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Hartmann; Naumann, Hans [Editor]; Steinger, Hans [Editor]
Erec / Iwein — Leipzig: Verlag von Philipp Reclam jun., 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.62234#0012
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6

Einführung

von allen im Laufe der Forschung zusammengetragenen Möglichkeiten
übriggeblieben sind, um den autobiographischen Vers des Dichters dienst-
man was er ze Ouwe zu erklären. Er kann ein Ministeriale der Freiherrn
vonTengen nicht gewesen aber geworden sein,denenauchdasStädtchen
Eglisau im Rheingebiet des Kantons Zürich zwischen Schaffhausen und
Waldshut gehörte, das früher bloß Au hieß, wonach sich die Herren selbst
gelegentlich auch de Ouwe nannten. 1238 erscheint ein Heinrich von
Tengen im Züricher Urkundenbuch als Henricus de Ouwe. Ein Heinricus
de Tengin ist zuerst 1135 bezeugt, aber der Name erscheint dann noch
öfter. Innerhalb des Tengenschen Besitzes gibt es mehrere Orte, die den
Namen Rüti führen (,,Arm.Heinr.“259). DieTengen hatten Ministerialen.
Diese Ministerialen würden wahrscheinlich normalerer Weise den übliche-
ren Namen von Tengen oder ze Tengen führen, wenn sie nicht, wie etwa
unser Dichter, schon aus einem anderen Ministerialenverhältnis den
Namen Ouwe mitgebracht hätten. Daß das ein Name war, den die neuen
Herren nebenbei gleichfalls führten, erschien nun wie eine Vorbestim-
mung, ihre kleine fromme Hauslegende, mit einer mystischen, aber un-
ausgesprochenen Identifizierung der Namen, in die dichterische Unsterb-
lichkeit zu erheben.
Oder aber: nicht die alte, sondern die neue Heimat Hartmanns lag im
badischen Oberland und war jenes Au bei Freiburg im Breisgau, wo urkund-
lich ein Henricus de Owa 1112—1123 bezeugt ist. Freilich ist dies Ge-
schlecht von Aue nicht frei, sondern sie sind Dienstleute der Herzöge von
Zähringen schon im 12. Jahrhundert. Das widerspräche Hartmanns An-
gaben im „Armen Heinrich“. Aber diese Ministerialität brauchte zur Zeit
des „Armen Heinrich“ noch nicht bestanden zu haben; sie schließt überdies
den hohen Adel nicht aus und die Möglichkeit, daß die Dienstleute selbst
wieder Dienstleute besessen haben. Sie könnten freiwillig in die Ministe-
rialität der zähringischen Herzöge gegangen sein. Jener Henricus de Owa
bestätigt 1112 Schenkungen des Herzogs Berthold III. von Zähringen an
das Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald und macht selbst um 1123 eine
Schenkung dahin. Das wäre also ein Heinrich von Aue, der ein Kloster
beschenkt, wie es die Legende erzählt. Diese Schenkung betrifft ein Gut
unweit des Dörfchens Au, eine Stunde südwestlich von Freiburg. Im
Nekrolog des Zisterzienserklosters Tennenbach bei Emmendingen findet
sich zum 1. April der leider nicht viel besagende, immerhin merkwürdige
Eintrag: der arme Henrich des abbts von Einsidlen knecht (M. G. Neer.
I, 340). Wenn dieser Arme Henrich einer von Aue ist, so kann damit
 
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