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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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nombre de belles tetes en pierre, provenant des statues jetees en bas de la cathe-
drale de Strasbourg lors de la Terreur.
Von diesen Köpfen befindet sich heute ein Teil im alten Schloß, ein Teil im
Frauenhaus, und ein Brief von Rudolf Reuß, den 1906 der damalige Kustos der
Elsässischen Altertumssammlung auf Befragen erhielt, gibt uns genauen Aufschluß,
wie die Fragmente dahin gelangt sind. Es heißt da:
„... Die von Ihnen auf der Stadtbibliothek gesehenen Skulpturreste sind authen-
tische Trümmer der Münsterfassade, welche 1793 vandalisiert worden. Sie werden
darüber das Nötige in meiner Cathedrale de Strasbourg, S. 462 — 466 finden, wo
auch die Hinweise auf Hermann, Notices I, S. 382 — 384 zu lesen. Die ersten
Bilder, die großen des Portals, wurden behutsam von dem Municipal Gerold
losgetrennt und glücklich beiseite geschafft, denn die Mehrzahl im jakobinischen
Gemeinderat war gegen die Zerstörung. Prof. Joh. Hermann, der berühmte Natur-
forscher, dessen Aufzeichnungen über die Revolutionsepoche ich voriges Jahr her-
ausgegeben, richtete an denselben ein Gesuch, diese Denkmäler dem Beschluß des
Konvents gemäß als Zeugen der Vergangenheit aufbewahren zu lassen, und als
dann auf das Drängen Monets die höher angebrachten Statuen, soweit erreichbar,
heruntergerissen wurden und dabei zerbrachen, hat der besagte Professor
diese Trümmer, wenigstens die Köpfe, gesammelt und mit lateinischen Epigram-
men auf die Bilderstürmer versehen (die sein Bruder, der Jurist, in den Notices
teilweise abgedruckt hat) und dieselben später in die von J. J. Oberlin zusammen-
gestellte Bibliotheque de l'Ecole centrale niedergelegt, von wo sie an die Stadt-
bibliothek übergingen, woselbst sie über ein halbes Jahrhundert im Erdgeschoß
des Chors der Neuen Kirche bei den andern steinernen Kuriosa der Straßburger
Vergangenheit zu sehen waren".
Diese Kirche — Dominikanerkirche, Temple neuf — wurde bekanntlich im Kriegs-
jahr 1870 in Brand geschossen. Es ist heute erwiesen, daß dies infolge eines Irr-
tums geschah, weil auf den dem deutschen Militär zur Verfügung stehenden fran-
zösischen Generalstabskarten das Gebäude fälschlich als „mairie" bezeichnet war,
daß man deshalb mit Unrecht den Belagerern oft den Vorwurf der Barbarei ge-
macht hat!
„Beim Brande der Bibliothek unter dem ungeheuren Trümmerhaufen verschüttet,
kamen diese Überreste merkwürdigerweise zum Teil wenigstens noch verhältnis-
mäßig erhalten zum Vorschein, und was nicht vom Feuer zu sehr verbrannt oder
von den Steinen der Wände zu sehr verletzt war, wurde vorerst beiseite gestellt
und dann von mir 1872 als Eigentum der alten Bibliothek mit den anderen Reli-
quien derselben... für die neue Stadtbibliothek in Besitz genommen....".
An diesem Ort aber scheint man sich damals des Kunstwertes dieser Trümmer
nicht bewußt gewesen zu sein. Zufällig erkannte Professor Ficker eines Tages in
einem Stein, mit dem Kinder im Hofe der Stadtbibliothek Kegel spielten, einen der
mittelalterlichen Köpfe, über die ihm dann Reuß die Auskunft gab in dem Briefe,
aus dem ich oben einige Sätze wiedergab. So wurde daraufhin die Überführung
der Köpfe ins Elsässische Altertumsmuseum veranlaßt und ein Teil von ihnen in
einer Mappe veröffentlicht, die 1907 im Auftrag der Gesellschaft für Erhaltung der
geschichtlichen Denkmäler im Elsaß herausgegeben wurde. (Daselbst, Tafeln 6 und 7.)
In dieser Publikation aber sind die bereits eingangs von uns erwähnten und hier
abgebildeten Köpfe übergangen. Diese zeigen Spuren der Demolierungen des
Schreckensjahres 1793 sowohl, wie auch des Brandschadens von 1870 (Schlacken-
reste). Dennoch hat der eine wenigstens kaum etwas von seiner alten Form ver-

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