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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Verein mit den zwei Engeln den ii. Vers: „und
ihnen wurde gegeben einem Jeglichen ein weißes
Kleid." Die Putten werden im nächsten Augen-
blick den im Halbkreis stehenden nackten, männ-
lichen und weiblichen Gestalten erscheinen. Diese
sind so phantastisch gedacht, daß man zunächst
meinen könnte, Geister trieben da ihr Spiel!
So ist die Idee von der verfolgten Gemeinde
Jesu, die ihr Leben opfern mußte, durch den
Pinsel festgehalten und angedeutet, daß die Zeit
der himmlischen Erhöhung Christi zunächst nicht
Friede, Freude und Herrlichkeit bringe, sondern
Tod, Not und Leid. Die sieben Märtyrer im Bilde
sollen noch „ruhen eine kleine Zeit, bis daß voll-
ends dazu kämen ihre Mitknechte und Brüder."
Die Komposition ist traumhaft-visionär. In einem
Augenblick gesteigerter Empfänglichkeit hat Greco
dieses Phänomen geschaut. Rasch ward es ver-
schwunden. „Es war einmal", und seine Seele
durchzuckte die Empfindung von etwas Unerhörtem.
Man möchte gern Greco bei seiner Arbeit gesehen
haben. Wie mag sein Pinsel leidenschaftlich er-
regt über die Leinwand hingehuscht sein! Die
ganze meisterhafte Verve seines Pinsels tritt in
die Erscheinung. Mit ein paar Licht- und Farben-
flecken umgreift er seine ganze Vorstellungswelt.
Die Helligkeiten sind aus den Dunkelheiten her-
aus entwickelt. Die letzte Grenze seines über-
treibenden Spätstiles, seiner lichtvisionären Malerei
ist erreicht. Ein darüber Hinaus scheint überhaupt
nicht erstrebt werden zu dürfen. Es ist nicht zu
vergessen, der Mystiker Greco hat eine urchrist-
liche Vision auf die Leinwand gezaubert. Zu ihrer
Darstellung hat er jener außergewöhnlichen Mittel
bedurft, die seinen Spätstil konstituieren.
Alles lebt und lärmt im Bilde. Das dreieckige
Gewandstück des Johannes kriecht einem Lebe-
wesen gleich über den kalten, kastilischen Granit-
boden dahin, die Stellung der fünf Figuren im
Halbkreis vorbereitend. Die stürmischen Wolken
— es sind die Wolken des „jüngsten Tages" —
umbrausen die schwere Gewandung, „la inmensa
y pesada tela", die wie von Geisterhand gehalten
den Mittelgrund vom Hintergrund absperrt.
So hat noch keiner vor und nach Greco das
Apokalyptische mit geisterhaft-zitternden Händen
gepackt. Das Bild ist ein klassisches Beispiel für
Grecos schöpferische Erfindungskraft, um die ihn
Velasquez beneidete. Es wird nach dem „Laokoon"
entstanden sein, sagen wir, um eine runde Zahl
zu nennen, um 1610, also vier Jahre vor Grecos
Tod. Hugo Kehrer.

Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 7

CONRAD FABER, der Meister der
Holzhausen-Bildnisse.
In meinem Aufsatz über Martin Heß (Repertorium
für Kunstwissenschaft XXXI, 1908, S. 443), in
dem ich die Werke des Meisters der Holzhausen-
Bildnisse zusammenstellte, schlug ich vor, dem
Künstler, um eine (schon vorgekommene) Ver-
wechslung mit dem Meister des Holzhausen-Bild-
nisses, dem Frankfurter Dürerschüler zu vermeiden,
nach einer vermutlich so zu lesenden Signatur
den Monogrammisten C. v. C. zu nennen. Im An-
schluß daran wies Heinz Braune (Monatshefte
für Kunstwissenschaft II, 1909, S. 582) darauf hin,
daß in der von Gwinner zusammengestellten Liste
der Frankfurter Künstler ein Conrad (Faber) von
Creuznach figuriere, der vielleicht mit dem Meister
C. v. C. identisch sein könne. Karl Simon hat dann
(Monatshefte IV, 1911, S. 127 f.) zusammengestellt,
was wir aus den Urkunden über diesen Conrad
von Creuznach wissen, daß er 1538 (nicht 1537,
wie Gwinner meinte) durch Heirat das Frankfurter
Bürgerrecht erlangt habe und daß er mit Patrizier-
geschlechtern in Beziehung gestanden sein muß.
Braunes hypothetische Identifizierung hält er für
einleuchtend, aber nicht zwingend und glaubt dar-
auf als auf eine entgegenstehende Schwierigkeit
hinweisen zu müssen, daß der Name stets in der
Form Conrad Faber, nie in der zu erwartenden
Conrad von Creuznach in den Urkunden erscheint.
Ich glaube jetzt in der Lage zu sein, noch auf
andrem Wege wahrscheinlich zu machen, daß der
Meister der Holzhausen-Bildnisse, der Monogrammist
C. v. C., wirklich Conrad Faber ist.
Von Conrad Faber kannten wir bisher schon
eine sichere Arbeit: er hat 1552 die denkwürdige
Belagerung Frankfurts im Schmalkaldischen Krieg
in einem großen gezeichneten Stadtplan festge-
halten, der nach seinem Tode 1553 von Hans Grav
in Holz geschnitten und von Christ. Egenolff ge-
druckt worden ist (vgl. Gwinner, Kunst und Künst-
ler in Frankfurt, Frankfurt 1862, S. 68 ff. und
Frankfurter Chroniken und annalistische Aufzeich-
nungen der Reformationszeit, hrg. von Dr. R.Jung,
Frankfurt 1888, Quellen zur Frankfurter Geschichte,
Band 2, S. 518). Nun befindet sich unter den
Porträts, die der Meister C. v. C. von Mitgliedern
der Familie Holzhausen gemalt hat, und die z. Z.
mit den andern Gemälden aus Holzhausenschem
Familienbesitz leihweise dem Frankfurter Städel-
schen Institut übergeben worden sind, ein Doppel-
porträt, das Justinian von Holzhausen (1502—1553)
mit seiner Gattin Anna von Fürstenberg (1510 bis
1573) darstellt. Im Hintergründe des Bildes, in der
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