Cap 2. Der Baumcultus und dessen Uebergänge zum anthropomorphen Bildercultus. 173
Herodots und der Grotte bei Tyrus (oben S. 140, Fig. 145- 148).*) Drei Äscheren (Cypressen in diesem
Falle) stehen dagegen im Tempel, auf einer Kaiser-Münze von Karthago (Taf. LXXXIII, 18)**).
Endlich erhebt sich ein heiliger Baum, eine Aschera, zwischen zwei kleinen steinernen Masseben auf
dem Revers einer jüdischen Bronzemünze, während auf dem Avers in zwei Gefässen Gewächse zu
grünen scheinen (vielleicht Adonisgarten?). Die Münze ist unter Yaddus während der Regierung
Alexander d. Gr. geprägt (Taf. LXXXIII, 20 u. 26)***). Reichen auch die hier sonst mitgetheilten
Münz- und Gemmenbilder nicht einmal in die Diadochenzeit hinauf, sondern in die römische Zeit
hinab, so legen sie immerhin auch Zeugniss ab von viel älteren religiösen Vorstellungen und Dar-
stellungen.
Das Reliefbild Taf. LXIX, 61 f) führt uns um viele Jahrhunderte höher hinauf (etwa in's
H. oder 9. vorchristliche Jahrhundert), in die Glanzperiode des späteren hethitischen Reiches, nach
Boghazköi. Zwei Masseben stützen eine baldachinartig verbreitete geflügelte Sonnenscheibe an
den Flügelenden. In der Mitte der Aedicula wächst aus einem Omphalos eine menschenähnliche
Gottheit heraus. Zwei mächtige Ascheren in der Form von weiblichen Schamtheilen erheben sich
zwischen der Omphalos-Gottheit und den Säulen. Die ganze Aedicula hält ein wiederum auf einem
■ »mphalos stehender Gott auf der rechten Hand. Das Taf. LXIX, 81 ff) dargestellte ähnliche Relief-
liildyvvi zeigt an Stelle der Omphalos-Gottheit einen riesigen Phallos, der bis zur Sonnenscheibe hinauf-
reicht. Danach wäre eine Stelle bei Jeremia bis auf einen Punkt wörtlich zu nehmen und vortrefflich
zu dem passen, was wir für die Aschera und Masseba vorbringen konnten. Nur da im Hebräischen
der Stein weiblich (es aber auch später vorkommen mochte, dass der Holzpfahl den Gott, die Stein-
säule, der Steinkegel die Göttin bedeutete, wie in Paphos und Sidon), ist, haben wir für tue ältere Zeit
des Ascheren- und Masseben-Cultus (wenn noch das Holzzeichen die Göttin, das Steinzeichen den
(iott bedeutet) die Geschlechter in der Jeremias-Stclle umzutauschen. Jeremia Capitel II, Vers 27 beginnt:
„Die zum Holze sprechen: Du bist mein Vater! und zum Steine: Du hast mich geboren!"
Ich glaube auch genügend bewiesen zu haben, wie in vielen Fällen die männliche steinerne
Massebe in der That durch einen männlichen Phallos gekrönt ist, während auf der daneben
stehenden hölzernen Aschera ein Dreieck oder Kegel die weibliche Scham versinn-
bildlicht. Die Masseln' braucht nicht, aber sie kann in gewissen Fällen ein cn'ÖQog itidolo)' sein
und auch zugleich ein Cippus oder Malstein, die Äschere zuweilen in der Weise ein yvi'caxog (tiöolov
•) Gerhard LIX, 7.
**) Ebenda XLIII, 19.
•**) De Saulcy, Numismatique juive I, 6 = Perrot IV, S. 308, Fig. 154.
f; = Puchstein, Das jonische Capitell, S. 60, Fig. 51 = Perrot IV, S. 639, Fig. 314.
•;•;■ = Ebenda S. 645, Fig. 321,
ttt) Herr Chr. Beiger macht mich noch auf eine ähnliche Aedicula von Pterion in Layard's Niniveh
und seine Ueherreste (deutsch von Meissner) Fig. 80 aufmerksam. Man sieht den Baldachin in Form einer
geflügelten Sonnenscheine von zwei Paar riesigen männlichen und weiblichen Schamtheilen gestützt und auch
in der Mitte scheint sich eine weitere phallosartige Figur zu erheben Dieses Bild macht einen noch obseöneren
Findruck als die übrigen. Da diese- der Sittlichkeit so zuwiderlaufenden Cultbilder und Cultgebräuche in der
Bibel so oll erwähnt wurden, musste ich mich bemühen sie an der Hand der Schriftquellen, Inschriften und
Denkmäler zu erklären. Archäologe und Culturhistoriker haben ähnlich wie der Mediziner zu verfahren und
die natürlichen Ursachen in ihrer Nacktheil zu ergründen, soweit sie zum richtigen VerStändniss des Cultur-
lebens der Völker nothwendig erscheinen, vergl. z. B. Fürst Pücklef-Muskau in seinem Werke „Aus Mehemed
Ali's Reich [IL, S. 305).
