Prozession vor den Altar des heiligen Marcus; an dieser geweihten Stätte nimmt die
blonde Frau im schwarzen Witwenkleide die Krone Cyperns von ihrem Haupte und legt
sie „als freiwilliges Geschenk" in die greisen Hände des Dogen Agostino Barbarigo
nieder.
Vierter Akt: Caterina, gewohnt an „königliche Lebensführung und königliche
Ehren"1), zieht sich in die trevisaner Mark nach dem freundlichen Asolo zurück,
das ihr die Republik als Geschenk verehrte, und lebt hier nunmehr den Rest ihrer
Tage, umgeben von Kavalieren, Poeten und lachensfrohen Mädchen als Fürstin
eines Musen- und Minnehofes. Wenn Jünglinge und Jungfrauen zwischen den
schattenden Lorbeerbäumen oder den dunklen Ginsterbüschen des Schloßparkes2)
in klugen Reden das Wesen der Liebe zu ergründen suchen, nacktes Begehren ins
Gewand der Philosophie kleidend, so lächelt Caterina, milde verstehend; sie selbst
aber bleibt kalt gegenüber dem Locken fremder Gluten und der eigenen Sinne,
verteilt Almosen unter die Bedürftigen und liest die Schriften heiliger Väter. —
Fünfter Akt: Die Verbündeten von Cambray haben der Republik Verderben
geschworen, von allen Seiten ziehen Heerhaufen heran, vor Padua liegen
die Kaiserlichen, das Toben des Kampfes verscheucht die Troubadoure aus
den Hainen Asolos, erschreckt flüchtet Caterina nach Venedig, die Tochter zur
Mutter, und hier, im Familienpalast der Cornari bei San Cassiano, stirbt am 10. Juli
des Jahres 1510 Caterina, „per la Dio gracia Reina di Jerusalem, Cipri et Armeniae",
Aphrodite kehrt zum Olymp zurück, von dem sie herabgestiegen war, um in Gestalt
dieser Venezianerin noch einmal der meerumrauschten Heimat zu gebieten ").
So ist mehr als einmal gesagt und geschrieben worden; aber glich Caterina
wirklich der goldenthronenden Göttin, war sie das Ebenbild der „Freundin des
Lächelns"? Liest man den ans Hohe Lied gemahnenden Hymnus, in dem der
asolaner Chronist Colbertaldo 4) ihre Reize gefeiert hat, müßten wir es um so
eher glauben, als doch auch Giacomo II. beim Anblick von Caterinas Porträt be-
teuerte, niemals ein weibliches Wesen von solcher Herrlichkeit gesehen zu haben.
Aber Superlative standen bei den Schriftstellern des Cinquecento nicht gerade hoch
im Preise, und jenes Bildnis, das Dario da Treviso5) zum Maler hatte, ist ebenso
(1) S. Bembo op. cit: p. 26 . . . „siccome donna in vita regale e in regali onori avvezza" . ..
(2) S. die Beschreibung des Parkes bei Bembo: „Gli Asolani." Milano 1808. Lib. I, p. 12 — 14.
(3) S. Giblet: „Historie de' re' Lusignani." Bologna 1647, p. 704: „Veniva per la sua bellezza mirata,
ed ammirata, come cosa sopranaturale, e costumavano di dire, che Venere era di nuovo ritornata
in Cipro . . ."
(4) Ant. Colbertaldo: „Istoria di Catarina Cornaro, Regina di Cipro", Ms. der Marciana in Venedig, It.
C1. VII. Cod. VII. Cit. bei Carrer, „Anello di sette gemme". Venezia MDCCCXXXVIII, p. 126 mit
folgender Einschränkung: „Non sono forse le stesse parole del testo, ma cangiate di poco, per quanto e
indispensabile, a chi ripete a memoria" . . . „era la fronte affatto simile a un chiaro cielo, le guancil
che non punto invidiavano il vermiglio alle rose, le labbra, o piü presto coralli, e i denti non
inferiori di pregio alle perle. Vinceva il collo la neve; nere, vaghe, lucide erano le ciglia; e dagli
occhi si partiva quello stesso Splendore che da due ardenti stelle. Non era il velo si pienamente atto
a nascondere il ben tornito seno che alcuna parte non ne trasparisse; e oltre a cio le aurate chiome,
involte da rete di colore somigliante, aggiungevano ornamento alla testa; per guisa che il re, non
appena fermö gli occhi sulla pittura, dovette apertamente confessare, nessun altra pulzella essergli
stata veduta sino a quell' ora che a quella si potesse paragonare . . ." Colbertaldo, dessen „Historia
di Catterina Cornelia regina di Cipro" in mehreren Abschriften erhalten ist, verfaßte oder besser dichtete
diesen Panegyricus freilich erst ungefähr achtzig Jahre nach Caterinas Tode. S. Paladini: „Asolo e il
suo territorio." Asolo 1892, p. 105.
