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Noack, Ferdinand
Eleusis: die baugeschichtliche Entwicklung des Heiligtumes ; Aufnahmen und Untersuchungen (Text) — Berlin, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.5217#0272

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Anhang IV.
Tempel und Megaron. Anaktoron und avXr\.

53. Nach Rodenwaldts oben S. 14 Anm. 1 zitierten scharfsinnigen Darlegungen ist der monu-
mentale griechische Tempelbau im VII. Jahrhundert »von vornherein als Steinbau« entstanden. »Die
Idee des Tempels und damit des monumentalen Steinbaues und die Anregung zur Peristasis mögen
die Griechen aus Ägypten genommen haben.« Die Entstehung dieses Tempelbaues sei unlösbar mit
dem monumentalen Kultbilde verknüpft, ohne Großplastik könne es auch keinen Tempel gegeben
haben. In der geometrischen Epoche seien Werke großen Formates, wie es der griechische Tempel
war, noch unmöglich, daher auch der Orthiatempel in Sparta sehr wohl erst im VII. Jahrhundert
entstanden sein werde (A. M. 44, 1919, 180 ff.).

Wir kennen heute als sehr frühe griechische Tempel die beiden in Sparta und Thermos mit
zweischiff igen Cellen 1), in Thermos in ganzer schmaler Länge erhalten (4,70 m x 25,40 m), in Sparta
bei 4,50 m 1. Breite von nicht mehr zu bestimmender Länge (erhalten nur auf etwa 9 m). Aber
beidemal nicht reiner Steinbau. Für beide Tempel sind Lehmwände und hölzerne Säulen sicher
(B. S.A. 14, 1907/8 S. 202), für Thermos noch am jünger-archaischen Bau auch das Holzgebälk mit
den berühmten tönernen Metopenplatten. Und eine gewisse Monumentalität, die für den Tempel
so bezeichnend wäre, ist auch seinem Vorläufer, dem langgestreckten elliptischen Herrenhause da-
neben und darunter nicht abzustreiten, nicht nur im Vergleich zu den gleichzeitigen Wohnhäusern
ringsum (Ae\-riov dpxmoX. I, 1915, S. 231): in der lichten Breite steht es nur der ältesten Rechteckcella
etwa um 1 m nach, ist dagegen der jüngeren Cella gleich; in der Länge wird es, scheint es, nur von
dieser (nicht von der älteren C.) um ca. 2x/z m übertroffen. Hier fehlen also die entscheidenden Kon-
traste, die die Monumentalität des Sakralbaues als ein Novum erwiesen. Und beim Orthiatempel war
die Monumentalität vielleicht noch weniger überwältigend.

Aber Monumentalität des Kultbildes und Monumentalität des Tempels sollen sich von Anfang
an bedingen ? Wir wissen jedoch, daß noch in großen Steintempeln relativ kleine Kultbilder in Kapellen
standen (Selinus C, die Cella i. L. ca. 8l/2: 31V2 m; Artemision, Didymaion), daß andrerseits ein Koloß
wie der amykläische Apollon niemals einen ihn schirmenden Tempelbau gefordert hat. Die frühen archai-
schen Steintempel haben gewiß nicht alle sogleich monumentale Kultbilder besessen, sondern vielfach ältere
Xoana von bescheidener Größe aufgenommen. Den Beweis hat schon Val. Müller Rom. Mitt. 34,
1919, 105 erbracht, und es ist hübsch, daß gerade vom Xoanon der Orthia überliefert ist, daß es
KoOcpov üttö 0"|uiKpÖTr|T0i; war (Paus. III, 16, 10). Noch das dpxaiov dfaXua, für das die Ostcella
des Erechtheion bestimmt, für das schon der alte Athenatempel massiv erbaut worden war, war von
dieser Art und ebenso wird das Poliasbild, das in dem von Buschor angenommenen ersten Tempel
unter dem Parthenon (s. A. XX, 122) gestanden haben soll, schwerlich monumental gewesen sein.
Wie sollte man sich überhaupt »monumentale« Kultbilder in den zweischiff igen Cellen denken ? Hier
fehlte der ein solches Kultbild auszeichnende zentrale Platz vollständig und weder der Apollon in
Thermos noch die Orthia in Sparta hatten eine zweite Gottheit neben sich, der etwa das andere der
beiden Tempelschiffe gegolten haben könnte. In diesen Fällen gerade so früher Tempel kann es sich
nur um Kultbilder bescheidenen Formates gehandelt haben, wie sie eventuell schon vorher in Ka-
pellen gestanden hatten. Ganz gewiß stehen wir hier vor Tempeln ohne Großplastik; diese war also

") Andere jüngere, Neandria, Lokri, Paestum, Selinunt, nur an der Peripherie. Siehe auch Leroux, L'ßdince hypostyle,
1913, 96.

2) Hier in Sparta auch Versteifung der Wand durch senkrechte Holzpfosten.
 
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