72
Carl Heiler
rektor wurde, schrieben die Studenten in dem ellenlangen Gedichte auf
ihn u. a. folgende Verse:570
„Wenn einst ein Fehltritt solt geschehen,
So laß die Sanftmuths*Flackc wehen.
Wenn aus der Scheid der Schwärmer fällt.
Bisweilen fordert es die Ehre,
Daß man sich vor der Bosheit wehre,
Die manchmal kömmt unangemeldt.
Bisweilen macht die große Hitze,
Daß man bei einem Halbglas sitze
Und trinckt zur Not nur kaum halb satt.
Man denckt wohl niemahls an das Raufen.
Und endlich kömmt der Bursch gelaufen
Und ruft „heraus!, du Pereat!“
Im gleichen Jahre verbot dann die Regierung wegen der ernsten Zeiten
— das Land lag voll von Franzosen, die 1760 das Schloß in Dillenburg ver*
brannt hatten — den Studenten am 6. Oktober 1761 auch die Rektorats*
musik571, nachdem sie ihnen bereits 1759 wegen einer (s. Kap. 15) Schlä*
gerei mit französischen Offizieren das Degentragen untersagt hatte. Man
kann es also verstehen, daß sie nach Beendigung des siebenjährigen Krieges
am 14. November 1763 baten, bei dem feierlichen Zuge vom Schulhofe nach
der Kirche wieder wie Studenten einherkommen zu dürfen, damit man sie
nicht mit Handwerksburschen verwechsle.572
Aus dem Senatsprotokolle vom 26. Februar 1766 geht weiter hervor ’73,
daß die Studenten wieder ein Gedicht auf den neuen Rektor hatten drucken
lassen und zum zweiten Gang des üppigen Festessens574 eingeladen worden
waren. Als am 20. Januar 1784 die Regierung das Rektoratsmahl abschaffte,
dessen Kosten bisher aus der Hoheschulkasse bestritten wurden, mögen auch
die Studenten froh gewesen sein, daß durch das gleiche Edikt ihnen künftig
der Druck eines Rektor*Carmens untersagt wurde, das sicher manchen Armen
unter ihnen finanziell belastete, wie denn gelegentlich der akademische Buch**
drucker sich darüber beklagte, daß ihm der Druck des Gedichtes nicht be*
zahlt wurde. 575
Die gleiche Sitte eines Festschmauses und eines Gratulationsgedichtes be*
stand bei dem Dienstantritt eines neuen Professors.576
Die Nachtmusik, die am 28. März 1590 die Studenten vor Pro*
fessorenhäusern darbrachten, ist das erste Ständchen, das die Akten erwähn
nen 577 ; allerdings waren die Professoren nicht sehr davon erbaut, weil dabei
ein Student eine große Leuchte an einer langen Stange vorneher trug. Als
nächstes Professorenständchen nennen die Akten das vom 1. Januar 1788,
nachdem man „die in Holland wiederhergestellte Ruhe“ nach akademischer
Sitte gefeiert hatte. Es handelte sich damals um die Wiedererlangung der alten
Rechte des Statthalters, den 1786 die Generalstaaten seiner Stellung als Gene*
ralkapitain und Oberbefehlshaber entkleidet hatten, weil man ihm die Miß*
erfolge der auswärtigen Politik zuschrieb.578 Einmal, 1791, endete freilich
eine Professoren*Musik mit der Betrunkenheit ’79 der Studenten, an der Pro*
fessor Lorsbach selbst nicht ganz schuldlos war, insofern er sie mit Tabak,
und Wein derartig reichlich regalierte, daß sie angetrunken heimzogen und
allerlei Händel verursachten.
Dreimal berichten die Quellen von Abschiedsfeiern der Studenten
zu Ehren eines abziehenden Professors. Als Prof. Martinius 1607 einen Ruf
nach Emden annahm, gaben sie ihm das ehrenvolle Geleite bis vor die Stadt*
tore.580 1 743 brachten sie dem äußerst beliebten, nach Lingen berufenen
Professor Mieg ihre Verehrung durch eine gedruckte Abschiedsklage581 zum
Ausdruck. Komitat und Trauercarmen schienen den Professoren aber nur
Carl Heiler
rektor wurde, schrieben die Studenten in dem ellenlangen Gedichte auf
ihn u. a. folgende Verse:570
„Wenn einst ein Fehltritt solt geschehen,
So laß die Sanftmuths*Flackc wehen.
