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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 75.1964

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Literatur Besprechung
I. Vorgeschichte und Römerzeit
Fundberichte aus Hessen. Hrsg, vom Amt für Bodendenkmalpflege im Regierungsbezirk
Darmstadt, Amt für Bodenaltertümer Marburg (Lahn), Landesamt für kulturgeschichtliche
Bodenaltertümer Wiesbaden. 2. Jg. 1962. Bonn: Rudolf Habelt Verlag. IV u. 219 S., 51 Tafeln.
Dem 1. Jahrgang der neuen, die Arbeit der drei hessischen Bodendenkmalpflegeämter zu-
sammenfassenden Zeitschrift (bespr. von G. Smolla in Nass. Ann. 73, 1962 S. 277ff.) reiht sich
der hier angezeigte 2. Band mit so reichem Inhalt an, daß es im Rahmen einer Besprechung nicht
möglich ist, auf alle Beiträge ausführlich einzugehen.
Die Bodendenkmalpflege in Hessen hat durch den Tod von Otto Uenze, der als Staatl. Ver-
trauensmann für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer im Regierungsbezirk Kassel das Marbur-
ger Amt leitete, einen schweren Verlust erlitten. Der Nachruf auf diesen aus der Marburger
Schule Gero v. Merharts hervorgegangenen Gelehrten, den W. Jorns nach seiner Persönlichkeit
und seiner weit über die Abgrenzung seines Amts hinausgreifenden wissenschaftlichen Arbeit
würdigt, steht am Anfang des Buches; ein Bild und die Bibliographie des mitten aus der Arbeit
Abgerufenen ist beigegeben (S.l—6).
H. Krüger gibt (S. 6—43) einen umfassenden Bericht über die „Altsteinzeit-Forschung in
Hessen“, chronologisch aufgeteilt nach drei Forschungsphasen, deren Zäsuren durch die beiden
Weltkriege gegeben sind. Auch wer mit dem Paläolithikum und seinen wissenschaftlichen Pro-
blemen nicht so intim vertraut ist, wird mit Gewinn diesen methodisch präzisen Aufsatz über die
„neue Fundprovinz des Paläolithikums in Mitteleuropa“ lesen; für den mit den Verhältnissen
Vertrauten blitzen einige temperamentvolle Florettstöße zwischen den Zeilen auf. — Eine Fund-
stelle der hessischen Paläolithprovinz legt H. Diehl in seinem Aufsatz über „Die Paläolith-
station Ziegelwald bei Groß-Umstadt, Kr. Dieburg“ vor (S. 43—54, Tf. 1—8). Es handelt sich
um Artefakte aus einem Steinmaterial, das vom Verf. Ziegelwaldquarzgestein genannt und dessen
komplizierte geologische Entstehung geschildert wird. Die chronologische Einordnung der Geräte,
die sich auf fünf Fundschichten verteilen, ist schwierig; es finden sich Artefakte mit AcheuL
Charakter und zahlreiche Moustier-Formen. Auf den Tafeln sind die 24 besprochenen Werkzeuge
etwas üppig lebensgroß in Zeichnung wiedergegeben. — Ebenfalls mit altsteinzeitlichem Material
befaßt sich der Aufsatz von A. Luttropp, „Ein Beitrag zum Levalloisien an Hand der Funde im
nordhessischen Kreise Ziegenhain“ (S. 54—59, Tf. 9—18). Es werden, wieder in natürlicher Größe,
24 Artefakte aus Quarzit vorgelegt, deren interessante Schlagtechnik erläutert wird, die nach
ihren Fundplätzen aber anonym bleiben. Rez. vermutet, daß der Verf. seine Jagdgründe für sich
behalten will, hofft aber, daß das Geheimnis in der (S. 58) in Aussicht gestellten späteren Publi-
kation gelüftet wird.
Die folgenden Beiträge beschäftigen sich mit der jüngeren Steinzeit. H. Danner legt den
sorgfältig beobachteten Befund einer „Küchenstelle aus dem großen bandkeramischen Siedlungs-
gelände bei Hofgeismar“ vor (S. 60—73, Tf. 19—20); besonders zu erwähnen ist die erfolgreiche
Mitwirkung von Schülern bei der Beobachtung des Fundgebietes und bei der Ausgrabung. Bei dem
Übersichtsplan S. 61 vermißt man den Nordpfeil und die Erklärung der Signaturen, ebenso im
Text einen Hinweis auf Abb. 6. — W. Jorns behandelt (S. 73—85, Tf. 21—23) einen „Friedhof
der Linearbandkeramik und Flachgräber der Einzelgräberkultur von Butzbach (Obh.)“. Die
Gräber, die zwischen 1936 und 1956 zutage kamen, sind äußerst arm an Beigaben und archäolo-
gisch wenig ergiebig, wie der Versuch einer Auswertung (S. 82—84) zeigt. Wesentlich ertragreicher
ist die Untersuchung der Skelette, die in dem Beitrag von H. Preuschoft, „Zur Anthropologie
der Bandkeramiker aus Butzbach in Hessen“ (S. 85—97, Tf. 24—26) vorgelegt wird. Es handelt
sich um die ältesten bisher anthropologisch bearbeiteten Menschenreste aus Hessen abgesehen
von dem pleistozänen Schädel aus Rhünda. Im Hinblick auf den Leserkreis des Bandes ist der
Aufsatz freilich allzu fachwissenschaftlich formuliert. Ich gestehe, mit einem Satz wie (S. 90):
„Bei einer statistischen Prüfung der Unterschiede in der Körpergröße mittels des t-Testes ergab
sich eine Wahrscheinlichkeit P für die Zufälligkeit der Differenz, die zwischen 20 und 40% liegt.
Der Unterschied ist demnach nicht signifikant“ nichts anfangen zu können; auch das Diagramm
Abb. 1 (S. 95) erscheint mir wie von Nostradamus eigener Hand gezeichnet. Dafür entschädigt
die Zusammenfassung auf S. 96, aus der hervorgeht, daß die älteste Bauernbevölkerung Hessens
sich aus großen Männern und zierlichen Frauen, mit schmalen und hohen Schädeln zusammen-
setzte. — H. Heintel, „Ein Kupfer-Flachbeilchen aus der Gemarkung von Uttershausen, Kr.
Fritzlar-Homberg“ (S. 97—100, Tf. 36) ordnet ein 1951 gefundenes Stück in einen größeren euro-
päischen Zusammenhang ein, wobei neben der Formtypologie vor allem die Analyse des Kupfers
von Bedeutung ist.
In seinem Beitrag „Bronzezeitliche Hügelgräber im Stadtwald von Wolfhagen“ (S. 101—13,
Tf. 27—36) behandelt J. Bergmann eine von ihm i. J. 1936 unternommene Ausgrabung eines
 
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