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Ohnefalsch-Richter, Max
Kypros, Die Bibel und Homer: Beiträge zur Cultur-, Kunst- u. Religionsgeschichte des Orients im Alterthume, m. bes. Beruecks. eigener zwoelfjaehrigen Forschungen u. Ausgrabungen auf d. Insel Cypern (Text) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5181#0184
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Cap. 2. Der Baumcultus und seine Uebergänge zum anthropomorphen Bildercultus. 175

hier noch eine zweite karthagische Stele Fig. 158*) ab, aus der hervorgeht, dass die menschliche
Hand allein dargestellt die Abkürzung für tlcn die Hand erhebenden Menschen bildet.**) Auch auf
Taf. LXXVII, 4 u. LXXXV, 3 u. 9***) sehen wir die Hand an der Spitze von drei reproduzirten
karthagischen Stelen mit Weihinschriften an Tanit und Baal Hammon. y) Die menschliche Hand steht
als heiliges Zeichen für den Menschen, der die Gottheit anbetet und zur Gottheit schwört, eine Ab-
kürzung für die Schwur- und Betscenen, wie wir sie auf Taf. LXXII, Fig. 1—4 u. a. a. O. dargestellt
sahen.

Betrachten wir mit der karthagischen Stele (Fig. 153) die cyprischen Cylinder Taf. LXXXVI1,
3 u. 6, S. 97, Fig. 132, so bemerken wir bald, dass diesen Bildern kosmogonische Ideen zu Grunde
liegen. Auf dem interessantesten Hilde (Fig. 132)tt) sind Hand, Fisch, Vogel, Sternkugeln, Vier-
füssler zusammengruppirt. Es ist, als wenn in Hieroglyphenschrift Genesis 1,28 niedergeschrieben

*) = Perrot IV, S. 485, S. 329.

•*) Die Finger- und Händesprache der Römer ist bekannt genug. Auch wird noch heute im Orient
und Nordafrika einer früher allgemeinen Sitte von den Juden gehuldigt. Man pflegt auf die Grabsteine der
Priester (Coheinim) noch heute eine erhobene Hand (also wie bei Fig. 154 u. Taf. LXXXV, 3 u. 9) anzubringen.
Es ist dies die Stellung der Hand, die der Priester heim Ertheilen des Segens im Gebete einzunehmen
pflegt. Ich verdanke diese wörthvolle Notiz meinem Freunde Herrn Baron W. von Landau.

***) C. I. S., No. 240, Fasciculus tertius, S. 281 u. No. 183.

f) Im Corpus Inscriptionum Semiticarum zähle ich 68 karthagische Inschriftstelen, auf denen in den
meisten Fällen eine Hand, in einigen Fällen zwei Hände abgebildet sind. Aus der Art, wie diese Hände dar-
gestellt und mit verschiedenen anderen heiligen Zeichen und Symbolen vereinigt wurden, geht der religiöse
Charakter klar hervor.

ff) Menant, Glyptique 11., S. 246, Fig. 243 weist bei der Wiedergabe dieses Cylinders, den er wie viele
andere für cyprisch-einheimisches Fabrikat hält, auf die entsprechenden Bilder hethitischer Hieroglyphentexte
mit vollem Rechte hin. Auch betont er sonst die weiteren vielfachen Beziehungen zwischen der cyprischen und
hethitisch-kleinasiatischen und überhaupt vorderasiatischen Cylinder. Vergl. auch Menant's Aufsatz: „Intailles
de l'Asie Mineure" in der Revue Archeologique, 1885. S. 293—318. Bekanntlich hat A. H. Sayce zuerst ver-
sucht, das cyprische Syllabar von dem hethitischen Hieroglvphen abzuleiten (z. B. in W. Wright's Empire of
the Hittites Deciphrement of the Hittite inscriptions, S. 168—170). W. Deeke, der das cyprische Syllabar zuerst
aus der assyrischen Keilschrift erklären wollte, ist später Sayce gefolgt (vergl. Beiträge zur künde der indo-
germanischen sprachen, 1884. S. 250-251). Die Aehnlichkeiten eingeritzter Darstellungen auf cyprischen und
trojanischen Alterthümern wurden oben S. 63—65 (Hissarlik und Kypros) besprochen. Ich liess daselbst die
EntzifFerungsversuche von A. H. Sayce, Ilios S 766—781 unberücksichtigt, weil sie mir zu gewagt schienen.
Dagegen scheint nun dieser unermüdliche Forscher auch z. B. nach Richard Meister's Artikel in der Berliner philol.
Wochenschrift 1891, No. 21) Recht zu haben, wenn er in den 1890 zu Hissarlik von Schliemann gefundenem Wirtel
(Schliemann, Berichte über die Ausgrabungen in Troja im Jahre 1890, S. 25, Fig. 1) eine cyprische Inschrift
erkennt. Wir haben also hier weitere Beziehungen zwischen Troja, Kypros und dem Lande der
Hethiter. (Ich gebrauche das Wort mit Reserve trotz Puchstein's Aufsatz über „Pseudohethitische Kunst").
Ein weiteres Mittelglied zur erfolgreichen Fortsetzung dieser vergleichenden Studien bilden gerade
die Cylinderbüder Vorderasiens und Cyperns. Es ist erstaunlich zu sehen wie viele Darstellungen unserer
cyprischen Cylinder in den hethischen Hieroglyphen ihre Gegenstücke linden. Es scheint fast so, als wenn
gewisse Motive auf den cyprischen (und anderen vorderasiatischen) Cylindern erst vollständiger dargestellt
worden wären und in ihrer Gruppirung doch schon eine Art Bilderschrift abgegeben hätten. Dieselben Bilder-
gruppen wären dann abgekürzt und summarischer gehalten, vereinfacht bei den hethitischen Hieroglyphen
verwandt worden, um dann noch bedeutend vereinfacht als Schriftzeichen, als Silbenzeichen im Uvprischen
Syllabar (und anderen kleinasiatischen noch nicht entzifferten Alphabeten) Verwendung zu finden. Taf. LXIX,
Fig. 128—119 kann man diesen Vorgang z. .B. für das kyprische Zeichen ta verfolgen. Ich muss mich mit
diesen Andeutungen begnügen, da man mir so wie so schon den Vorwurf machen wird, zu oft vom eigent-
lichen Thema abgegangen zu sein.


 
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