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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 75.1964

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286

Liter aturb esprechung

aus Greifswald und sogar aus Kopenhagen. Herkunftsmäßig waren es z. B. 15 Studenten aus
Hessen-Kassel, 17 aus Hessen-Darmstadt, 6 aus Nassau, 5 aus der Pfalz. Von den 6 Nassauern
studierten 4 in Gießen, 1 in Göttingen und 1 in Halle. St. identifizierte sie mit Namen, Geburtsdaten
und Geburtsorten und gibt ihre Fakultäten und die Universitäten an. Das ist eine sehr danke.ns-
werte und lohnende Arbeit gewesen; denn Eisenach war eine außerordentlich lebendige Versamm-
lung junger Männer, die in ihrem späteren Leben die jugendlichen Ideale, unter denen sie zu-
sammengekommen waren, zu verwirklichen trachteten. Aus Nassau war es etwa Heinrich Lang-
hans, ein Jurist in Gießen, der in Soden a. Taunus 1795 geboren war. Er hatte in Weilburg das
Gymnasium besucht und wurde Hofgerichtsrat in Usingen (vgl. Bonnet, Nassovica VII S. 45).
Auch Georg August Ludwig Schmidtborn, ein Theologe aus Gießen, geb. 1798 in Wißmar (Kr.
Wetzlar), ist durch Bonnet bekannt: Er starb als Generalsuperintendent der Rheinprovinz zu
Koblenz am 8. 2. 1860 (Nassovica I S. 34). Weilburger Schüler war auch Christian Ullrich, ein
Theologe aus Gießen, der auf der Bonscheuer bei Mudershausen 1792 geboren war und 1865 als
Dekan in Miehlen starb. Der in der Liste zuletzt stehende Theologe Karl Noell aus Halle war 1797
in Arnoldshain geboren; über seine Familie berichtet Rudolf Dietz in der Ztschr. „Der Uhrturm“
1929 S. 25. Ernst Friedrich Adolph Keller war ein Theologe aus Göttingen, 1796 in Dillenburg
geboren, als Dekan 1870 zu Sulzbach verstorben. Noch nichts Näheres kann ich über den Theol.
Phil. Georg Müller aus Steckenroth sagen.
In dem zweiten Beitrag von Klötzer über die Ausstrahlung des Hambacher Festes wird der
Nachweis versucht, daß diese revolutionäre Versammlung eine allgemeine Aufregung verursachte,
die freilich der Entwicklung des Liberalismus wenig genutzt hat. Es gab zwar „revolutionäre
Nachwehen“ bis hin zum Frankfurter Wachensturm von 1833, aber förderlicher als solche auf-
rührerischen Unternehmungen wurden nach Kl. die konstitutionell-liberalen Bestrebungen, die
sich etwa in folgenden Kreisen äußerten: Bereits 1832 bis in die 40er Jahre läßt sich die Tätigkeit
Itzsteins in Hallgarten beobachten, der Gleichgesinnte um sich sammelte und in seiner politischen
Wirksamkeit weit ausgriff. Damals spannen sich parlamentarische Kontakte über alle Länder-
grenzen hinweg, und es fand ein engerer Zusammenschluß des Liberalismus statt. Kl. erinnert an
die Bassermannsche Verlagshandlung in Mannheim, an das Gut der Gagerns in Monsheim bei
Worms, an Buhl und Jordan in Deidesheim, deren Vermögen für die politische Bewegung eine
Rolle spielte. Es ging um die linksrheinischen Freiheiten und jene Institutionen, die für die Ent-
wicklung der Gesetzgebung in Preußen, Hessen und Bayern fruchtbar werden sollten. Das zeigte
sich besonders deutlich in der Beurteilung der Geschworenengerichte, die bei den Regierungen
nicht beliebt waren, aber von solchen Männern wie Gagern leidenschaftlich verteidigt wurden. Die
rheinhessischen und rheinpfälzischen Politiker erfüllte es mit Genugtuung, daß die Hambacher
