DOI Kapitel:
Fenske, Thomas: Der Gegenstand ist gross; der Augenblick ist wichtig... Die badische Revolution von 1849 im Ersten Deutschen Fernsehen des Jahres 1986 - Entstehung und Folgen der Romanverfilmung "Lenz oder die Freiheit"
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.52737#0332
Der Gegenstand ist gross; der Augenblick ist wichtig...
Die badische Revolution von 1849 im Ersten Deutschen
Fernsehen des Jahres 1986 - Entstehung und Folgen der
Romanverfilmung »Lenz oder die Freiheit«
VON THOMAS FENSKE
Spätestens seit der Ausstrahlung der amerikanischen Fernsehserie »Holocaust« im Januar
1979 in den Dritten Programmen der ARD ist die Adaption historischer Stoffe in den
elektronischen Medien als legitime Darstellungsform der Vermittlung von historischen
Inhalten stärker ins Bewusstsein der Geschichtswissenschaft getreten. Eine ZDF-Umfra-
ge zu »Geschichte im Fernsehen« vom Dezember 1985 ergab folgendes Bild: »Die Hälfte
der Befragten gibt den Spielfilm als die für die Gestaltung historischer Themen anspre-
chendste Sendeform an, jeweils ein knappes Drittel die Dokumentation und das Doku-
mentarspiel [Mehrfachnennungen waren möglich; d. Verf.]. Fernsehfilm, Fernsehserie
und die Sendung von Archivmaterial bezeichnet jeweils rund ein Fünftel als geeignete
Form für Geschichtsthemen. [...] Als interessante Sendungselemente werden vor allem
das Auftreten bekannter Schauspieler in historischen Rollen, Alltagsschilderungen, die
Betrachtung deutscher Geschichte, das Drehen an Originalschauplätzen und die Möglich-
keit emotionalen Nachvollziehens der Handlung genannt.«1
Die Vermutung, dass Filme mit historischen beziehungsweise vermeintlich histori-
schen Inhalten auf das Publikum identitätsstiftende Wirkungen erzielen (sollen), zeigen
nicht nur die Praktiken in totalitären Systemen mit dem Medium. Auch der Kostümfilm
vor historischem Hintergrund oder die Western haben ihre gesellschaftlichen Funktionen.
Auf Initiative des damaligen Hauptabteilungsleiters Archive und Dokumentation des
Südwestfunk Baden-Baden, Wolfgang Hempel, und unter der wissenschaftlichen Leitung
des damaligen Leitenden Archivdirektors im Bundesarchiv, dem ehemaligen Präsidenten
des Bundesarchivs, Prof. Dr. Friedrich P. Kahlenberg, wurde im Juli 1984 ein Projekt
»Tagebuch der SWF-Produktion >Lenz oder die Freiheit* - eine historische Begleitstudie«
initiiert. Die Vermittlung historischer Stoffe in Fernsehproduktionen ist für ein breites
Publikum im ausgehenden 20. Jahrhundert von größerer Bedeutung als etwa die traditio-
nellen Formen der Geschichtsschreibung. Dies ist der Ausgangspunkt der Studie, die vom
Juli 1984 bis Ende des Jahres 1986 produktionsbegleitend beim Südwestfunk zum Thema
»Badische Revolution von 1849« durchgeführt wurde.
1 Das Parlament Nr. 51-52/21./28.Dezember 1985
Die badische Revolution von 1849 im Ersten Deutschen
Fernsehen des Jahres 1986 - Entstehung und Folgen der
Romanverfilmung »Lenz oder die Freiheit«
VON THOMAS FENSKE
Spätestens seit der Ausstrahlung der amerikanischen Fernsehserie »Holocaust« im Januar
1979 in den Dritten Programmen der ARD ist die Adaption historischer Stoffe in den
elektronischen Medien als legitime Darstellungsform der Vermittlung von historischen
Inhalten stärker ins Bewusstsein der Geschichtswissenschaft getreten. Eine ZDF-Umfra-
ge zu »Geschichte im Fernsehen« vom Dezember 1985 ergab folgendes Bild: »Die Hälfte
der Befragten gibt den Spielfilm als die für die Gestaltung historischer Themen anspre-
chendste Sendeform an, jeweils ein knappes Drittel die Dokumentation und das Doku-
mentarspiel [Mehrfachnennungen waren möglich; d. Verf.]. Fernsehfilm, Fernsehserie
und die Sendung von Archivmaterial bezeichnet jeweils rund ein Fünftel als geeignete
Form für Geschichtsthemen. [...] Als interessante Sendungselemente werden vor allem
das Auftreten bekannter Schauspieler in historischen Rollen, Alltagsschilderungen, die
Betrachtung deutscher Geschichte, das Drehen an Originalschauplätzen und die Möglich-
keit emotionalen Nachvollziehens der Handlung genannt.«1
Die Vermutung, dass Filme mit historischen beziehungsweise vermeintlich histori-
schen Inhalten auf das Publikum identitätsstiftende Wirkungen erzielen (sollen), zeigen
nicht nur die Praktiken in totalitären Systemen mit dem Medium. Auch der Kostümfilm
vor historischem Hintergrund oder die Western haben ihre gesellschaftlichen Funktionen.
Auf Initiative des damaligen Hauptabteilungsleiters Archive und Dokumentation des
Südwestfunk Baden-Baden, Wolfgang Hempel, und unter der wissenschaftlichen Leitung
des damaligen Leitenden Archivdirektors im Bundesarchiv, dem ehemaligen Präsidenten
des Bundesarchivs, Prof. Dr. Friedrich P. Kahlenberg, wurde im Juli 1984 ein Projekt
»Tagebuch der SWF-Produktion >Lenz oder die Freiheit* - eine historische Begleitstudie«
initiiert. Die Vermittlung historischer Stoffe in Fernsehproduktionen ist für ein breites
Publikum im ausgehenden 20. Jahrhundert von größerer Bedeutung als etwa die traditio-
nellen Formen der Geschichtsschreibung. Dies ist der Ausgangspunkt der Studie, die vom
Juli 1984 bis Ende des Jahres 1986 produktionsbegleitend beim Südwestfunk zum Thema
»Badische Revolution von 1849« durchgeführt wurde.
1 Das Parlament Nr. 51-52/21./28.Dezember 1985