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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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JUAN DE RUELAS
Mit sechs Abbildungen auf vier Tafeln .

Von AUGUST L. MAYER

Die verheißungsvollen Knospen, die die Sevillaner Kunst zu Beginn des XVI. Jahr-
hunderts hervorgebracht hatte, schienen, von dem Eishauch des Romanismus
getroffen, absterben zu wollen, noch ehe sie zur rechten Entwicklung gekommen
waren. Doch sie sollten sich in ungeahnter Weise von der halben Erstarrung er-
holen und zu herrlichster Blüte entfalten, dank dem Wirken jenes Mannes, der
nicht zu Unrecht den Namen eines spanischen Tintoretto führt: Juan de Ruelas.
Zunächst ein Wort über den Namen selbst. Bisher pflegte man den Namen des
Künstlers als Juan de las Roelas anzugeben,
zeichnet sich der Maler als Juan de Ruelas.

Allein in allen Dokumenten unter-
Ebenso wie Murillo sich selbst nie
Morillo geschrieben hat. Freilich findet man in den von den Notaren aufgesetzten
Kontrakten und in den Akten der Kathedrale wie in anderen Kirchenbüchern die
Schreibweise Morillo wie Roelas, Rudelas, aber die Meister selbst haben ihren
Namen immer in der angegebenen Weise geschrieben. Der Name Roelas-Ruelas
ist echt spanisch. Ein D. Diego de las Roelas war 1378—1389 Bischof von Avila.
Auch für seinen Namen findet sich mitunter wie bei unserem Künstler die Schreib-
weise Rodelas.
Über das Geburtsdatum des Meisters wie über die ersten Jahrzehnte seines
Lebens sind wir leider sehr im Unklaren, da uns hier die Dokumente im Stich
lassen. Wir sind daher ganz auf die spärlichen Mitteilungen der älteren Biographen
angewiesen. Palomino ist höchst dürftig über Ruelas unterrichtet, ein Beweis dafür
ist schon die Tatsache, daß er ihn Dr. Pablo nennt. Cean Bermudez zufolge ist
er 1558 oder 1560 in Sevilla als Sohn vornehmer Eltern geboren.
Man darf wohl mit ziemlicher Sicherheit behaupten, daß sein Vater jener Pedro
de las Ruelas war, der als Admiral die spanische Küstenmarine (Armada de Guarda
Costas) befehligte und 1565 in Puebla de los Angeles gestorben ist1). Zur Be-
kräftigung dieser Tatsache kann auch eine Stelle in der Eingabe des Künstlers
dienen, die er bei seiner Bewerbung als Kammermaler 1616 an König Philipp III.
richtete. Es heißt nämlich da „.... und sein Vater diente Eurer Majestät viele
Jahre." Don Pedro war mit Da. Maria de Guzman vermählt und besaß auch eine
Tochter, Da. Mencia de Zuhiga. Juan war bei dem Tod seines Vaters noch minder-
jährig. Eine Vollmacht seiner Mutter vom 17. Juni 1567 an ihren Mayordomo
Francisco de Orellana befindet sich im Archivo general de las Indias. Über die
ersten vier Dezennien seines Lebens fehlt uns, wie gesagt, jede Spur, erst die drei
weiteren lassen uns den Menschen wie den Künstler Ruelas kennen lernen. Am liebsten
möchte man annehmen, der Meister sei erst etwa um das Jahr 1575 geboren. Dann
würde sich manches leichter erklären lassen. Ein großes Unglück ist es, daß die
Bibliothek und das Archiv der ehemaligen Colegiata von Olivares verbrannt und
nur wenige, für uns belanglose Bände auf uns gekommen sind. Wir müssen daher
die Mitteilungen des Bermudez über die Tätigkeit des Ruelas in Olivares auf Treu
und Glauben hinnehmen, werden aber bald sehen, daß er verschiedene ganz un-
mögliche Dinge behauptet.

(1) Zuhiga erwähnt unter den Stiftern der neuen Ritterbruderschaft (cofradia caballerosa) de S. Hermene-
gildo, die 1573 ein Bittgesuch um Bestätigung der Cofradia an den Staatsrat schickten, auch einen
Don Pedro de las Ruelas. Dies müßte ein Namensvetter des Admirals sein, falls dieser wirklich schon
1565 gestorben ist.
Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 2 5 51
 
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