Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ich selbst erstattete im Jahre 1932 einen Vorbericht in der Germania (10), dessen vor-
läufige Grundrißrekonstruktion (a. a. 0. S. 19 Abb. 2) vor den besonders aufschlußreichen
Grabungen des Jahres 1933 entstand und als überholt anzusehen ist.
Als ich im Jahre 1929 von der Römisch-Germanischen Kommission den Auftrag zur
Bearbeitung der Thermen erhielt, lag also noch keine Aufnahme der Ruine vor, die unseren
heutigen Ansprüchen auch nur einigermaßen genügt hätte. Ihre Durchführung war daher
die Voraussetzung für jede weitere Arbeit. Ferner aber erwiesen sich für eine kritische
Auswertung des Befundes Ergänzungsgrabungen an etwa 50 problematischen Stellen als
notwendig, die in den Jahren 1930 bis 33 von mir durchgeführt wurden. Doch enthielt die
vom Badischen Ministerium des Inneren hierzu erteilte Erlaubnis auch die strenge Weisung,
die Substanz der Ruine unangetastet zu lassen1). Kleine und unschädliche Eingriffe
aber hätten noch manche Klärung oder Bestätigung bringen können. Eine weitere Bindung
für meine Ausgrabungstätigkeit lag in der Verpflichtung, die Besichtigungen der Ruine
durch die Fremden nicht zu stören und die Anlagen des Kurparkes zu schonen. Daher
mußte vor allem im Osten manche Grabung unterbleiben, die geeignet gewesen wäre,
den Befund im Westen zu bestätigen. So aber war ich gezwungen, im Vertrauen auf die
Symmetrie in manchen Fällen von einer Seite auf die andere zu schließen. Endlich aber
setzten die zur Verfügung stehenden Geldmittel den Schürfungen Grenzen, und es galt,
den Geldaufwand in ein entsprechendes Verhältnis zum wissenschaftlichen Gewinn zu
bringen. Ich hoffe daher, nicht der Vorhaltung zu begegnen, dies oder jenes Teilproblem
hätte durch Grabung noch leicht gelöst werden können. Das ist durchaus zuzugeben,
doch mußte die Grenze irgendwo gezogen werden und zwar da, wo das Interesse der Wissen-
schaft auf hörte und nur noch relativ nebensächliche Fragen ungelöst blieben. Maßgebend
war für mich das mir selbst gesetzte Ziel, vor allem den ursprünglichen Baugedanken zu
ermitteln und somit unseren Denkmälerbestand um ein neues klar herauskristallisiertes
Objekt zu bereichern. Hinter dieser Hauptaufgabe mußte die Klärung vorwiegend
örtlich bedeutsamer Fragen hin und wieder im Rang die zweite Stelle einnehmen, so
sehr auch das Streben nach einer vollständigen Ausdeutung des Befundes alle Zeit im
Vordergründe stand.
II. Allgemeines über die Gesamtanlage.
Die von Vindonissa über Augusta Raurica nach Norden führende rechtsrheinische
Römerstraße hatte in der Gegend des heutigen Müllheim eine Abzweigung, die am Klemm-
bach entlang ins Gebirge des Schwarzwaldes und zu den am Nordhang des 1165 m hohen
Blauen zu Tage tretenden Quellen führte. Der Berg Blauen gehört noch dem großen
Granitmassiv des Schwarzwaldes an, das an seinem Fuß in etwas über 400 m Meereshöhe
die Verwerfungsspalte des im Miocän entstandenen Grabenbruches zwischen Schwarz-
wald und Vogesen zeigt. Unterhalb der Verwerfungsstufe lehnen sich, etwa unter 45 Grad
gegen Norden fallend, Trias- und Juraschichten an, die infolge ihrer Undurchlässigkeit
eine Abdichtung gegen die von Süden herandrängenden Granitwasser bilden. In den
Spalten und Klüften des Blauen versinken die Tagewässer zu großen Tiefen, erwärmen sich
dort und fließen an der hydrographisch niedrigsten Überfallstelle über Muschelkalk aus 2).
Die so gebildete Quelle hat eine Temperatur von 26,4 Grad. Die Römer stellten eine Fassung
her, die noch heute im Gebrauch ist, und errichteten wenig unterhalb des Quellaus-
trittes am Berghang ein stattliches Badgebäude. Sicherlich werden sie die Quelle nicht erst
x) Erlaß 32 794 vom 1. Mai 1930.
2) Eingehendes über die Geologie der Gegend bei Ernst Scheffelt, Badenweiler in Vergangenheit und Gegenwart
(1933) lOff.

7
 
Annotationen