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Treffeisen, Jürgen [Hrsg.]
Landesherrliche Städte in Südwestdeutschland — Oberrheinische Studien, Band 12: Sigmaringen: Thorbecke, 1994

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Treffeisen, Jürgen: Aspekte habsburgischer Stadtherrschaft im spätmittelalterlichen Breisgau
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https://doi.org/10.11588/diglit.52730#0191
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ASPEKTE HABSBURGISCHER STADTHERRSCHAFT IM SPÄTMITTELALTERLICHEN BREISGAU 185

Herbolzheim und Riegel 1424, 1473 und 1493 vertraten jeweils die Schultheißen Rudolf
Bergelin, Johannes Schreier und Rudolf Schmid, unterstützt von Ratsmitgliedern, auswärts die
kommunalen Interessen155. Der Kenzinger Schultheiß war auch immer zugleich Ratsmit-
glied156, was seine Stellung, anders als in Neuenburg, erheblich stärkte.
1350 wurde bei der Einführung der Zünfte in Kenzingen vom damaligen Stadtherrn
Friedrich von Üsenberg festgelegt, daß Streitigkeiten zwischen den Zünften oder innerhalb
der Zünfte vom Schultheißen zusammen mit dem Rat zu schlichten seien157.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Kenzinger Schultheißen war die Präsidierung des
städtischen Gerichts. Die erste Urkunde, die uns einen Kenzinger Schultheißen in dieser
Funktion zeigt, datiert auf den 16. September 1317158. Auch im Stadtrecht von 1369 finden wir
diese Aufgabe im judikativen Bereich schriftlich fixiert. 1375 verpflichtete Herzog Leopold
von Österreich als Stadtherr die Kenzinger Bevölkerung, wegen weltlichen Rechtsstreitigkei-
ten nur vor dem stadtherrlichen Schultheißen zu prozessieren159. Bei Abwesenheit eines
Schultheißen oder Vakanz dieser Stelle konnten die Kenzinger vorübergehend einem anderen
den Gerichtsvorsitz übertragen160. So protokollierte der Kenzinger Bürger Hans Schreyger als
Vertreter des abwesenden Schultheißen Rudolf Schmid eine Zeugenaussage161. Das Stadtrecht
von 1550, das unter der Pfandschaft des Freiherren Johann Paumgartner von Hohenschwan-
gau und Erbach entstand162, zeigt Aufgaben des Schultheißen, die im wesentlichen auf
spätmittelalterliche Zustände zurückgreifen: Der Schultheiß sollte ungefähr alle zwei Wochen
als Vorsitzender das Gericht einberufen, wobei sich die Schöffen aus dem Stadtrat rekru-
tierten.
Infolge der herausragenden Stellung des Schultheißen innerhalb der mittelalterlichen Stadt
Kenzingen beginnen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Kenzinger Urkunden meist
gleichlautend mit folgender Intitulatio: Wzr, schultheis, burgermeister und rate ze Kentzingen.
Wie aussagekräftig gerade die Intitulatio mittelalterlicher Urkunden sein kann, zeigen die
Vergleiche mit Neuenburg und Endingen. Dort geht der Machtverlust des Schultheißen mit
seiner Streichung aus der Intitulatio einher.
Die Stellung des Schultheißen hatte sich beim Übergang von den Üsenbergern zu den
Hachbergern und schließlich zu den Herzögen von Österreich offensichtlich nur wenig
verändert. Er blieb während des gesamten Mittelalters, anders als in Freiburg, Neuenburg
oder Endingen, eine der einflußreichsten Persönlichkeiten der Stadt. Allerdings scheint sich
durch den Übergang von den Hachbergern zu den Habsburgern die Personengruppe, aus der
sich der Schultheiß rekrutierte, geändert zu haben163. Ähnliches ist auch für die Üsenberger-

155 StadtArchFreib, L Kenzingen Nr. 45, 1424 März 1; Nr. 61, 1473 Januar 27; Nr. 68, 1493 Mai 18.
156 Siehe Lusiardi (wie Anm. 67) S. 44.
157 ZFreibGV 5 (1882) S. 292.
158 GLA 25/Nr.243, 1317 September 16.
159 StadtArchFreib, L Kenzingen Nr. 29, 1375 Januar 21.
160 ZFreibGV 5 (1882) S. 293.
161 StadtArchFreib, Al, XVI, D Tennenbach 1494 März 21.
162 ZGORh 37 (1884) S. 98-117.
163 Derzeit arbeite ich an einem prosopographischen Beitrag zu den Kenzinger Schultheißen im
Mittelalter.
 
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