dem Jahre 1633 birgt der kölner Domschatz eine kostbare Arbeit der Art, den
Silberschrein des H. Engelbertus, der uns wie ein unmittelbarer Vorläufer der
polnischen Silbersärge Rennens anmutet (Taf. 4). Er ist eine Arbeit des kölner Gold-
schmieds, Münzwardeins und Ratsherrn KonradDuisbergh, von dem man außer dieser
im Charakter der Spätrenaissance gehaltenen Arbeit bisher nichts kennt. Ein merk-
würdiger historischer Zufall nun — mehr wage ich bisher nicht zu sagen — ist
es, daß der Nachfolger dieses Konrad Duisbergh im Rathstuhl zu Köln 1644 der
Goldschmied Hans Wilhelm von der Rennen wurde1). Ein Bruder Peter von
der Rennens mit diesem Vornamen hatte sich, wie wir hörten, in Danzig anfangs
der 30er Jahre in der Zunft unbeliebt gemacht — sollte er nach der alten Heimat
am Rhein zurückgewandert sein? Meine Bemühungen, hier durch die Akten des
kölner Stadtarchivs völlige Klarheit zu erlangen, haben bisher zu keinem bündigen
Ergebnis geführt. Trotzdem scheint es mir nicht zu kühn, solche möglichen Be-
ziehungen zwischen Köln und Danzig auch dahin auszudeuten, daß das prunkvolle
Werk Duisberghs Peter von der Rennen als Vorbild für seine Aufträge diente.
Denn das bestätigt der Augenschein.
Wie aber hier in einer rheinischen Arbeit die Quelle für die Gestaltung der
Prachtsarkophage in Gnesen und Krakau zu vermuten ist, stoßen wir auch in der
näheren Umgebung Peter von der Rennens auf Schöpfungen, die zu seinen Leistungen
in Parallele gestellt werden können.
Das künstlerische Milieu Danzigs im XVII. Jahrhundert dürfen wir heute
bereits — obwohl immer noch viel Arbeit zur völligen Klarstellung der Verhältnisse
im einzelnen zu tun bleibt — verhältnismäßig hoch einschätzen. Es war das Zeit-
alter des Astronomen Johannes Hevelius, dessen überragende Bedeutung selbst
die Aufmerksamkeit des damals allmächtigen französischen Hofs nach den fernen
Ufern der Weichsel lenkte. Maler, wie Adolf Boy ff 1677), Daniel Schultz
(f 1686), Andreas Stech ff 1697), Kupferstecher, wie Jeremias Falck (f 1653),
Wilhelm Hondius (f 1652), Medailleure, wie Johann Höhn (-| -1693), Se-
bastian Dadler (1647) — um nur einige Namen von hellem Klang zu nennen —
wirkten damals in Danzig. Auf dem Gebiet der Bildhauerkunst — und sie wird
der Silbertreibarbeit im Großen doch wohl meist die Modelle geliefert haben —
begegnet uns außer Caspar Gockheller, Wilhelm Richter, Christian Roth,
Jürgen Münch, Peter Ringering, Gerhard Rogge auch der Name von David
Sapovius — bisher ein ungreifbares Phantom: aber dieser einstweilen nur durch
Berichte des XVIII. Jahrhunderts bekannte Name gewinnt Leben und Bedeutung
durch die Überlieferung, daß kein Geringerer als Andreas Schlüter in seiner
Werkstatt die Anfangsgründe der Bildhauerkunst erlernt haben soll. Erst die Funde
von Blech, Cuny und Frydrichowicz aus den letzten Jahren haben die Vermutung,
daß Andreas Schlüter, der Schöpfer des Großen Kurfürsten und des Königlichen
Schlosses in Berlin, in Danzig und zwar schon im Jahr 1634 am 5. März als
Sohn eines gleichnamigen Bildhauers geboren ist, zur fast unanfechtbaren Tat-
sache erhoben2). Und so ist es nicht unwahrscheinlich, daß Peter von der Rennen
als älterer Zeitgenosse und Mitbürger Schlüters, von dessen Jugendwerken wir vor-
läufig noch recht unzulängliche Kenntnis haben, auch die Kraft des hier aufkeimen-
den bildnerischen Genies früh erkannte und zu ihm in Beziehung trat. Nicht, daß
ich etwa die Sarkophage in Gnesen und Krakau als Schöpfungen Schlüters pro-
(1) Merlo, Kölnische Künstler, p. 201.
(2) Cuny, Danzigs Kunst und Kultur im XVI. und XVII. Jahrhundert. Frankfurt a/M. 1910. S. 107.
