Die Maße der »hundeitfüßigen« Cella. 2Q7
nicht gleich von der Tür aus sichtbar, sondern erst, wenn man eine zweite durchschritten« habe
(ebenda 48). Tatsächlich muß — man braucht das nur im Maßstab aufzuzeichnen — schon für den
Eintretenden über eine solche Scherwand hinweg der weitaus größte Teil des Bildes bis unter die
Knie herab sichtbar gewesen sein, aber Füße, Schemel und Basis blieben bedeckt, es ergab sich also
in der Tat eine seltsame Störung der Gesamtwirkung durch die den Raum quer durchschneidende Wand.
War das demnach dem künstlerischen Empfinden des Griechen des V. Jahrhunderts (und auch den viel
späteren Bewunderern des Altertumes) gleichgültig und sollte der Beschauer dadurch nur gezwungen
werden, den für das Kunstwerk günstigsten Standpunkt auf dem knapp ein Interkolumnium breiten
Platze innerhalb der engeren Umfriedung (ebenda 38) einzunehmen? Wäre es mithin am Ende eine
Korrektur, die der Meister selbst vorzunehmen für richtig hielt, da der Koloß doch schließlich den
gegebenen Gesamtraum nicht bezwungen hatte, also hierin doch — »verfehlt« J) war? Begreiflich
vielleicht, daß Phidias nach der Parthenos den Göttervater nicht kleiner konzipieren konnte — aber
wäre nicht ein Werk von kleinerem Maße in diesem Räume wohl von stärkerer und harmonischerer
Wirkung gewesen ?
Anhang XX.
Hekatompedos.
121 (Zu S. 170.). Die Länge der Parthenon-Ostcella ist i. L. 29,92 m (Michaelis, Parthenon
S. 23 nach Penrose und Dörpfeld, A. M. VII (1882) 298, in Anm 1 die in seinem Plane ebenda VI,
1881, Taf. XII gegebene Zahl 29,89 m berichtigend, die aber wieder in Arx Ath.3 S. VIII im Plane
erscheint. 29,90 m gibt Borrmann 138, während Magne im Plane bei Collignon-Boiss. 29,73 m notiert.
Ebenso Teuer, Peripteraltempel, 47. Hill rechnet also 91 Fuß zu 0,328 = 29,848 m; 101 ältere,
solonische Fuß zu 0,296 m ergäben genau 29,896 m. Ein Maß, welches dem Namen der Ostcella
genauer entspräche, lieferte nur die lichte Länge zwischen den Enthynteriaschichten der Tür- und Rück-
wand = 29,55 m (Dörpfeld a. a. O.) = 100 ältere attische Fuß (= 29,60 m).
Die Erklärung dieser hundeitfüßigen Anlage ist bekanntlich bestritten; denn die Cella des alten
Athenatempels, des bisherigen ersten Hekatompedos, war sogar noch etwas über 113 alte und 102
neue Fuß lang (G. Körte, Gott. gel. Anz. 1908, 841). Dieser Berechnung stellt allerdings jetzt Dörp-
feld, A. J. 34, 1919, 8 die Ausdehnung zwischen den Säulenachsen der östlichen und westlichen Vor-
halle = 32,80, d. h. genau 100 jüngere attische Fuß, entgegen. Da dieses Fußmaß auch schon dem
vorsolonischen Fuße entspricht (A M. 15, 1890, 173), könnte man versucht sein, daraus einen ter-
minus ante quem für den Bau des alten Athenatempels zu entnehmen; man würde doch unmittel-
bar nach Einführung des solonischen, kleineren Fußes (594 v. Chr., Busolt, Gr. Gesch.2 II, 262) auch den
ersten attischen Monumentalbau nach diesem angelegt haben. Jedoch ist dieser Schluß nicht ganz
zwingend, weil das ältere, vorsolonische Fußmaß auch weiterhin in Geltung geblieben ist (Dörpfeld
a. a. O.) und die Tempelskulpturen eine frühere Datierung verbieten. Dörpfelds neuerdings angedeu-
teter Umdatierung der Porosskulpturen und der frühattischen Vasen (A. J. 1919, 3) steht auch die
durch B. Schweitzer (A. M. 43, 1918, 8—48) in gründlichen Untersuchungen erhärtete Chronologie
der geometrischen Keramik (hierzu die zuletzt von Watzinger, Neue Jahrbb. f. Wiss. u. Jugendb. 1926,
15, Anm. 2 erwähnte Literatur) entgegen.
') Strena Helbigiana 334 f.
