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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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die ihm vielleicht unter die Augen kamen, führten ihn aber nicht zu dem Schlüsse,
daß ein Original des Meisters vorhanden sei, weil die Komposition ja mit mit dem
so bewunderten Engel bis auf die Bewegung des rechten Armes übereinstimmte1).
Ein hl. Johannes in der Wüste ist m. E. von Leonardo nur gezeichnet worden,
wie auch von der Leda nur ein Karton von der Hand des Meisters existiert
haben wird.
* *
*
Herr Dr. E. v. Meyenburg hatte die Freundlichkeit, mich bei meinem Aufenthalte in Basel auf
die Bedeutung eines Artikels von Emil Jacobsen aufmerksam zu machen, den ich daselbst
in Eile exzerpieren konnte und der Korrektur meines Aufsatzes anfüge. Bei einer Besprechung der
italienischen Bilder des Louvre im Rep. f. Kw. 1902 kam der dänische Forscher S. 284h und 288 zu
Resultaten, die meinen eigenen in mehr als einem Punkte entsprechen. Die von Müller-Walde als
erste Redaktion des Johannesbildes benannte Komposition sei laut dem Zeugnis der Schülerzeichnung
wirklich ein Engel gewesen. Das Bild bei Waters entspreche genau der Beschreibung, welche Vasari
von einem Engel des L. gebe, so daß höchstwahrscheinlich der Meister einen Verkündigungsengel (!)
gemalt habe, den Schüler unpassenderweise zu einem Johannesbild umgestalteten. Das Bild des Louvre
möchte J. mit dem von Beatis gesehenen identifizieren, obwohl es sich um ein von Leonardo nur
überarbeitetes Werk des Melzi handle. Die Notiz des Anon. Gaddiano über einen Johannes B. des
Leonardo beziehe sich wahrscheinlich auf den Bacchus des Louvre, der zwar nicht von L. gemalt,
aber von ihm selbst (!) einem (fingierten!) geistlichen Besteller zuliebe, wegen der Nacktheit zu dem
heidnischen Gotte, umgestaltet sei, den schon der Zeitgenosse (!) Giraldi als Werk Leonardos besinge.
— Mein Arbeiten fern von einer größeren Bibliothek und die dem Aufsatz des scharfblickenden
Forschers leider nicht gerecht werdende Notiz bei v. Seidlitz, II. 297, mögen entschuldigen, daß
ich diese inhaltreichen Ausführungen nicht von vornherein beachtet habe.
(1) Daß Vasari hingegen die gleichfalls nur in Kopien von ihm gesehene Mona Lisa ausführlich als
Werk des L. beschreibt, erklärt sich aus dem großen Rufe, den dieses Werk in Florenz, wo es ge-
schaffen war, naturgemäß besaß.

Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 12

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