Redner 1833 von einem Schwurgericht freigesprochen wurden. Kl. sieht in Heinrich v. Gagern
eine Schlüsselfigur für die politische Entwicklung am Mittelrhein und zitiert deshalb gern seine
Meinung zum Hambacher Fest und zur Stellung des Liberalismus in Deutschland. Sein Beitrag
ist schon deshalb förderlich, weil er auf noch unerschlossene Quellen im Bundesarchiv hinweist.
Real verfolgt die großdeutschen Bestrebungen von der Gründung des Deutschen National-
vereins in Frankfurt/M. 1859 bis zur Konstituierung des Deutschen Reformvereins 1862, ebenfalls
in Frankfurt/M. Die Rolle der Burschenschaft in der Zeit nach dem Scheitern des Paulskirchen-
parlaments wird immer wieder hervorgehoben, wenn auch für diese Zeit nicht viel mehr zu be-
richten ist als ein allgemeines Streben nach Einigkeit und Freiheit des Vaterlandes, ohne Ver-
pflichtung auf bestimmte politische Systeme. Verglichen mit der Zeit des Wartburg-Festes von
1817 waren die Studenten nach 1848 keineswegs mehr eigentümlich und charakteristisch in der
Ausprägung ihrer politischen Meinung. Trotzdem lohnt sich das Beginnen Reals, die führenden
Politiker nach der Jahrhundertmitte daraufhin zu mustern, inwieweit sie Verbindungen zur
Burschenschaft hatten. Allgemein berichtet R. über das Aufflammen des großdeutschen Bewußt-
seins 1859, als Österreich Oberitalien verlor und eine Verständigung mit Preußen im Angesicht
des gefährlichen Aufstiegs Napoleons III. möglich schien. Die österreichische Politik in diesen
Jahren wird sehr anschaulich durch die Charakteristik der Männer, die damals hervortraten:
Anton Ritter von Schmerling als leitender Minister, Außenminister Reschberg, der Vertraute des
Kaisers, der Thüringer Julius Fröbel, der in Wien publizistisch für die österreichische Sache
wirkte, und Alois von Brinz, ein Schwabe, der an der Universität Prag lehrte. Schon bei diesen
Männern gibt es Züge ihrer Wirksamkeit zu beobachten, die in eine wahrhaft großdeutsche
Politik nicht zu passen scheinen, sondern eher als partikularistisch zu beurteilen sind. Verstärkt
ist diese Eigenart bei den Bayern Graf von Hegnenberg-Dux, Gustav Frhr. von Lerchenfeld und
Franz v. Löher zu beobachten. Dem unermüdlichen Itzstein stand Oskar v. Wydenbruck aus
Aschenhausen in der Rhön nahe, der einst als Abgeordneter der Stadt Weimar in die Paulskirche
eingezogen war und später thüringischer Minister wurde. An seiner Gestalt wird besonders deut-
lich, daß der großdeutsche Gedanke um 1860 nicht mehr recht gedeihen wollte. Doch stimmen
wir mit R. darin überein, daß eine deutsche Geschichtsbetrachtung auch den letzten Spuren einer
großdeutschen Politik im 19. Jh. nachzugehen hat, und es ist das Verdienst von R., im Sinne von
Srbik den Gedanken der deutschen Einheit auch noch in seinen Ausgängen zu verfolgen. R. rundet
seine Untersuchung ab durch die lebhafte Schilderung der großdeutschen Versammlung 1862 zu
Frankfurt a. M., auf der es zwar einen „Preußenhaß“ nicht gegeben hat, wohl aber eine allgemeine
Ablehnung des preußisch-französischen Handelsvertrages, weil man befürchtete, Österreich damit
wirtschaftspolitisch in Deutschland zu isolieren. Mit einem Überblick auf den letzten Seiten über
 
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