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Rehm, Clemens [Editor]; Becht, Hans-Peter [Editor]; Hochstuhl, Kurt [Editor]
Baden 1848/49: Bewältigung und Nachwirkung einer Revolution — Oberrheinische Studien, Band 20: Stuttgart: Thorbecke, 2002

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Wunder, Bernd: Die Aufhebung der Kreisregierungen in Baden 1849-1863 Bürokratiekritik, Revolution und Verwaltungsreform
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https://doi.org/10.11588/diglit.52737#0192

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Die Aufhebung der Kreisregierungen
in Baden 1849 -1863
Bürokratiekritik, Revolution und Verwaltungsreform

VON BERND WUNDER

Die meisten Verfassungsänderungen und Reformgesetze der deutschen einzelstaatlichen
Parlamente und Regierungen während der 48er Revolution wurden nach deren Nieder-
schlagung aufgehoben. In den 60er Jahren gelang es dem wiedererstarkten Liberalismus,
einzelne Reformvorhaben mehr oder weniger weitgehend wieder aufzunehmen und auf
einzelstaatlicher Ebene durchzusetzen. In den 60er und 70er Jahren blieb jedoch die Büro-
kratiekritik der 48er Revolution weitgehend unberücksichtigt. Die Bürokratie des monar-
chischen Obrigkeitsstaates ging als Sieger aus der Revolution und der Ära des liberalen
Kurses hervor. Einzig auf kommunaler Ebene setzte sich das Ringen zwischen Libera-
lismus und Obrigkeitsstaat bis 1918 fort1.
Eine Ausnahme bildet jedoch die Aufhebung der Mittelinstanz der Innenverwaltung
in Baden 1863, durch die ein Revolutionsgesetz von 1849 verwirklicht wurde. Hiermit
wurde ein altes Ziel des vormärzlichen Liberalismus erreicht. Als einziger deutscher
Mittelstaat kannte Baden bis 1945/51 keine Verwaltungsmittelinstanz (Regierungsbe-
zirke)2.
Durch das Gesetz vom 10. April 18493 wurden in Baden die beiden unteren Verwal-
tungsinstanzen, das heißt die Kreisregierungen (Regierungspräsidien) und Bezirksämter,
aufgehoben und durch sogenannte >Kreise< ersetzt. Organe dieser neuen Kreise waren
neben einem staatlichen Kreisamt die in allgemeiner und geheimer Wahl gewählte Kreis-
versammlung, die ihrerseits einen 6-8köpfigen Kreisausschuss ernannte. Die Kreisver-
sammlung hatte Angelegenheiten oder Interessen des Kreisverbandes zu beraten und ent-
1 Auf die Reform der Gemeindeverfassungen 1848 ff. wird im Folgenden nicht eingegangen. Vgl.
H. Heffier, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1950; K. Utermann, Der
Kampf um die preußische Selbstverwaltung im Jahre 1848, Phil. Diss., Berlin 1937; G. Erler, Die
verwaltungspolitischen Ideen der 48er Bewegung, ihre Grundlagen und Auswirkungen unter beson-
derer Berücksichtigung der preußischen Gesetze von 1850, Jur. Diss., Münster 1928.
2 Nur Württemberg hob als Sparmaßnahme seine Regierungspräsidien 1924 auf (A. Dehlinger,
Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute, Bd. 1, Stuttgart 1951,
S. 308).
3 Gesetz, die Einrichtung und den Geschäftskreis der Verwaltungsbehörden betr., vom 10. April
1849 (Großherzoglich Badisches Regierungsblatt 1849, S. 205-215). Vgl. K. Stiefel, Baden
1648-1952, Bd. 2, Karlsruhe 1978, S. 1133f.; Heffter (wie Anm.l), S. 295-298; J. B. Bekk, Die
Bewegung in Baden von Ende Februar 1848 bis zur Mitte des Mai 1849, Mannheim 1850, S. 82.
 
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