens etwas "Schönes". Letzteres soll die ersten zwei Vorbedingungen nach dem
Grundsatz Eurythmia des Miklos Revay zum Ausdruck bringen. Auch der zeitgenössische
Magyar fordert derartiges von seinem Architekten; das Gebäude soll nicht nur dem Anschein
nach fest errichtet sein, und er verlangt außerdem Schlichtheit und Übersichtlichkeit vom
Entwerfer und Ausführer. Die Grundsätze Nikolaus Goldmanns, des Verfassers der "Civil-
baukunst", greifen nach einem halben Jahrhundert in der sich entfaltenden ungarischen Bau-
theorie und im Unterricht Platz. Der Jesuit Jänos Molnär übernimmt aus ihr mehrere abstrakt
rekonstruierende, phantastische, auf Gelehrtheit falsch und überflüssig anspielende Elemente,
während der Mathematiker Dugonics und Mikl6s Rävay den Spuren Goldmanns mathematisch
und klassizistisierend folgen. Während diese Grundsätze sich im letzten Abschnitt des un-
garischen Spätbarocks in die Bauart des Adels und des Ständetums einsaugen, gelten sie nicht
für die bürgerliche, nordisch gesinnte Baukunst.
Für den Auftraggeber ist es geboten, nach seinem eigenen Kunstgeschmack und seiner Lage
angemessen standesgemäß zu bauen. György Bänffy, der Gouverneur von Siebenbürgen, läßt
getreu dieser Tradition in seinem Schloß in Kolozsvär (Klausenburg) durch Johann Blaumann