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Rehm, Clemens [Hrsg.]; Becht, Hans-Peter [Hrsg.]; Hochstuhl, Kurt [Hrsg.]
Baden 1848/49: Bewältigung und Nachwirkung einer Revolution — Oberrheinische Studien, Band 20: Stuttgart: Thorbecke, 2002

DOI Kapitel:
Hochstuhl, Kurt: In Erfüllung des Vermächtnisses. Revolutionsgedenken und Politik 1948 in Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.52737#0331

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326

KURT HOCHSTUHL

3. Das nordbadische Pendant? Die Gedenkwochen in Karlsruhe
Am 25. Januar 1948 fand in Karlsruhe auf Einladung des Präsidenten des Landesbezirks
Baden und des Oberbürgermeisters der Stadt die offizielle Gedenkveranstaltung für
Nordbaden statt. Franz Schnabel sprach im vollbesetztem städtischen Konzerthaus über
»Baden und das Jahr 1848«, umrahmt von Ansprachen des Oberbürgermeisters Töpfer
und des Präsidenten des Landesbezirks Baden, Minister a. D. Heinrich Köhler. Sowohl
diese Veranstaltung wie die Ende April/Anfang Mai 1948 durch den Karlsruher Kultur-
bund in Zusammenarbeit mit einem von den Parteien beschickten Arbeitsausschuss orga-
nisierte Gedenkwoche wurden ohne direkte Beteiligung oder Einflussnahme der amerika-
nischen Besatzungsmacht vorbereitet. Der nach dem Scheitern von 1849 und 1919
nunmehrige dritte Versuch, »die deutsche Demokratie zu organisieren«, stand dabei
inhaltlich im Mittelpunkt. Baden, das »Quelle und Schlagader des deutschen demokrati-
schen Lebens von jeher gewesen« war und wo der »Geist wahrer Toleranz« herrschte,
kam im Tenor der Reden in diesem Organisationsversuch eine bedeutende Aufgabe zu.
Besonders von Heinrich Köhler wurde stark auf das Vorbild der nordamerikanischen
Republik für den »Rechtsstaat des Volkes« verwiesen und deren föderale Verfassung als
nachahmenswertes Beispiel für Frankfurt 1948 - den Sitz der bizonalen Länderverwal-
tung - betont. Inhaltlich bestand Konsens; auch andere nordbadische Veranstaltungen,
Mannheim und Heidelberg im Mai 1948 zum Beispiel, liefen-von der Betonung der loka-
len Besonderheiten abgesehen - inhaltlich nach demselben Muster ab24.
Kontroversen gab es lediglich in der Frage der Finanzierung der Veranstaltungen und
damit um das ewig junge Thema, was die Beschäftigung mit Geschichte, letztendlich was
Kultur kosten darf; ein Aspekt, der bei den Gedenkveranstaltungen in der französischen
Zone kaum eine Rolle spielte. Begriffe wie Zuschüsse und Ausfallbürgschaften sind in den
entsprechenden Akten der Präsidialstelle des Landesbezirks Baden häufiger anzutreffen
als inhaltliche Äußerungen über den Charakter der badischen Revolution25.
Vielleicht sind solche Diskussionen ein Gradmesser dafür, wie stark historisches Erin-
nern als konstitutiv für die Legitimation politischer Herrschaft oder zur Durchsetzung
politischer Ziele angesehen wird. Wo es keine oder wenige Finanzierungsdiskussionen
gibt, wo - übertrieben gesprochen - die Gelder bereitwillig fließen, kommt dem histori-
schen Erinnern eine spezifisch interessenspolitische Bedeutung zu.

24 Zur Veranstaltung in Mannheim vgl. P. Blastenbrei, Mannheim in der Revolution 1848/49,
Mannheim 1997, S. 138ff.
25 Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 481/957: Gedenkfeier der 100jährigen Wiederkehr der
badischen Revolution 1848.
 
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