(5) S. über Dario da Treviso, den Colbertaldo als „pittore chiarissimo" preist, die Studie von Giuseppe
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blonde Frau im schwarzen Witwenkleide die Krone Cyperns von ihrem Haupte und legt
sie „als freiwilliges Geschenk" in die greisen Hände des Dogen Agostino Barbarigo
nieder.
Vierter Akt: Caterina, gewohnt an „königliche Lebensführung und königliche
Ehren"1), zieht sich in die trevisaner Mark nach dem freundlichen Asolo zurück,
das ihr die Republik als Geschenk verehrte, und lebt hier nunmehr den Rest ihrer
Tage, umgeben von Kavalieren, Poeten und lachensfrohen Mädchen als Fürstin
eines Musen- und Minnehofes. Wenn Jünglinge und Jungfrauen zwischen den
schattenden Lorbeerbäumen oder den dunklen Ginsterbüschen des Schloßparkes2)
in klugen Reden das Wesen der Liebe zu ergründen suchen, nacktes Begehren ins
Gewand der Philosophie kleidend, so lächelt Caterina, milde verstehend; sie selbst
aber bleibt kalt gegenüber dem Locken fremder Gluten und der eigenen Sinne,
verteilt Almosen unter die Bedürftigen und liest die Schriften heiliger Väter. —
Fünfter Akt: Die Verbündeten von Cambray haben der Republik Verderben
geschworen, von allen Seiten ziehen Heerhaufen heran, vor Padua liegen
die Kaiserlichen, das Toben des Kampfes verscheucht die Troubadoure aus
den Hainen Asolos, erschreckt flüchtet Caterina nach Venedig, die Tochter zur
Mutter, und hier, im Familienpalast der Cornari bei San Cassiano, stirbt am 10. Juli
des Jahres 1510 Caterina, „per la Dio gracia Reina di Jerusalem, Cipri et Armeniae",
Aphrodite kehrt zum Olymp zurück, von dem sie herabgestiegen war, um in Gestalt
dieser Venezianerin noch einmal der meerumrauschten Heimat zu gebieten ").
So ist mehr als einmal gesagt und geschrieben worden; aber glich Caterina
wirklich der goldenthronenden Göttin, war sie das Ebenbild der „Freundin des
Lächelns"? Liest man den ans Hohe Lied gemahnenden Hymnus, in dem der
asolaner Chronist Colbertaldo 4) ihre Reize gefeiert hat, müßten wir es um so
eher glauben, als doch auch Giacomo II. beim Anblick von Caterinas Porträt be-
teuerte, niemals ein weibliches Wesen von solcher Herrlichkeit gesehen zu haben.
Aber Superlative standen bei den Schriftstellern des Cinquecento nicht gerade hoch
im Preise, und jenes Bildnis, das Dario da Treviso5) zum Maler hatte, ist ebenso
(1) S. Bembo op. cit: p. 26 . . . „siccome donna in vita regale e in regali onori avvezza" . ..
(2) S. die Beschreibung des Parkes bei Bembo: „Gli Asolani." Milano 1808. Lib. I, p. 12 — 14.
(3) S. Giblet: „Historie de' re' Lusignani." Bologna 1647, p. 704: „Veniva per la sua bellezza mirata,
ed ammirata, come cosa sopranaturale, e costumavano di dire, che Venere era di nuovo ritornata
in Cipro . . ."
(4) Ant. Colbertaldo: „Istoria di Catarina Cornaro, Regina di Cipro", Ms. der Marciana in Venedig, It.
C1. VII. Cod. VII. Cit. bei Carrer, „Anello di sette gemme". Venezia MDCCCXXXVIII, p. 126 mit
folgender Einschränkung: „Non sono forse le stesse parole del testo, ma cangiate di poco, per quanto e
indispensabile, a chi ripete a memoria" . . . „era la fronte affatto simile a un chiaro cielo, le guancil
che non punto invidiavano il vermiglio alle rose, le labbra, o piü presto coralli, e i denti non
inferiori di pregio alle perle. Vinceva il collo la neve; nere, vaghe, lucide erano le ciglia; e dagli
occhi si partiva quello stesso Splendore che da due ardenti stelle. Non era il velo si pienamente atto
a nascondere il ben tornito seno che alcuna parte non ne trasparisse; e oltre a cio le aurate chiome,
involte da rete di colore somigliante, aggiungevano ornamento alla testa; per guisa che il re, non
appena fermö gli occhi sulla pittura, dovette apertamente confessare, nessun altra pulzella essergli
stata veduta sino a quell' ora che a quella si potesse paragonare . . ." Colbertaldo, dessen „Historia
di Catterina Cornelia regina di Cipro" in mehreren Abschriften erhalten ist, verfaßte oder besser dichtete
diesen Panegyricus freilich erst ungefähr achtzig Jahre nach Caterinas Tode. S. Paladini: „Asolo e il
suo territorio." Asolo 1892, p. 105.
(5) S. über Dario da Treviso, den Colbertaldo als „pittore chiarissimo" preist, die Studie von Giuseppe
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