Herodots und der Grotte bei Tyrus (oben S. 140, Fig. 145- 148).*) Drei Äscheren (Cypressen in diesem
Falle) stehen dagegen im Tempel, auf einer Kaiser-Münze von Karthago (Taf. LXXXIII, 18)**).
Endlich erhebt sich ein heiliger Baum, eine Aschera, zwischen zwei kleinen steinernen Masseben auf
dem Revers einer jüdischen Bronzemünze, während auf dem Avers in zwei Gefässen Gewächse zu
grünen scheinen (vielleicht Adonisgarten?). Die Münze ist unter Yaddus während der Regierung
Alexander d. Gr. geprägt (Taf. LXXXIII, 20 u. 26)***). Reichen auch die hier sonst mitgetheilten
Münz- und Gemmenbilder nicht einmal in die Diadochenzeit hinauf, sondern in die römische Zeit
hinab, so legen sie immerhin auch Zeugniss ab von viel älteren religiösen Vorstellungen und Dar-
stellungen.
Das Reliefbild Taf. LXIX, 61 f) führt uns um viele Jahrhunderte höher hinauf (etwa in's
H. oder 9. vorchristliche Jahrhundert), in die Glanzperiode des späteren hethitischen Reiches, nach
Boghazköi. Zwei Masseben stützen eine baldachinartig verbreitete geflügelte Sonnenscheibe an
den Flügelenden. In der Mitte der Aedicula wächst aus einem Omphalos eine menschenähnliche
Gottheit heraus. Zwei mächtige Ascheren in der Form von weiblichen Schamtheilen erheben sich
zwischen der Omphalos-Gottheit und den Säulen. Die ganze Aedicula hält ein wiederum auf einem
■ »mphalos stehender Gott auf der rechten Hand. Das Taf. LXIX, 81 ff) dargestellte ähnliche Relief-
liildyvvi zeigt an Stelle der Omphalos-Gottheit einen riesigen Phallos, der bis zur Sonnenscheibe hinauf-
reicht. Danach wäre eine Stelle bei Jeremia bis auf einen Punkt wörtlich zu nehmen und vortrefflich
zu dem passen, was wir für die Aschera und Masseba vorbringen konnten. Nur da im Hebräischen
der Stein weiblich (es aber auch später vorkommen mochte, dass der Holzpfahl den Gott, die Stein-
säule, der Steinkegel die Göttin bedeutete, wie in Paphos und Sidon), ist, haben wir für tue ältere Zeit
des Ascheren- und Masseben-Cultus (wenn noch das Holzzeichen die Göttin, das Steinzeichen den
(iott bedeutet) die Geschlechter in der Jeremias-Stclle umzutauschen. Jeremia Capitel II, Vers 27 beginnt:
„Die zum Holze sprechen: Du bist mein Vater! und zum Steine: Du hast mich geboren!"
Ich glaube auch genügend bewiesen zu haben, wie in vielen Fällen die männliche steinerne
Massebe in der That durch einen männlichen Phallos gekrönt ist, während auf der daneben
stehenden hölzernen Aschera ein Dreieck oder Kegel die weibliche Scham versinn-
bildlicht. Die Masseln' braucht nicht, aber sie kann in gewissen Fällen ein cn'ÖQog itidolo)' sein
und auch zugleich ein Cippus oder Malstein, die Äschere zuweilen in der Weise ein yvi'caxog (tiöolov
•) Gerhard LIX, 7.
**) Ebenda XLIII, 19.
•**) De Saulcy, Numismatique juive I, 6 = Perrot IV, S. 308, Fig. 154.
f; = Puchstein, Das jonische Capitell, S. 60, Fig. 51 = Perrot IV, S. 639, Fig. 314.
•;•;■ = Ebenda S. 645, Fig. 321,
ttt) Herr Chr. Beiger macht mich noch auf eine ähnliche Aedicula von Pterion in Layard's Niniveh
und seine Ueherreste (deutsch von Meissner) Fig. 80 aufmerksam. Man sieht den Baldachin in Form einer
geflügelten Sonnenscheine von zwei Paar riesigen männlichen und weiblichen Schamtheilen gestützt und auch
in der Mitte scheint sich eine weitere phallosartige Figur zu erheben Dieses Bild macht einen noch obseöneren
Findruck als die übrigen. Da diese- der Sittlichkeit so zuwiderlaufenden Cultbilder und Cultgebräuche in der
Bibel so oll erwähnt wurden, musste ich mich bemühen sie an der Hand der Schriftquellen, Inschriften und
Denkmäler zu erklären. Archäologe und Culturhistoriker haben ähnlich wie der Mediziner zu verfahren und
die natürlichen Ursachen in ihrer Nacktheil zu ergründen, soweit sie zum richtigen VerStändniss des Cultur-
lebens der Völker nothwendig erscheinen, vergl. z. B. Fürst Pücklef-Muskau in seinem Werke „Aus Mehemed
Ali's Reich [IL, S. 305).