Wenn aus der Scheid der Schwärmer fällt.
Bisweilen fordert es die Ehre,
Daß man sich vor der Bosheit wehre,
Die manchmal kömmt unangemeldt.
Bisweilen macht die große Hitze,
Daß man bei einem Halbglas sitze
Und trinckt zur Not nur kaum halb satt.
Man denckt wohl niemahls an das Raufen.
Und endlich kömmt der Bursch gelaufen
Und ruft „heraus!, du Pereat!“
Im gleichen Jahre verbot dann die Regierung wegen der ernsten Zeiten
— das Land lag voll von Franzosen, die 1760 das Schloß in Dillenburg ver*
brannt hatten — den Studenten am 6. Oktober 1761 auch die Rektorats*
musik571, nachdem sie ihnen bereits 1759 wegen einer (s. Kap. 15) Schlä*
gerei mit französischen Offizieren das Degentragen untersagt hatte. Man
kann es also verstehen, daß sie nach Beendigung des siebenjährigen Krieges
am 14. November 1763 baten, bei dem feierlichen Zuge vom Schulhofe nach
der Kirche wieder wie Studenten einherkommen zu dürfen, damit man sie
nicht mit Handwerksburschen verwechsle.572
Aus dem Senatsprotokolle vom 26. Februar 1766 geht weiter hervor ’73,
daß die Studenten wieder ein Gedicht auf den neuen Rektor hatten drucken
lassen und zum zweiten Gang des üppigen Festessens574 eingeladen worden
waren. Als am 20. Januar 1784 die Regierung das Rektoratsmahl abschaffte,
dessen Kosten bisher aus der Hoheschulkasse bestritten wurden, mögen auch
die Studenten froh gewesen sein, daß durch das gleiche Edikt ihnen künftig
der Druck eines Rektor*Carmens untersagt wurde, das sicher manchen Armen
unter ihnen finanziell belastete, wie denn gelegentlich der akademische Buch**
drucker sich darüber beklagte, daß ihm der Druck des Gedichtes nicht be*
zahlt wurde. 575
Die gleiche Sitte eines Festschmauses und eines Gratulationsgedichtes be*
stand bei dem Dienstantritt eines neuen Professors.576
Die Nachtmusik, die am 28. März 1590 die Studenten vor Pro*
fessorenhäusern darbrachten, ist das erste Ständchen, das die Akten erwähn
nen 577 ; allerdings waren die Professoren nicht sehr davon erbaut, weil dabei
ein Student eine große Leuchte an einer langen Stange vorneher trug. Als
nächstes Professorenständchen nennen die Akten das vom 1. Januar 1788,
nachdem man „die in Holland wiederhergestellte Ruhe“ nach akademischer
Sitte gefeiert hatte. Es handelte sich damals um die Wiedererlangung der alten
Rechte des Statthalters, den 1786 die Generalstaaten seiner Stellung als Gene*
ralkapitain und Oberbefehlshaber entkleidet hatten, weil man ihm die Miß*
erfolge der auswärtigen Politik zuschrieb.578 Einmal, 1791, endete freilich
eine Professoren*Musik mit der Betrunkenheit ’79 der Studenten, an der Pro*
fessor Lorsbach selbst nicht ganz schuldlos war, insofern er sie mit Tabak,
und Wein derartig reichlich regalierte, daß sie angetrunken heimzogen und
allerlei Händel verursachten.
Dreimal berichten die Quellen von Abschiedsfeiern der Studenten
zu Ehren eines abziehenden Professors. Als Prof. Martinius 1607 einen Ruf
nach Emden annahm, gaben sie ihm das ehrenvolle Geleite bis vor die Stadt*
tore.580 1 743 brachten sie dem äußerst beliebten, nach Lingen berufenen
Professor Mieg ihre Verehrung durch eine gedruckte Abschiedsklage581 zum
Ausdruck. Komitat und Trauercarmen schienen den Professoren aber nur