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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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seines Gleichen und der Bearbeiter Dr. Fritz Trau-
gott Schulz hat es mit seltenem Geschick ver-
standen, dies Hausbuch immerfort wieder von
Neuem reizvoll und lesbar zu gestalten. Ebenso
ist das Abbildungsmaterial ganz vortrefflich, der
einzige Wunsch wäre vielleicht der, plastische
Sachen wie z. B. Deckenstuck um ihres Charakters
als Handantragarbeit willen lieber in Lichtdruck
darzustellen, da Autotypien doch nur schwer die
feinen Eindrücke des Modellierholzes wiedergeben.
Besonders beachtenswert für alle sich mit In-
ventarisieren Beschäftigenden erscheint mir der
Arbeitsplan, aus dem folgendes teilweise wörtlich
entnommen sei:
Zunächst höchst dankenswert das Einteilen nach
den alten (8) Stadtvierteln nach dem Plane von
Lotter-Seutter (um 1730.) Die Häuser werden nach
Hausnummern geordnet beschrieben; bei jedem
genaueste Quellenangaben mit Nennung der
betreffenden Stelle. (Die vielfach eingerissene
Methode, nur in einem besonderen Verzeichnis
die Titel der benützten Werke anzugeben, halte
ich für vollkommen verfehlt. Der wissenschaftliche
Arbeiter ist dann gezwungen, viele Zeilen unnütz
und zeitraubend zu lesen, um eine Stelle finden
zu können). Ebenso werden alle alten bekannten
Abbildungen wiedergegeben. Eine ebenfalls höchst
dankbare Maßnahme! Im Einzelnen wird jedes
Haus, zunächst im Äußeren, vom Keller bis ins
Dach beschrieben, ebenso beim Inneren in gleicher
Weise vorgegangen, in Lageplan, Grundriß und
Schnitt das Ganze erläutert, daneben alle bemer-
kenswerten Einzelheiten abgebildet und besprochen.
Zum Schlüsse der Hof. Den Nürnbergern geht
es ähnlich wie den modernen Großstädtern. Die
Enge der Festungsstadt machte ein Hausgärtchen
zu einem unerschwinglichen Objekt, daher die
meisten Patrizier ihre Gärten vor den Toren hatten.
Auch Straßen und Platzbild wird eingehend an
Hand alter, wie neuer Abbildungen beschrieben,
ein Verfahren, wodurch vielfach erst die Bedeutung
des Einzelbaues im Ganzen, als wichtiges Glied
des Straßenbildes sich ergibt und womit die Er-
kenntnis sich einstellt, daß es ohne Not nicht
fehlen (abgebrochen oder stark verändert werden)
sollte. Auf diesen wichtigen Gesichtspunkt des
Buches möchte ich ganz besonders hinweisen,
ihm wird in unseren Inventaren viel zu wenig
Bedeutung beigemessen, sie sind noch immer zu
sehr systematisch und chronologisch. Die beiden
ersten Lieferungen des Buches bringen aus dem
Milchmarktviertel: die Agnesgasse, den Albrecht-
Dürer Platz und die gleichnamige Straße. Be-
kannte Bauten dieses Bezirkes sind der Sebalder

Pfarrhof mit seinem hübschen Chörlein, das vor-
nehme Anwesen des Albrecht Dürer Platzes No. 16
aus dem Ende des XV. Jahrhunderts und das ehr-
würdige Wohnhaus Dürers selbst, dessen Bau-
und Besitzgeschichte naturgemäß weiteres Interesse
beansprucht und demgemäß ausführlicher behandelt
ist. Für die Beschreibung von 28 alten Gebäuden
einschließlich der genannten Straßen und Plätze
sind 96 Seiten zweispaltiger Text, sowie 125 Ab-
bildungen verwandt, so daß einstmal das fertige
Ganze ein stattliches Prachtwerk werden dürfte.
Man darf den weiteren Lieferungen dieses Buches
mit größtem Interesse entgegensehen und wir
wünschen der Sache, dem Hausbuche der lieben
alten Stadt Nürnberg, überall die regste Verbreitung
und Nachahmung. Adolf Zeller.
OLGA VON GERSTFELDT UND ERNST
STEINMANN,Pilgerfahrten inItalien,
L. 80 (VIII, 390) mit II Taf. Leipzig, 1910.
Klinkhardt & Biermann. Geh. M. 6.—,
geb. M. 8.—.
Ja, es war nur eine Pilgerfahrt von kurzer Dauer,
voll heiliger Andacht und Ergriffenheit über die
reichen, großen Eindrücke des gemeinsamen Weges
und von jener Entrückung über alles Vergäng-
liche und Kleinliche, welche nur großen und tief-
angelegten Naturen eigen ist. Nun sie zu Ende,
zieht der eine der Weggenossen einsam seine
Straße weiter; in seinem schweren Leid rekapitu-
liert er noch einmal die schönsten und ertrag-
reichsten Stationen dieser gemeinsamen Pilger-
fahrt durch das Land und die Ideale der beider-
seitigen Träume und Studien. Mit schmerzlicher
Wehmut legt man dieses Erinnerungsbuch aus
der Hand. Es ist ein letzter Gruß übers Grab
hinaus: in einem Bande das Beste gesammelt, das
Mann und Frau getrennt gestaltet und vereint ge-
nossen; die letzten Blüten, die ein Unglücklicher
aus dem köstlichen Garten noch zusammenrafft,
nachdem der Schicksalssturm darüber gerast und
all die Rosen eines kurzen Sommers unwiderbring-
lich vernichtet, und sie am Fuße der Cestiuspyra-
mide niederlegt. Das Geschick, das Olga von
Gerstfeldt, die Gattin des bekannten Kunsthistorikers
mitten aus reichem Schaffen hinwegholte, ist un-
sagbar tragisch: mitten aus langersehntem, nach
schmerzlichen Jahren erlangtem Glück, nach kurzem
Glücksempfinden, wurde sie jetzt gerade vor einem
Jahr hinweggerafft; es ist tief schmerzlich für das
geistig gesellige Leben in Rom, wo sie, dank ihrer
erstaunlichen und vielseitigen Sprachgewandtheit,
ihrer hohen musikalischen und gesanglichen Be-

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