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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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in zwei Geschosse, von denen das obere nicht nur das Dach, sondern noch einen
Teil der Hochwand umfaßt, eine Teilung, die heute durch eine Balustergalerie der
Renaissancean Stelle einer früheren romanischen Gliederung bewirkt wird. Es ist
dieselbe Anlage des Untergeschosses mit dem Sockel, von dem aus eine Abschrägung
die Verbindung zur inneren Mauerschicht herstellt, mit den zur äußeren Mauer-
schicht gehörenden Bogenstellungen, von denen die zweite und vierte schmäler
sind als die anderen; nur daß in Laitre-sous-Amance an die Stelle des mittleren
Bogens das Portal getreten ist, und an die Stelle der antikisierenden Pilaster
romanische Lisenen, allerdings nicht, ohne daß sich bei den inneren Säulen eine
Erinnerung an die italienischen Formen erhalten hätte. Ja, es ist nicht unmöglich,
daß in Laitre-sous-Amance auch das Obergeschoß ursprünglich turmlos schloß, und
mit Inkrustationen dekoriert war; zeigt es doch dieselbe Schichtung aus kleinen
Steinen, wie sie in Italien der Inkrustation zur Unterlage dient, während das Unter-
geschoß in beiden Fällen die Quaderschichtung hat. Es bleibt sonach gar kein
Zweifel, daß die Fassade in allen wesentlichen und selbst in unwesentlichen Teilen
aus mittelitalienischen Vorbildern abgeleitet ist.
Beim Portal (Abb. 3) sind diese Beziehungen zwar weniger deutlich, aber
immerhin wahrnehmbar. Es muß eigentlich überraschen, daß dieses Portal in der
Literatur unbekannt zu sein scheint, denn in der Harmonie seiner Verhältnisse
gehört es zu den schönsten seiner Epoche. Wie es, breit gelagert, die Fassade
beherrscht, bekommt in ihm die eigentliche Funktion dieser abgestuften Portale,
das allmähliche Hineinführen der Andächtigen in die Kirche, eine lautlose, aber
zwingende Kraft. Schon das Tympanon ist äußerst tektonisch. Es wirkt nur als
abschließender Stein, der durch ein Relief dekoriert wird. Hier darf, wie es im
Wesen der Tektonik des romanischen Stiles überhaupt liegt, die Fläche nicht ge-
sprengt werden, weder durch zu hohes Relief, noch durch zu hastige Bewegungen,
die die figürliche Dekoration zur Hauptsache und das Portal zur Nebensache
machen würden. So thront in der Mitte unseres Tympanons Christus in der Man-
doria, die Rechte segnend erhoben, die Linke auf das Buch gestützt. Neben ihm
auf jeder Seite ein anbetender Engel in strengem Profil, einen Flügel nach hinten
gesenkt, den anderen nach vorn erhoben, in den Ecken zwei knieende Gestalten,
wahrscheinlich Stifter. Alle Formen sind ruhig, die Gewänder, Unterkleid und
Mantel, schlicht und fast faltenlos, nur einmal kommt, bei dem Engel rechts, das
byzantinisierende „Auge" am Mantelzipfel vor. Die Gesichter sind leider völlig
zerstört. Es folgt das eigentliche Gewände, je zwei Säulen zwischen Pfeilern mit
den dazu gehörigen Archivolten. Die Säulen ruhen auf Basen, die wie überzogen
scheinen von einer Art Haube, die sich an den Zipfeln zusammenrollt und so die
Eckblätter bildet. Die Kapitelle sind überall mit Rankenornament dekoriert, und
durch kämpferartige Aufsätze von den Archivolten getrennt. Von diesen selbst ist
die innerste mit Blattgeflecht überkleidet, die folgende setzt mit zwei kleinen, in
ganz flachem Relief aus ihr herausgearbeiteten Männchen an, von denen der linke
möglicherweise ein Schwert trägt — es ist wohl an Petrus und Paulus gedacht.
Es folgt ein Pfeiler, der außerordentlich weit herausgeschoben ist, so daß das fol-
gende Säulenpaar mit seiner Archivolte geradezu als Baldachin wirkt. Das Kämpfer-
ornament der inneren Gewände setzt sich auch hier fort, aber die Säulen beginnen
auf höheren Sockeln, ruhen auf Löwen und sind obendrein auf jeder Seite durch
ein Paar ziemlich stark verstümmelter Stiere von der Archivolte getrennt. Den
äußeren Abschluß bildet das bekannte normannische Zickzackband, das nachträglich
eingesetzt zu sein scheint. Dieses Portal zeigt also gleichfalls eine ganze Reihe

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