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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 16.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.25836#0271

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Jri Wcirschau erschcint jetzt soqar auch eine „gebeime musika-
liscke Zeitung". Es gibt in vielen Städten Dcutschlands Tondichter,
welche Jahr aus Jabr ein componiren, obne daß es ihnen gelängc, etwas
zur Aussübrung zu bringen. Also fort nach Warschau, dort ist der Ort
für geheime Musik!

Das in Leipzig befindliche Comitü zur Feier des großen Scklachttages
erbielt dieser Tage von eincm Müllcr der kkmgegend ein Paket, enthaltend
cine klcine, ganz eingetrocknete Semmel, mit dem Beifügen, dieselbe sei
in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober 1816 gebacken worden! —
Jn der That eine interessante Semmel! Damals ging's um Leipzig
übcrall heiß ber, in und ausser den Backöfen. Alle politischen Vereinc
sollten so ein Sckaustück erwerbcu könncn und von Zeit zu Aeit Betracht-
ungen darüber anstellen, das wäregar keine üble politische Semmelkur.

Der bekannte radikale Profesfor Arnold Ruge hielt unlängst in
Hamburg einen Vortrag, nnter dem Titel: „Wie steht's jetzt und wie
wird's weitcr gehcn?" Der wackcre Profcssor entwickelte jedock nur das
crstere Thema und erklärte in Bezug auf den zweiten Theil, daß sich für
die Zukunft nichts prophezeien lasfe. Jedenfalls sehr bequem! Uebrigcns
gehört Herr Ruge zu jenen ganz Gescheidten, die weder mit dem Na-
tionalvcrein, noch mit den Großdeutschen einverstanden sind. Jn der Mitte
liegt aber entwedcr geistigc Jmpotenz oder — Partcinahme für die Revo-
lution. Herr Ruge räth den Deutschen und besonders den Prcußen, sich
der letzteren in die Arme zu werfen, denn „die Revolution, sagt er, wagt
Napoleon nickt anzugreifen!" Wirklich kostbarer Blödsinn eines in Wildheit
verfallenen Professors! Als ob es keinen zweiten Dezember gegeben bätte!

Ciu wenn nicht neuer, so doch gewih seltener Prozeß kommt nächstens
in Paris zur Verhandlung. Der Dircktor des Gaietetheators gab einer
Tänzerin die Entlasfung, weil — ihre Waden zu dick würden. Der
holde Schützling Terpfickorens nimmt dieß nicht an, indem eine Zunahme
des Umfangs in der Wadengegend kein die Darstellung beeinträchtigender
Fehler, sondern ehcr ein Vorzug sei und Zulage verdiene. Da aber der
Direktor seinen Standpunkt in der Wadlästhetik festhält, und die von der
Natur so verhängnißvoll bevorzugte Tänzerin ebenfalls, so kommt es zum
Prozeß, desfen Verhandlung allgemein — auch von Seiten der Waden-
besitzerin — mit Spannung entgegengesehen wird. Besonders neugierig
ist man darauf, ob das Gericht auch die Vernehmung von Sachver-
ständigen für nothwendig finden, welche Leute es dazu ausersehen
und in welcher Art das Visum repertum vorgenommen werden wird.
 
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