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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 75.1964

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Schell, Günther: Die römische Besiedlung von Rheingau und Wetterau: eine historisch-geographische Untersuchung
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https://doi.org/10.11588/diglit.70355#0089

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Die römische Besiedlung von Rheingau und Wetterau

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in ihren Beziehungen zueinander und zu den benachbarten Höfen geringerer
Ausdehnung verglichen werden.
In dem gesamten Gebiet des Rheingaus weist nur ein Fundort auf die sozial
bessere Stellung seines Besitzers hin: An der Rüdesheimer Niederwaldstraße
konnte im vorigen Jahrhundert nahe dem Eibinger Tore in Zusammenhang mit
der Aufdeckung einer römischen Siedlungsstelle ein zugehöriger Mosaikfußboden
freigelegt werden. Obwohl das bisher gewonnene Material der römischen Höfe
schwerlich den tatsächlichen Gegebenheiten der damaligen Zeit entsprechen
dürfte, fällt dennoch die isolierte Lage dieses einzigen reichen Hofes innerhalb
eines recht großen Gebietes auf. Zwar wissen wir noch von einigen anderen
Ansiedlungen sowohl um Rüdesheim selbst als auch bei Winkel, Kiedrich und
Eltville; doch ist anzunehmen, daß die Landschaften des Rheingaus von weitaus
mehr Gutshöfen bedeckt waren, als die wenigen Angaben bisher erkennen lassen.
Uber die Lagebeziehungen der einzelnen Anwesen zueinander ist auf Grund der
geringen archäologischen Befunde im Rheingau keine Aussage möglich.
Weiter nach Osten zu schließen sich im Wiesbadener Stadtwald gleich drei
Villen an, die sich in ihrer Ausstattung und Größe von dem Normaltypus einer
Villa weit abheben. Es handelt sich um die drei Anwesen auf der „Hasselt“, im
„Höfchen“ und auf dem „Neroberg“ ,die untereinander ein gleichseitiges Dreieck
von jeweils 3 km Länge am Südhang des Taunusgebirges bilden. Zwischen ihnen
befinden sich drei weitere Siedlungsstellen, die als Vorwerke bzw. als kleine
Bauernhöfe erkannt worden sind. Außer diesem Komplex wurden am Taunus-
rand bisher keine weiteren Ansiedlungen gefunden, so daß die Anwesen des
Wiesbadener Stadtwaldes sowohl in ihrer Konzentration von drei reichen Villen
als auch in der ungewöhnlich hohen Lage bis annähernd 300 m NN einmalig
dastehen. — Innerhalb des Main-Taunusvorlandes ist mit der Flörsheimer Villa
am „Wickerer Berg“ noch ein weiterer Gutshof eines wohlhabenden Römers
bekannt geworden, der wegen eines dort gefundenen Winzermessers auch den
Weinanbau betrieben hatte. Eine Reihe anderer Höfe liegt in der Nähe dieser
Stelle, doch kann keines der Anwesen eine so günstige Südexposition mit einem
herrlichen Blick über die Mainebene auf das Ried vorweisen wie das Anwesen
am „Wickerer Berg“.
An den südöstlichen Taunusausläufern bei Kleinschwalbach lag am „Hütten-
baum“ ein anderer reicher Gutshof, der, abgesehen von einem in der Nähe
vermuteten zweiten Anwesen, völlig isoliert dastand: die sonst angrenzenden
Nachbarhöfe sind alle 4 bis 5 km von hier entfernt.
Grundsätzlich anders sieht hingegen das Bild bei den folgenden wohlhabenden
villae rusticae aus, die sich inmitten anderer Höfe rund um die großen Nieder-
lassungen Nida, Frankfurt und Hanau-Kesselstadt lagern. So weist die Villa von
Praunheim zu den benachbarten Herrenhäusern jeweils nur 1000 m Abstand auf;
der nächste reiche Gutshof an der Kaibacher „Bonifatiusquelle“ ist 3 km ent-
fernt. Die beiden luxuriösen Farmen auf dem Frankfurter Hauptfriedhof und
im „Günthersburg-Park“ stehen sogar nur 1000 m auseinander. Die reichen
Höfe im Vilbeler „Rosengarten“ und auf der „Berger Weide“ südlich Gronau
zeigen wieder die bei Wiesbaden und zwischen Praunheim und Kaibach fest-
gestellte Entfernung von 3 km. Während der wohlhabende Gutshof auf dem
Kesselstädter „Salisberg“ von allen nächstgelegenen Anwesen 3 bis 4 km ab-
seits steht, befindet sich die komfortabel ausgestattete Villa am Dorfelder Weg
bei Mittelbuchen nicht nur in wenigen hundert Metern Zwischenraum zu drei
Nachbarnhöfen, sondern gleichzeitig auch lediglich 500 m von einer weiteren
reichen villa rustica in der „Hölle“ entfernt. Die weiträumige Anlage auf der
„Hunburg“ nördlich Seulberg liegt sehr isoliert, die nächsten Bauernhöfe
schließen sich erst nach mehreren Kilometern an. Hingegen sind die beiden
luxuriösen Villen am „Weilerberg“ bei Dortelweil und südlich des Dorfes Rendel
auf zwei sich gegenüberliegenden Hängen errichtet und nur durch die breite
 
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