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Silberschrein des H. Engelbertus, der uns wie ein unmittelbarer Vorläufer der
polnischen Silbersärge Rennens anmutet (Taf. 4). Er ist eine Arbeit des kölner Gold-
schmieds, Münzwardeins und Ratsherrn KonradDuisbergh, von dem man außer dieser
im Charakter der Spätrenaissance gehaltenen Arbeit bisher nichts kennt. Ein merk-
würdiger historischer Zufall nun — mehr wage ich bisher nicht zu sagen — ist
es, daß der Nachfolger dieses Konrad Duisbergh im Rathstuhl zu Köln 1644 der
Goldschmied Hans Wilhelm von der Rennen wurde1). Ein Bruder Peter von
der Rennens mit diesem Vornamen hatte sich, wie wir hörten, in Danzig anfangs
der 30er Jahre in der Zunft unbeliebt gemacht — sollte er nach der alten Heimat
am Rhein zurückgewandert sein? Meine Bemühungen, hier durch die Akten des
kölner Stadtarchivs völlige Klarheit zu erlangen, haben bisher zu keinem bündigen
Ergebnis geführt. Trotzdem scheint es mir nicht zu kühn, solche möglichen Be-
ziehungen zwischen Köln und Danzig auch dahin auszudeuten, daß das prunkvolle
Werk Duisberghs Peter von der Rennen als Vorbild für seine Aufträge diente.
Denn das bestätigt der Augenschein.
Wie aber hier in einer rheinischen Arbeit die Quelle für die Gestaltung der
Prachtsarkophage in Gnesen und Krakau zu vermuten ist, stoßen wir auch in der
näheren Umgebung Peter von der Rennens auf Schöpfungen, die zu seinen Leistungen
in Parallele gestellt werden können.
Das künstlerische Milieu Danzigs im XVII. Jahrhundert dürfen wir heute
bereits — obwohl immer noch viel Arbeit zur völligen Klarstellung der Verhältnisse
im einzelnen zu tun bleibt — verhältnismäßig hoch einschätzen. Es war das Zeit-
alter des Astronomen Johannes Hevelius, dessen überragende Bedeutung selbst
die Aufmerksamkeit des damals allmächtigen französischen Hofs nach den fernen
Ufern der Weichsel lenkte. Maler, wie Adolf Boy ff 1677), Daniel Schultz
(f 1686), Andreas Stech ff 1697), Kupferstecher, wie Jeremias Falck (f 1653),
Wilhelm Hondius (f 1652), Medailleure, wie Johann Höhn (-| -1693), Se-
bastian Dadler (1647) — um nur einige Namen von hellem Klang zu nennen —
wirkten damals in Danzig. Auf dem Gebiet der Bildhauerkunst — und sie wird
der Silbertreibarbeit im Großen doch wohl meist die Modelle geliefert haben —
begegnet uns außer Caspar Gockheller, Wilhelm Richter, Christian Roth,
Jürgen Münch, Peter Ringering, Gerhard Rogge auch der Name von David
Sapovius — bisher ein ungreifbares Phantom: aber dieser einstweilen nur durch
Berichte des XVIII. Jahrhunderts bekannte Name gewinnt Leben und Bedeutung
durch die Überlieferung, daß kein Geringerer als Andreas Schlüter in seiner
Werkstatt die Anfangsgründe der Bildhauerkunst erlernt haben soll. Erst die Funde
von Blech, Cuny und Frydrichowicz aus den letzten Jahren haben die Vermutung,
daß Andreas Schlüter, der Schöpfer des Großen Kurfürsten und des Königlichen
Schlosses in Berlin, in Danzig und zwar schon im Jahr 1634 am 5. März als
Sohn eines gleichnamigen Bildhauers geboren ist, zur fast unanfechtbaren Tat-
sache erhoben2). Und so ist es nicht unwahrscheinlich, daß Peter von der Rennen
als älterer Zeitgenosse und Mitbürger Schlüters, von dessen Jugendwerken wir vor-
läufig noch recht unzulängliche Kenntnis haben, auch die Kraft des hier aufkeimen-
den bildnerischen Genies früh erkannte und zu ihm in Beziehung trat. Nicht, daß
ich etwa die Sarkophage in Gnesen und Krakau als Schöpfungen Schlüters pro-
(1) Merlo, Kölnische Künstler, p. 201.
(2) Cuny, Danzigs Kunst und Kultur im XVI. und XVII. Jahrhundert. Frankfurt a/M. 1910. S. 107.
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