Der spätmittelalterliche Markt im deutschen Südwesten
VON JÜRGEN SYDOW
Am 27. Dezember 1492 verlieh Kurfürst Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, seiner Stadt Bretten das
Recht, jährlich vier Jahrmärkte abzuhalten, und zwar am Weißen Sonntag, womit man im
Mittelalter noch den 1. Fastensonntag (»Invocavit«) und nicht wie heute den Sonntag nach
Ostern bezeichnete, sowie an den Festen der Heiligen Georg (23. April), Laurentius
(10. August) und Lukas (18. Oktober). Er sicherte allen Marktbesuchern den Marktschutz
acht Tage vor und nach dem Termin zu, wofür sie Zoll und Geleit zahlen sollten; ausgeschlos-
sen davon waren Landesfeinde und Verbrecher sowie unehrliche Kaufleute. Die Einnahmen
aus den Krambuden und Marktständen sollten an die Stadt fallen, während sich der Kurfürst
das Recht vorbehielt, die Markttermine zu verschieben oder ganz aufzuheben1. Ausgehend
vom akuten Anlaß des Privilegs für Bretten soll nun im folgenden versucht werden, herauszu-
arbeiten, wie sich das Marktleben im Spätmittelalter abgespielt hat; die Stadt Bretten hat des
ersten gemäß dem Privileg abgehaltenen Markts mit einer Kulturwoche im April 1993
gedacht2.
Auffällig ist zunächst, daß für die Störung des Marktfriedens nur am ersten Fastensonntag
und am Lukastag Strafen angedroht werden, die anderen Markttermine in diesem Zusammen-
hang aber nicht genannt werden. Bereits Alfons Schäfer hat darauf verwiesen, daß an und für
sich Jahrmärkte in Bretten schon früher existiert haben und auch von Kaufleuten aus weiterer
Entfernung besucht worden sind3. Es ist sicherlich keinesfalls ungewöhnlich, daß für bereits
bestehende Märkte schriftliche Privilegien erst spät oder überhaupt nicht erteilt wurden4, so
1 Urkunden, Rechtsquellen und Chronik zur Geschichte der Stadt Bretten, bearb. von A. Schäfer,
Bretten 1967, S. 151 f., Nr. 220.
2 Grundlage dieses Beitrags ist ein Vortrag, den ich am 25. April 1993 in Bretten halten sollte; da ich aus
gesundheitlichen Gründen verhindert war, verlas ihn dankenswerterweise Kurt Andermann. Eine erste
Druckfassung erschien bereits in: Beiträge zur Landeskunde Nr. 4/1993, doch wurde erst jetzt ein
Anmerkungsapparat hinzugefügt, da ursprünglich eine Veröffentlichung nicht geplant war; diese Anmer-
kungen können natürlich nur die wichtigsten Hinweise geben.
3 A. Schäfer, Geschichte der Stadt Bretten. Von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689
(Brettener Stadtgeschichte. Veröff. 2), Bretten 1977, S. 129ff.
4 Zahlreiche Hinweise bei J. Sydow, Städte im deutschen Südwesten. Ihre Geschichte von der Römerzeit
bis zur Gegenwart, Stuttgart 1987. Vgl. auch: Ders., Fragen zum Marktproblem aus südwestdeutscher
Sicht, in: F. Quarthal und W. Setzler (Hgg.), Stadtverfassung - Verfassungsstaat - Pressepolitik.
