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Mothes, Oscar [Hrsg.]
Illustrirtes Bau-Lexikon: praktisches Hülfs- u. Nachschlagebuch im Gebiete d. Hoch- u. Flachbaues, Land- u. Wasserbaues, Mühlen- u. Bergbaues, d. Schiffs- u. Kriegsbaukunst sowie d. mit d. Bauwesen in Verbindung stehenden Gewerbe, Künste u. Wissenschaften ... (Band 2): C bis G — Leipzig, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.37489#0389
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Irührenaissance 379 Arüßrenaissance


1460 und 1525 entstandenen Bauten bilden ein Mittel-
glied zwischen F. und Spätgothik. Die nächste Stufe be-
zeichnet eine Reibe Bauten, entstanden zwischen 1490 und
1540, an denen bereits, immer unter vollständiger Bei-
behaltung des mittelalterlichen Hauptcharakters, sowie der
meisten Großdetails, z. B. derinFasen gestellten Ecksäulen,
der sogar ziemlich gehäuft angewcndeten Simsüberkreu-
zungcn statt der Gehrung, der steilen Abwässerungen, der
Vorkragungen rc., doch in den Kleindctails fast durch-
gängig, in den Großdetails hin und wieder, direkt antike
Formen zuNnwcndung kommen, anderwärts, doch indirekt,
der antike Einfluß sich zeigt, z. B. in der Besetzung der
Giebelstaffeln mit Rundgiebeln, Ersetzung der Fialen

Als Beispiele sind anzufnhren das Untergeschoß des Schlos-
ses zu Gaillon, von Fra Giocondo um 1500 ansgeführt
(s. Fig. 1775), der herzogliche Palast zu Nancy (s. Fig.
1766) u. der von Meister Hector Sohier 1521 begonnene
Chor von St. Pierre in Caön (Fig. 1778). Es erhieltsich
diese Richtung bis um 1535. — ä) In Sp anien war der
Kampf der Gothik gegen die Renaissance ein sehr hart-
näckiger. Einerseits finden sich gothische Bauten bis um
1550, anderseits zeigen schon das 1494 begonnene Portal
des OollkAio ina^or äo 8anta Orem in Valladolid und
andere Bauten derselben Zeit eine höchst pikante Mischung
gothischer Hauptdisposition u. maurischer Reminiscenzen
mir antiken Elementen, u. in den Kleindetails ein buntes
Ragout aus diesendrei Stilen, welches
aber durch die ungemeine Eleganz u.
Feinheit der Ausführung, durch die
gleichmäßig liebevolle Behandlung der
Formen, durch den reinen u. graziösen
Schwung der Linien überaus be-
sticht. Diese Richtung, mit dem Namen
argnitsetura plal6r686a belegt, er-
hielt sich hier und da bis nach 1560 in
Geltung. — s) In England machen
sich schon um 1540 einzelne antikisirende
Details zwischen den mittelalterlichen
Formen geltend, aber während schon zu
Endedes 16. Jahrh.die II. Periode hier
u. da eingetreten ist,zeigen sich noch bis
zum Ende des 17.Jahrh. gothische De-

Fig. 1776. St. Pierre in Caen-

Fig. 1777. Aus Lüttich.

durch Obelisken auf Postamenten oder durch mit Kugeln
bekrönte Cylindcr oder Kegel re. Vgl. d. Art. Dcutsch-
renaissancc nebst Fig. 1387 und 1388. — o) In Frank-
reich wurde die Renaissance, so viel bis jetzt bekannt, 1496
durch Fra Giocondo ausJtalicn eingeführt; während dort
schon dicPeriode II (s.unten) angebrochen war, zeigte sich
in Frankreich der Einfluß der Gothik noch so stark, daß
völliges Verdrängen selbst der gothischen Kleindetails nicht
sofort gelang. Zunächst wurden die Mäßwerksfüllungen
mitantikisirenden Ornamenten besetzt, in die Wimbergen
Muschelnischen eingefügt,auch wohlKapitäle korinthisirend
verziert, dann die Fialen durch kandelaberähnliche Bil-
dungen ersetzt, Zahnschnitte in die Simse Angeschnitten re.

tails zwischen den Formen der Renaissance; s. Llmabs-
tRanst^le.—I) In Belg ienu.d. Nieder! and enscheint
die F. nur wenig später als in Frankreich cingcdrungen
zu sein; die I. Periode derselben währt hier ungefähr bis
1540 u. charakterisirt sichinähnlicherWeisewieinDeutsch-
land und Frankreich bes. durch eine, hier freilich oft etwas
plumpe Umgestaltung der Giebelstaffeln u. ihrer Fialen-
besetzung, sowie durch Einfügung antikisirender Details in
den Portalen, Fenstern re., hier u. da aber auch nur durch
größere Betonung der Horizontaltheilung und Ersetzung
der Pfeiler durch dockenähnliche Säulen. Als Beispiel
geben wir in Fig. 1777 einen Theil des Hofs im erzbischöf-
lichen (jetzt Justiz-) Palastzu Lüttich, erbaut 1508—1540.
 
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