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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Meisters, wie die energischen Gesten der Gestalten und vor allem die merkwür-
dige letzte Szene in der Geschichte des Sündenfalles, wo Adam und Eva resig-
niert unter einem Baume sitzen, eine Szene, die sich außerdem nur noch auf den
von Zimmermann 1) dem Antelami zugeschriebenen Kapitellen im Museum in
Parma, hier aber ganz ähnlich, findet. Die Stellung der Stifterpaare unter Arkaden
erinnert an Darstellungen auf den Pfeilern des Baptisteriums in Parma, und der
Stil der Figuren mit ihren fast plissierten Gewändern weist ebenso in diesen
Kreis, wie Bogenschütze und Schleuderer und die Figuren im Fries der Außen-
seite. Nur daß, wie vor allem die Anbringung der Lünette zeigt, nach Kopisten-
art alles ganz unorganisch verwertet ist. In die gleiche Zeit wird man übrigens
nach der Verwandtschaft des kerbschnittartigen Ornamentes wohl auch den
Adelochus-Sarkophag in Straßburg setzen müssen.
In den anderen Portalen des Elsaß ist italienischer Einfluß ebensowenig eine
vereinzelte Erscheinung. Ein ähnliches Portal wie in Andlau muß einmal in Isen-
heim gestanden haben, wenigstens stammt dorther ein Stein im Museum in Kol-
mar, mit dem Flachrelief eines Paares unter einer Arkade, das in der Anordnung
der Gruppe, ebenso wie in der Tracht, im Reliefstil und in der Zeichnung denen
an den äußeren Pfosten von Andlau haarscharf gleicht. 2) Die Portale von Sigols-
heim, Kaysersberg, St. Leodegar zu Gebweiler und Neuweiler aber sondern sich,
wenn sie auch des italienischen Einflusses nicht entbehren, andererseits doch als
scharf umrissene Gruppe ab. Sie charakterisiert sich dadurch, das im Gewände
die Säulen aus der Reihe der Pfeiler, zwischen denen sie stehen, völlig frei her-
ausgelöst sind, daß die senkrechten Pfeilerkanten zu Hohlkehlen abgemeißelt und
diese, mit Ausnahme eines einzigen Portals, mit einer Dekoration von kleinen, in
gleichen Abständen aufeinanderfolgenden Halbkugeln gefüllt sind, die auch in den
entsprechenden Archivolten wiederkehrt. Es ist sehr merkwürdig, daß diese
Gruppe, die, wie St. Nikolaus in Kolmar zeigt, hier bis in die Gotik hinein herrscht,
Ableger im ganzen Maingebiet hat, wo auch das Gnadenportal von Bamberg
die wichtigsten dieser charakteristischen Kennzeichen aufweist.
Innerhalb dieser gemeinsamen Eigenschaften kommen nun alle denkbaren Diffe-
renzen vor, etwa in der Dekoration der Säulen, die in Gebweiler alle Formen des
gedrehten und im Zickzack ornamentierten Schaftes haben, während das Portal
von St. Peter und Paul in Neuweiler glatte Schäfte und die eigenartigen Basen,
ebenso wie manche Kapitellformen von Laitre-sous-Amance hat. Ebenso variiert
die Intensität der Aufnahme italienischer Elemente. Das reiche Portal von Geb-
weiler, von dem wir eben sprachen, hat die Bandverschlingungen der langobar-
dischen Kunst, die auch sonst im Norden häufig vorkommen. Am Portal von
Sigolsheim tragen die Säulen sehr energische Kämpfer, deren Flächen durch kräf-
tig abgesetzte Kanten begrenzt sind, wie bei den Kämpfern am Südportal des
Domes von Verona, und sein schon als Motiv italienisierender Türsturz trägt
Evangelistensymbole in Kreisen wie S. Ambrogio in Mailand und S. Silvestro
in Nonantola. Dazu kommt der Figurenstil der Lünette, der vollkommen von
Andlau abhängig ist. Als Monument dörflicher Kunst ungemein interessant ist das
Portal von Kaysersberg. In der Konstruktion abhängig von dem in Sigolsheim, ist
es wahrscheinlich erst am Anfang des XIII. Jahrhunderts geschaffen worden,
wenigstens deuten darauf einige Archivoltenprofile und der Skulpturenschmuck,
(x) Oberitalienische Plastik, Leipzig 1897, S. iio f.
(2) Abb. bei Kraus, Kunst und Altertum in Elsaß-Lothringen, II, Taf. 6.

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