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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Sicher ist, daß unser Maler dem geistlichen Stand angehörte. Er war Lizenziat,
und stets findet man die Abbreviatur dieses Titels vor seinem Namenszug. Als
junger Priester weilte er in Olivares. Als Präbend der Hauptkirche soll er Ber-
mudez zufolge 1603 eine Reihe von Gemälden ausgeführt haben, die uns erhalten
sind. Sie zeigen, wie wir weiter unten sehen werden, noch nichts von dem großen
Meister, der sechs Jahre später ein so grandioses Werk wie den „Santiago" der
Sevillaner Kathedrale geschaffen hat. Es erscheint fast ausgeschlossen, daß Ruelas
in dieser kurzen Zeit so ungeheure Fortschritte gemacht hat. Will man der Mit-
teilung des Bermudez Glaubens schenken, so bleibt einem nichts anderes übrig als
anzunehmen, daß der Künstler inzwischen im Ausland war, daß ein Aufenthalt in
Venedig ihn in ungeahnter Weise gefördert hat. Und dies ist sehr wohl möglich,
denn von 1607 bis 1624 weilte Ruelas nicht mehr in Olivares. (Er bekam während
dieser Zeit auch keinen Gehalt ausbezahlt.) In Sevilla aber ist er erst seit An-
fang 1609 nachweisbar. Man kann also sehr wohl eine zweijährige Studienreise
annehmen, Auf jeden Fall muß Ruelas vor 1609 in Venedig gewesen sein, denn
eine derartige Kenntnis der Kunst Tintorettos wie sie bereits aus dem „Santiago"
hervorleuchtet und sich dann zu wiederholten Malen in seinen Werken bemerkbar
macht, kann er sich nicht in Spanien, sondern einzig in Venedig selbst er-
worben haben.
Von 1609 an nahm Ruelas für mehrere Jahre seinen Wohnsitz in Sevilla. Er
bekleidete dort an der Kirche S. Salvador das Amt eines Presbitero-Capellan. Als
solcher ließ er sich 1612 in die Bruderschaft der Senores sacerdotes seculares de
S. Pedro ad vincula aufnehmen. Zum Dank, daß man ihn umsonst als Mitglied
empfing, malte er für die Kapelle der Hermandad eines seiner gelungensten Werke:
„Die Befreiung Petri." Leider geben die Akten von S. Salvador über die Dauer der
Tätigkeit des Meisters an dieser Kirche keine Auskunft, da aus jenen Jahren nur Tauf-
register existieren, und in diesen Ruelas nicht als amtierender Priester zu finden ist.
1616 verließ der Künstler die Hauptstadt Andalusiens und reiste nach Madrid.
Im folgenden Jahre wurde er von der Junta dem König, Philipp III., an Stelle des
verstorbenen Fabrizio Castelo als Hofmaler vorgeschlagen. Das Schriftstück, vom
1. Juli 1617 datiert, lautet: „Der Geistliche Liz. Juan de Roela (sic) kam vor einem
Jahr aus Sevilla mit dem Wunsch, in diesem Amt (nämlich dem eines Hofmalers)
beschäftigt zu werden, und sein Vater diente Eurer Majestät viele Jahre. Er ist
sehr tüchtig (virtuoso) und ein guter Maler." Doch der Meister hatte kein Glück,
man zog ihm den an zweiter Stelle empfohlenen Bartolome Gonzalez Aller-
höchsten Ortes vor. Dieser, ein wackerer Porträtmaler, konnte vor dem ihm weit
überlegenen Andalusier geltend machen, daß er bereits seit neun Jahren im Dienste
des Königs stand. Er hatte sich das begehrte Amt also ersessen.
Ruelas soll trotz dieses Mißerfolges noch eine Zeitlang in Madrid geblieben sein;
dann kehrte er wieder nach Sevilla zurück. Wahrscheinlich führte er damals das
große Altarbild für die Kirche der Universität aus. Zu seinen spätesten Arbeiten
gehört das große Altarwerk für die Mercenarierkirche in Sanlücar. Bermudez zu-
folge soll Ruelas seine letzten Lebensjahre wiederum in Olivares verbracht haben;
wenn auch die dortige Hauptkirche erst 1627 formell zur Colegiata erhoben worden
sei, so habe Ruelas doch schon 1624 den Titel eines Canonicus erhalten. Damals
nun hätte er die „Geburt Christi" und die „Gründung von Sa. Maria Maggiore" für
die Kirche gemalt. Wie es sich damit verhält, werden wir noch sehen. Palominos
Angabe, der Künstler sei 1620 in Sevilla gestorben, ist sicher unrichtig. Bermudez
behauptet, Ruelas sei am 23. April 1625 in Olivares gestorben.

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