Festschr. für Eberhard Naujoks zum 65. Geburtstag, Sigmaringen 1980, S. 36 und 44ff.; Ders., Die Klein-
und Mittelstadt in der südwestdeutschen Geschichte des Mittelalters, in: H.-P. Becht (Hg.), Pforzheim
im Mittelalter. Studien zur Geschichte einer landesherrlichen Stadt (PforzhGBll. 6), Sigmaringen 1983,
S.23f., ND in: Ders., Cum omni mensura et ratione. Ausgewählte Aufsätze, hg. von H. Maurer,
VON JÜRGEN SYDOW
Am 27. Dezember 1492 verlieh Kurfürst Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, seiner Stadt Bretten das
Recht, jährlich vier Jahrmärkte abzuhalten, und zwar am Weißen Sonntag, womit man im
Mittelalter noch den 1. Fastensonntag (»Invocavit«) und nicht wie heute den Sonntag nach
Ostern bezeichnete, sowie an den Festen der Heiligen Georg (23. April), Laurentius
(10. August) und Lukas (18. Oktober). Er sicherte allen Marktbesuchern den Marktschutz
acht Tage vor und nach dem Termin zu, wofür sie Zoll und Geleit zahlen sollten; ausgeschlos-
sen davon waren Landesfeinde und Verbrecher sowie unehrliche Kaufleute. Die Einnahmen
aus den Krambuden und Marktständen sollten an die Stadt fallen, während sich der Kurfürst
das Recht vorbehielt, die Markttermine zu verschieben oder ganz aufzuheben1. Ausgehend
vom akuten Anlaß des Privilegs für Bretten soll nun im folgenden versucht werden, herauszu-
arbeiten, wie sich das Marktleben im Spätmittelalter abgespielt hat; die Stadt Bretten hat des
ersten gemäß dem Privileg abgehaltenen Markts mit einer Kulturwoche im April 1993
gedacht2.
Auffällig ist zunächst, daß für die Störung des Marktfriedens nur am ersten Fastensonntag
und am Lukastag Strafen angedroht werden, die anderen Markttermine in diesem Zusammen-
hang aber nicht genannt werden. Bereits Alfons Schäfer hat darauf verwiesen, daß an und für
sich Jahrmärkte in Bretten schon früher existiert haben und auch von Kaufleuten aus weiterer
Entfernung besucht worden sind3. Es ist sicherlich keinesfalls ungewöhnlich, daß für bereits
bestehende Märkte schriftliche Privilegien erst spät oder überhaupt nicht erteilt wurden4, so
1 Urkunden, Rechtsquellen und Chronik zur Geschichte der Stadt Bretten, bearb. von A. Schäfer,
Bretten 1967, S. 151 f., Nr. 220.
2 Grundlage dieses Beitrags ist ein Vortrag, den ich am 25. April 1993 in Bretten halten sollte; da ich aus
gesundheitlichen Gründen verhindert war, verlas ihn dankenswerterweise Kurt Andermann. Eine erste
Druckfassung erschien bereits in: Beiträge zur Landeskunde Nr. 4/1993, doch wurde erst jetzt ein
Anmerkungsapparat hinzugefügt, da ursprünglich eine Veröffentlichung nicht geplant war; diese Anmer-
kungen können natürlich nur die wichtigsten Hinweise geben.
3 A. Schäfer, Geschichte der Stadt Bretten. Von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689
(Brettener Stadtgeschichte. Veröff. 2), Bretten 1977, S. 129ff.
4 Zahlreiche Hinweise bei J. Sydow, Städte im deutschen Südwesten. Ihre Geschichte von der Römerzeit
bis zur Gegenwart, Stuttgart 1987. Vgl. auch: Ders., Fragen zum Marktproblem aus südwestdeutscher
Sicht, in: F. Quarthal und W. Setzler (Hgg.), Stadtverfassung - Verfassungsstaat - Pressepolitik.
Festschr. für Eberhard Naujoks zum 65. Geburtstag, Sigmaringen 1980, S. 36 und 44ff.; Ders., Die Klein-
und Mittelstadt in der südwestdeutschen Geschichte des Mittelalters, in: H.-P. Becht (Hg.), Pforzheim
im Mittelalter. Studien zur Geschichte einer landesherrlichen Stadt (PforzhGBll. 6), Sigmaringen 1983,
S.23f., ND in: Ders., Cum omni mensura et ratione. Ausgewählte Aufsätze, hg. von H. Maurer,