Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ortloff, Hermann
Lüge, Fälschung, Betrug: theoretisch und practisch in drei Abtheilungen dargestellt (Band 1): Rationell und empirisch dargestellt — Jena, 1862

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19997#0101
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B. Die Fälschung. §. 16. Nach römischem Rechte. 85

Verhältnissen verübt wurde, denen die fides publica beigelegt wurde,
und welche gewissermal'sen dieser anvertraut oder unter ihren Schulz
gestellt wurden, dafs es im Grunde ein Verbrechen gegen die fides
publica selbst oder gegen dieses ideelle Gesellschaftsrecht nach heuti-
ger Auffassung, oder gegen den Staat, aber ursprünglich bei den
Römern wohl gegen die einer Gottheit gleichgestellte personifieirle
Fides war. Mit Hülle neuerer Forschungen l) soll versucht wer-
den , die ersten römischen Bestimmungen über das falsum aus dein
Fidescultus zu erklären.

Numa Pompilius soll aus gesetzgeberischer Weisheit neben
der Themis oder der personificirten Gerechtigkeit, der Nemesis und
anderen Gottheiten auch die Treue, wegen ihrer Heiligkeit und Wich-
tigkeit für den menschlichen Verkehr, personißeirt und zur Gottheit
erhoben haben. Er habe der Fides publica oder populi romani auf
dem Capitol neben dem Tempel des Jupiter einen Tempel erbaut und
darin auch Opfer auf öffentliche Kosten angeordnet. Vorzüglich für
die Vertragsschliefsung ohne Zeugenzuziehung wurde die Erhebung
der fides zum numen sehr bedeutend , weil mit der Einführung des
Fidescultus ein Mittel gegeben war, gleich dem stärksten Eid und
der Versicherung durch Zeugenzuziehung, Verträge zu schützen.
Das officium der Fides war fidem tutare, und nach Livius wäre
,,fides ac jusjurandum" das nächste Mittel nach der Furcht vor den
Gesetzen und der Strafe, wodurch der Staat regiert würde. Nu-
ma's gesetzgeberische Weisheit bestand nach Livius darin, dafs
er den Glauben zu verbreiten suchte, überall im menschlichen Leben
wirke die Gottheit mit; d:ireh die Erhebung des Begriffes fides2)
zur personificirten Gottheit und durch Einführung eines ihr gewid-
meten Cultus erhielt der menschliche Verkehr eine besondere Stütze,
und das wahre und redliche Benehmen eines ehrenhaften Mannes
wurde, hierdurch zur göttlichen Norm erhoben, es wurde ein er-
zwingbares, indem es die luitio oder den sacralen Schutz erhielt.
Es mag sein, dafs vorzugsweise für das „ausgesprochene Wort",
welches sonst durch den Eid seinen sacralen Schutz erhallen halte,
der neue Schulz der fides bestanden haben mag und dafs gerade auf
die Versicherung desselben mittelst Handschlags an Eidesslatt die

1) Danz, der sacrale Schutz, S. 127—142. L. Prell er, römische My-
thologie , S. 224.

2) Isidor, orig. VIII. 2,4: Proprie autem nomen fidei inde est dictum,
si omnino fiat, quod dictum est, aut promissum. Et inde Ildes vocata, ab eo
quod fit Bind, quod inter utrosque placitum est, quasi inter Deum et hominem,
Wc et foedus.
 
Annotationen