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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Oben erscheint als Halbfigur die Madonna in grünem Mantel mit brüchigen Falten,
die himmlische Krone dem Sterbenden entgegenhaltend. Sie steckt ganz in der
Tiefe des Bildes. Die begleitenden Engel treten mehr nach vorn heraus. Links
sieht man einen Harfe schlagenden und einen Cellospielenden in grün und hell-
rot sowie einen stehenden Putto, der ein Notenbuch hochhält; rechts je einen
himmlischen Violin- und einen Orgelspieler. Dieser sitzt in starkem Kontrapost.
Auch bei diesen beiden steht ein Putto, mit einem Notenbuch, doch ist dieses
Englein etwas verzeichnet. Auf beiden Seiten der Glorie Marias lugen Cherubin-
köpfe hervor. Endlich sieht man noch auf einer zweiten Wolkenbank weiter oben
kleine Englein.
Wegen des Ausdrucks der Figuren, des Adels der Bewegung und des trefflichen
Kolorits namentlich oben wird das Bild von Bermudez sehr gelobt. Es wirkt aber
noch ziemlich bunt und steht den Marienlebenbildern in Olivares nicht allzufern.
Der Kontrast zwischen Licht und Schatten ist noch sehr stark.
Aus dem Jahr 1606 soll die „Anbetung der Könige" im Convento de Sa. Isabel
stammen. Leider ist das Bild, das einen Altar in der Nähe des Chors ziert, so
schlecht beleuchtet, daß man es kaum würdigen kann, zumal auf dem Gemälde
selbst ein starkes Dunkel herrscht. Der Maler hat nämlich die Szene in eine
Dämmerstimmung getaucht. Der Marientyp ist noch nicht der, den wir auf den
späteren Werken des Meisters finden. Der älteste König im Profil kniend und in
weißen, goldgestickten Mantel gehüllt hebt den Deckel von dem Goldgefäß, daß er
als Opfergabe bringt. Unverkennbar hat diese Anbetung später Juan del Castillo
für ein Gemälde als Vorbild gedient. Noch schlechter als die Hauptdarstellung ist
die hl. Familie oben im Tympanon [des Altarwerkes zu erkennen. Joseph reicht
dem Jesuskind eine Frucht.
1609 schuf dann Ruelas eines seiner bedeutendsten Werke, den „Santiago in der
Maurenschlacht", in der Kapelle dieses Heiligen in der Sevillaner Kathedrale.
Über die Vorgeschichte dieses Bildes ist uns das folgende bekannt: Am 16. Februar
1609 faßte das Domkapitel den Beschluß, die Santiagokapelle, wie die dem Tauf-
becken gegenüberliegende1) Cap. de las Angustias mit Retablos zu schmücken.
Die Wahl des Malers wurde anscheinend der Kunstkommission überlassen. Erst
sechs Monate später hören wir wieder etwas von dieser Angelegenheit; am
21. August 1609 wurde die Kommission nämlich beauftragt, sich zusammen mit
Malern über das Santiagogemälde zu informieren und zum Artifice zu gehen. Ge-
meint ist wohl damit, daß die Arbeit des Ruelas abgeschätzt und ein großer, reich-
geschnitzter Rahmen für das Bild bestellt werden sollte. Am 7. September wurden
Verhandlungen über die ornamentale Ausschmückung der Capilla de las Angustias
geführt und am 14. des gleichen Monats beschloß man die Annahme des vom
Lizenziaten Ruelas gemalten Santiago. Zwei Tage später stellte man eine An-
weisung zur Bezahlung von 3000 rs — 102000 mrs an Juan de Rueda für zwei
Altargemälde aus. Am 10. Oktober bescheinigte der Meister den Empfang dieser
Summe. Die Quittung ist doppelt abgefaßt, wohl weil es in der eigentlichen An-
weisung heißt „empfangen von Bart. Gallegos de Herrera" und Ruelas in Wirk-
lichkeit das Geld von Juan de la Fuente ausbezahlt bekam.
Das Gemälde in der Cap. de las Angustias, auch nach den einstigen Besitzern
Cap. de los Jäcomes genannt, stellt eine Pieta dar, Maria mit dem toten Christus
in den Armen. Durch Nachdunkelung und häufige Restaurierung ist das Bild
(1) Das Taufbecken wurde erst am 3. Juni 1656 in der Antoniuskapelle aufgestellt.

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