VIII. Alexandros Helios
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biete Asiens und Europas.1) Von diesen Tugenden und Taten seines
Vaters las also das göttliche Kind in Büchern seiner Mutter: ein
reizendes Bild des Lebens, wohlgeeignet die Darstellungen zu er-
gänzen, auf denen wir den kleinen Horus spielen und jagen, einen
anderen jugendlichen Gott in einem Buche lesen sehen2), und wie
eine Illustration unserer Verse at simul heroum laudes3) et facta
parentis tarn legere et quae sit poteris, cognoscere virtus. Denn auch
von 'Heroen' ist in jenen Büchern die Rede gewesen: in derselben
Darstellung der aegyptischen Theologie heißt es, Osiris sei auf
seinen Heereszügen von den erlesensten Heroen begleitet worden,
die wegen ihrer Ruhmestaten göttliche Ehren erhielten.4) Das sind
also — etwa so dürfen wir uns das ausmalen — die heroes, die
f]gi0eoi, die der Knabe, wenn er herangewachsen in den Verein der
Himmlischen eingeführt wird, dort persönlich von Angesicht zu An-
gesicht sehen wird (Vers i$f. divisque videbit permixtos heroas et ipse
videbitur illis; s. o. S. 127), um dann die Herrschaft über die Welt
anzutreten, die durch die dpeiai seines Vaters befriedet ist (Vers 17
bacatumque reget patriis virtutibus orbein). So vereinigen sich die
Einzelzüge zu einem Vollbilde des Gefeierten von seiner Kindheit
bis zum Mannesalter.
VIII. ALEXANDROS HELIOS
Ein sonnenhaftes Kind, der Bringer eines neuen Zeitalters: so
etwa ließe sich das Ergebnis der Untersuchung zusammenfassen.
Hiermit sind wir weit abgerückt von dem Fahnden nach einem Erden-
bürger. Die beiden Gelehrten, die in dem Kinde „einen unbekannten
Liebling des Schicksals", „einen in völlig allgemeinen Zügen bezeich-
neten Weltherrscher" erkannten, haben den rechten Weg gewiesen.
Liest man auf Grund dieser jetzt bestätigten Erkenntnis die Ekloge
nochmals, so wird man die' Verirrungen der Früheren nur schwer be-
greiflich finden. Alles in diesen Versen ist so aetherisch, so Sphären-
haft, daß es gegen jedes plumpe Anfassen des duftigen Schleiers
1) Uns erscheint das notwendigerweise recht platt, rationalistisch, als 'Euhemeris-
mus'. Aber es verdient doch Bemerkung, daß nach K. Sethes Urteil (Nachr. Gött.
Ges. 1922, 233) „Osiris allem Anschein nach ein vergötterter alter König gewesen ist".
„War Osiris, schreibt derselbe Gelehrte in jenem aufsehenerregenden Aufsatz (S. 24°),
etwa der König, der die aus Asien einwandernden Aegypter in das Niltal geführt hat?"
2) A. Erman, Aeg. Ztschr. (1895) 48ff. — Eine Statuette, darstellend den ganz
jungen Gott Imhotep, in einem Buche lesend: Erman, Religion 194.
3) Möglich, daß heroum laudes, wie die Kommentare notieren, nach 1 524 KÄea
dvbpwv ^pOwv geformt ist. Aber das beträfe nur das Stilistische.
4) Diodor I 19. 23f. nennt als ^i^avecTdTouc fipwac Herakles und Perseus, die
aegyptischen Ursprungs gewesen seien.
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biete Asiens und Europas.1) Von diesen Tugenden und Taten seines
Vaters las also das göttliche Kind in Büchern seiner Mutter: ein
reizendes Bild des Lebens, wohlgeeignet die Darstellungen zu er-
gänzen, auf denen wir den kleinen Horus spielen und jagen, einen
anderen jugendlichen Gott in einem Buche lesen sehen2), und wie
eine Illustration unserer Verse at simul heroum laudes3) et facta
parentis tarn legere et quae sit poteris, cognoscere virtus. Denn auch
von 'Heroen' ist in jenen Büchern die Rede gewesen: in derselben
Darstellung der aegyptischen Theologie heißt es, Osiris sei auf
seinen Heereszügen von den erlesensten Heroen begleitet worden,
die wegen ihrer Ruhmestaten göttliche Ehren erhielten.4) Das sind
also — etwa so dürfen wir uns das ausmalen — die heroes, die
f]gi0eoi, die der Knabe, wenn er herangewachsen in den Verein der
Himmlischen eingeführt wird, dort persönlich von Angesicht zu An-
gesicht sehen wird (Vers i$f. divisque videbit permixtos heroas et ipse
videbitur illis; s. o. S. 127), um dann die Herrschaft über die Welt
anzutreten, die durch die dpeiai seines Vaters befriedet ist (Vers 17
bacatumque reget patriis virtutibus orbein). So vereinigen sich die
Einzelzüge zu einem Vollbilde des Gefeierten von seiner Kindheit
bis zum Mannesalter.
VIII. ALEXANDROS HELIOS
Ein sonnenhaftes Kind, der Bringer eines neuen Zeitalters: so
etwa ließe sich das Ergebnis der Untersuchung zusammenfassen.
Hiermit sind wir weit abgerückt von dem Fahnden nach einem Erden-
bürger. Die beiden Gelehrten, die in dem Kinde „einen unbekannten
Liebling des Schicksals", „einen in völlig allgemeinen Zügen bezeich-
neten Weltherrscher" erkannten, haben den rechten Weg gewiesen.
Liest man auf Grund dieser jetzt bestätigten Erkenntnis die Ekloge
nochmals, so wird man die' Verirrungen der Früheren nur schwer be-
greiflich finden. Alles in diesen Versen ist so aetherisch, so Sphären-
haft, daß es gegen jedes plumpe Anfassen des duftigen Schleiers
1) Uns erscheint das notwendigerweise recht platt, rationalistisch, als 'Euhemeris-
mus'. Aber es verdient doch Bemerkung, daß nach K. Sethes Urteil (Nachr. Gött.
Ges. 1922, 233) „Osiris allem Anschein nach ein vergötterter alter König gewesen ist".
„War Osiris, schreibt derselbe Gelehrte in jenem aufsehenerregenden Aufsatz (S. 24°),
etwa der König, der die aus Asien einwandernden Aegypter in das Niltal geführt hat?"
2) A. Erman, Aeg. Ztschr. (1895) 48ff. — Eine Statuette, darstellend den ganz
jungen Gott Imhotep, in einem Buche lesend: Erman, Religion 194.
3) Möglich, daß heroum laudes, wie die Kommentare notieren, nach 1 524 KÄea
dvbpwv ^pOwv geformt ist. Aber das beträfe nur das Stilistische.
4) Diodor I 19. 23f. nennt als ^i^avecTdTouc fipwac Herakles und Perseus, die
aegyptischen Ursprungs gewesen seien.