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Mojzer, Miklós
Werke deutscher Künstler in Ungarn — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 329: Baden-Baden: Heitz, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.73091#0040
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Projekt mit Recht zur Ausführung kam. Zur Teilnahme am Wettbewerb für das Ungarische
Opernhaus (1873/74) wurden von den Ausländern Ferdinand Fellner und Ludwig Bohnstedt
aus Gotha aufgefordert, während sich bei der Ausschreibung für das ungarische Parlament
so namhafte österreichische Künstler wie Emil von Förster und Ferdinand Fellner bewerben.
Die Stilrichtung der deutschen und insbesondere natürlich der österreichischen Eklektik übte
auf die ungarische einen weitwirkenden Einfluß aus. Der bei den ungarischen Architekten
besonders beliebte Klenze - von seinen ungarischen Schülern sind Frigyes Feszl und Käroly
Gerster nennenswert - dringt in unsere einheimische Baukunst nicht so sehr durch eigene
Schöpfungen, als vielmehr mit seinen grundsätzlichen Motiven. Für das ungarische Kunst-
schaffen übertrifft die Bedeutung Wiens die von München; viele kunststudierende Ungarn
verweilen in Wien, und durch die dort geschlossenen Freundschaften entstehen in Ungarn
einzelne Bauwerke von namhaften Österreichern. So plant Theophil Hansen das Gebäude
des Ungarischen Ingenieur- und Bauvereins in Budapest, und Friedrich Schmidt "restauriert"
den Dom zu Pöcs. Die Kunstart des letzteren wird durch seine bedeutendsten ungarischen
Schüler Imre Steindl und Frigyes Schulek in der ungarischen Eklektik mit Vorliebe verwen-
det. In Pecs erbaut August Kirstein, der Gefährte Schmidts, in kirchlichem Auftrag Palais
und Schulen im Stil der Neorenaissance, die sich dem bis dahin entwickelten Stadtbild
wirkungsvoll einfügen.
Schmidts Fünfhauskirche in Wien (Fertigstellung 1875) diente als Vorbild für Steindls Pracht-
bau des ungarischen Parlaments. Die Kuppellösung, das Prinzip der Bauidee, erhält von
Steindl bei der Preisaufgabe für den Berliner Reichstag eine neue monumentale Abfassung
und kommt in der Gestaltung des ungarischen Parlaments zur Reife. Die Verwirklichung
des Reichstags durch Wallot beeinflußt den in Berlin geschulten Alajos Hauszmann bei der
Planung für die ungarische Kurie.
Als Beweis für die einheimische Beliebtheit der Wiener Eklektik gelten die Bauten jenseits
der Donau des nach Wien übergesiedelten deutschen Architekten Ludwig Schöne. Den Thea-
terbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrscht beinahe die guteingeführte Bau-
firma Fellner & Helmer; als ihre erfolgreichsten Schöpfungen können das Lustspieltheater
in Pest und das Nationaltheater in Szeged angesehen werden.
Von der zweiten Hälfte der 70er Jahre bis heute findet sich jedoch in Ungarn kaum ein von
einem Österreicher geplantes Bauobjekt von Bedeutung. In der Hauptstadt soll noch die Bau-
tätigkeit des eine Zeitlang in Budapest weilenden ausländischen Künstlers von wenig Begabung
namens Christian Ullrich vermerkt werden. Auch verdient von den Werken Otto Wagners, des
Meisters der Wiener Sezession, nur das geschätzte Frühwerk, die gut in ihre Umgebung ein-
gefügte Synagoge in der Pester Rumbachgasse, hier erwähnt zu werden. Nach Ludwig Behrs
Plänen wurde 1894 teilweise die Innenausstattung des Palais Kärolyi in der Budapester Ester-
häzygasse, sowie 1913 der Umbau des Palais Erdödy (beide im zweiten Weltkrieg vernich-
tet) vorgenommen.
 
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