Nnack, Eleusis. oß
nicht gleich von der Tür aus sichtbar, sondern erst, wenn man eine zweite durchschritten« habe
(ebenda 48). Tatsächlich muß — man braucht das nur im Maßstab aufzuzeichnen — schon für den
Eintretenden über eine solche Scherwand hinweg der weitaus größte Teil des Bildes bis unter die
Knie herab sichtbar gewesen sein, aber Füße, Schemel und Basis blieben bedeckt, es ergab sich also
in der Tat eine seltsame Störung der Gesamtwirkung durch die den Raum quer durchschneidende Wand.
War das demnach dem künstlerischen Empfinden des Griechen des V. Jahrhunderts (und auch den viel
späteren Bewunderern des Altertumes) gleichgültig und sollte der Beschauer dadurch nur gezwungen
werden, den für das Kunstwerk günstigsten Standpunkt auf dem knapp ein Interkolumnium breiten
Platze innerhalb der engeren Umfriedung (ebenda 38) einzunehmen? Wäre es mithin am Ende eine
Korrektur, die der Meister selbst vorzunehmen für richtig hielt, da der Koloß doch schließlich den
gegebenen Gesamtraum nicht bezwungen hatte, also hierin doch — »verfehlt« J) war? Begreiflich
vielleicht, daß Phidias nach der Parthenos den Göttervater nicht kleiner konzipieren konnte — aber
wäre nicht ein Werk von kleinerem Maße in diesem Räume wohl von stärkerer und harmonischerer
Wirkung gewesen ?
Anhang XX.
Hekatompedos.
121 (Zu S. 170.). Die Länge der Parthenon-Ostcella ist i. L. 29,92 m (Michaelis, Parthenon
S. 23 nach Penrose und Dörpfeld, A. M. VII (1882) 298, in Anm 1 die in seinem Plane ebenda VI,
1881, Taf. XII gegebene Zahl 29,89 m berichtigend, die aber wieder in Arx Ath.3 S. VIII im Plane
erscheint. 29,90 m gibt Borrmann 138, während Magne im Plane bei Collignon-Boiss. 29,73 m notiert.
Ebenso Teuer, Peripteraltempel, 47. Hill rechnet also 91 Fuß zu 0,328 = 29,848 m; 101 ältere,
solonische Fuß zu 0,296 m ergäben genau 29,896 m. Ein Maß, welches dem Namen der Ostcella
genauer entspräche, lieferte nur die lichte Länge zwischen den Enthynteriaschichten der Tür- und Rück-
wand = 29,55 m (Dörpfeld a. a. O.) = 100 ältere attische Fuß (= 29,60 m).
Die Erklärung dieser hundeitfüßigen Anlage ist bekanntlich bestritten; denn die Cella des alten
Athenatempels, des bisherigen ersten Hekatompedos, war sogar noch etwas über 113 alte und 102
neue Fuß lang (G. Körte, Gott. gel. Anz. 1908, 841). Dieser Berechnung stellt allerdings jetzt Dörp-
feld, A. J. 34, 1919, 8 die Ausdehnung zwischen den Säulenachsen der östlichen und westlichen Vor-
halle = 32,80, d. h. genau 100 jüngere attische Fuß, entgegen. Da dieses Fußmaß auch schon dem
vorsolonischen Fuße entspricht (A M. 15, 1890, 173), könnte man versucht sein, daraus einen ter-
minus ante quem für den Bau des alten Athenatempels zu entnehmen; man würde doch unmittel-
bar nach Einführung des solonischen, kleineren Fußes (594 v. Chr., Busolt, Gr. Gesch.2 II, 262) auch den
ersten attischen Monumentalbau nach diesem angelegt haben. Jedoch ist dieser Schluß nicht ganz
zwingend, weil das ältere, vorsolonische Fußmaß auch weiterhin in Geltung geblieben ist (Dörpfeld
a. a. O.) und die Tempelskulpturen eine frühere Datierung verbieten. Dörpfelds neuerdings angedeu-
teter Umdatierung der Porosskulpturen und der frühattischen Vasen (A. J. 1919, 3) steht auch die
durch B. Schweitzer (A. M. 43, 1918, 8—48) in gründlichen Untersuchungen erhärtete Chronologie
der geometrischen Keramik (hierzu die zuletzt von Watzinger, Neue Jahrbb. f. Wiss. u. Jugendb. 1926,
15, Anm. 2 erwähnte Literatur) entgegen.
') Strena Helbigiana 334 f.
Nnack, Eleusis. oß